Deutschland

Teurer Geisterhafen: Der Jade-Weser-Port ist ein Milliarden-Grab

Seit September 2012 ist der Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven in Betrieb. Die riesigen Containerbrücken stehen jedoch die meiste Zeit still. Auch im Gewerbegebiet am Hafen hat sich erst ein einziger Betrieb angesiedelt. Für das Land Niedersachsen allerdings kein Grund, nicht noch einmal 1,5 Millionen Euro für eine „Machbarkeitsstudie“ zu einer möglichen Erweiterung des Jade-Weser-Ports auszugeben.
11.10.2014 23:45
Lesezeit: 2 min

Die beeindruckenden technischen Daten des modernen Containerhafens, der im September 2012 in Betrieb gegangen ist, finden sich in jeder Marketingbroschüre. 1725 Meter Kailänge für Containerschiffe. Bis zu vier der 400 Meter langen Superschiffe können hier gleichzeitig liegen. Die acht Containerbrücken zum Entladen der Schiffe sind 83 Meter hoch. Und während der Kai 7,50 Meter über Normal-Null liegt und damit hochwassersicher ist, beträgt die Wassertiefe davor bis zu 20 Meter. Damit können auch bei Ebbe die weltweit größten Containerschiffe der Emma-Maersk-Klasse mit 16,50 Meter Tiefgang vollbeladen anlegen.

Sie tun es bloß nicht – oder zumindest selten. Die Auslastung des Jade-Weser-Ports beträgt aktuell 2,8 Prozent. Denn nur zwei Schiffe laufen Wilhelmshaven jede Woche an. So wurden 76.117 Containereinheiten 2013 umgeschlagen. 2014 dürften es kaum mehr werden. Der Betreiber des Hafens, Eurogate, will allerdings keine aktuellen Zahlen nennen. Prognostiziert waren dagegen schon für 2013 700.000 Containereinheiten. Und die Gesamtkapazität des Jade-Weser-Ports liegt bei 2,7 Millionen Containereinheiten.

Auch hinter der Hafenanlage herrscht weitgehend Leere. 160 Hektar Gewerbefläche stehen zur Verfügung. Trotz vielfältiger öffentlicher Förderung für Ansiedlungsprojekte hat sich allerdings erst ein Betrieb auf der Fläche niedergelassen - auf 20 Hektar. Die Firma Nordfrost betreibt dort ein Frischfrucht- und Tiefkühlterminal und ist unzufrieden. Zusicherungen zur Entwicklung des Jade-Weser-Ports seien nicht eingehalten worden. Nun klagt man vor Gericht, denn die Containerlinien, mit denen Nordfrost seine Fracht bekommt, laufen lieber Bremerhaven statt Wilhelmshaven an. Die Mehrkosten beziffert Nordfrost auf 200 Euro pro Container.

Die Baukosten für den nicht genutzten Hafen betrugen rund 1 Milliarde Euro, 650 Millionen davon kamen aus Steuergeldern. Der Jade-Weser-Port war ein Gemeinschaftsprojekt der beiden hochverschuldeten Länder Bremen und Niedersachsen. Von den Geldern wurden unter anderem 390 Hektar Land durch Sandaufspülungen der Nordsee abgetrotzt. Das Land Niedersachsen will nun noch 1,5 Millionen Euro für eine Machbarkeitsstudie zu einer Erweiterung des Jade-Weser-Ports draufsatteln. Denn unbeeindruckt von den Realitäten bleibt man offiziell optimistisch. Man verweist auf die Standortvorteile. Kein anderer deutscher Hafen biete einen so großen Tiefgang, kein anderer deutscher Hafen habe einen kürzeren Weg durch die Küstengewässer zur Hochsee.

Die Reedereien zeigen sich dagegen unbeeindruckt. In Hamburg und Bremerhaven haben sie ihre Büros und ihre Infrastruktur. Wozu dies am JadeWeserPort noch einmal zusätzlich aufbauen? Zumal für Hamburg nun eine weitere Elbvertiefung für die großen Containerschiffe geplant ist. Zumal es die außerdeutsche Konkurrenz in Rotterdam gibt. Auch dort wird der Containerhafen kräftig erweitert.

Die weltgrößte Reederei Mærsk zweifelt inzwischen öffentlich am Konzept des Jade-Weser-Ports. Gegenüber der Deutschen Schiffahrts-Zeitung sagte ihr Deutschlandchef Ole Krenzien: „Den Jade-Weser-Port als reinen Umschlaghafen zu konzipieren, reicht nicht aus“. Und weiter: „Derzeit gibt es keine wirkliche Nachfrage am Jade-Weser-Port.“

Hoffnung liegt auf zwei neuen Asien-Diensten, die ab nächsten Frühjahr den Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven ansteuern sollen. Doch die Ankündigung steht noch unter Vorbehalt. Und der Betreiber des Jade-Weser-Ports, Eurogate, will keine konkreten Angaben zum erwarteten zusätzlichen Umschlag machen. Für die meisten Hafenbeschäftigten wird sich die negative Perspektive nicht ändern. Ihr Beschäftigungssicherungs-Tarifvertrag läuft im März nächsten Jahres aus.

DWN
Politik
Politik Einigung bei historischem Schuldenpaket: Schwarz-rote Grund­ge­setz­än­de­rungen werden grün
14.03.2025

100 Milliarden Sonderschulden für die Grünen und Klimaneutralität bis 2045 im Grundgesetz: Nach zähen Verhandlungen haben Union, SPD...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Du bist mir eine Marke! Der Erfolg von 130 Jahren Falke-Socken
14.03.2025

Franz-Peter Falke leitet das Familienunternehmen im Sauerland in vierter Generation. Zwischen Wahren der Tradition und Wappnen für die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Betriebsbedingte Kündigung: Was gilt für Arbeitgeber und Arbeitnehmer?
14.03.2025

Die andauernde Wirtschaftskrise führt in Deutschland zu immer mehr Firmenpleiten und zunehmenden Stellenabbau bei Unternehmen. Damit...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tesla: Trump-Zölle könnten dem E-Autobauer schaden
14.03.2025

Tesla-Chef Elon Musk gilt als Trump-Unterstützer – doch sein Unternehmen schlägt Alarm. Die Strafzölle der US-Regierung könnten nicht...

DWN
Politik
Politik BSW: neues Wahlergebnis zählt 4.277 Zweitstimmen mehr - trotzdem kein Einzug in den Bundestag
14.03.2025

Das BSW scheitert final am Einzug in den Bundestag: 0,02 Prozent fehlten! Während sich an der Sitzverteilung nichts mehr ändert, treten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Unser neues Magazin ist da: Gesund arbeiten und gesund leben? Die Balance auf der Kippe
14.03.2025

Unsere Arbeitswelt hat sich in den vergangenen Jahren dramatisch verändert. Digitalisierung, Globalisierung und die ständige...

DWN
Unternehmen
Unternehmen BMW-Aktie: Gewinn beim Hersteller BMW sackt ab - die ganz fetten Jahre sind vorbei
14.03.2025

Nach Jahren extremer Erträge geht es für die Autohersteller gerade abwärts. Doch selbst nach den aktuellen Einbrüchen verdienen...

DWN
Politik
Politik Grüne blockieren schwarz-rotes Finanzpaket – Streit um Europas Zukunft
14.03.2025

Die Grünen stellen sich gegen das Finanzpaket von Union und SPD. Fraktionschefin Katharina Dröge fordert, Verteidigungs- und...