Während Italiens Premier Renzi versucht, gegen die hohe Arbeitslosigkeit und die Verschuldung zu kämpfen, werden die Gerüchte um das höchste Amt im Lande immer konkreter. Seit Anfang Dezember ist Napolitanos Rücktritt Thema in Italien. Gegen Ende des Jahres werde er seinen Rücktritt ankündigen, heißt es. Napolitanos Presseberater halten zwar noch immer teilweise dagegen. „Spekulationen über einen Rücktritt vor dem Ende der italienischen EU-Ratspräsidentschaft seien absolut grundlos“, so das Büro des Präsidenten. Aber „am Ende dieses Semesters wird der Präsident seinen eigenen Überlegungen treffen, autonom.“ Das wiederum wiederspricht nicht den Gerüchten, dass Napolitano Ende des Jahres über seine politische Zukunft entscheiden wird. Zwar würde seine Präsidentschaft eigentlich noch weitere fünf Jahre andauern, aber Napolitano ist bereits 89 Jahre alt. Hier kommt EZB-Chef Draghi ins Spiel.
Der potentielle Nachfolger für Napolitano ist auch für den italienischen Premier Renzi nicht ohne Bedeutung. Immerhin hat der Staatspräsident die Fähigkeit, das Parlament aufzulösen. Die Krise in Italien hatte Napolitano in den vergangenen Jahren immer stärker in den Fokus gerückt, während die Beliebtheit der Premiers zurückging. Renzi und seine Partei favorisierten den ehemaligen Präsidenten der EU-Kommission, Romano Prodi. Dieser zeigte bisher aber kein Interesse. Berlusconi hingegen sprach sich in einem Interview Ende November für Giuliano Amato aus. Er machte aber auch deutlich, dass EZB-Präsident Mario Draghi ebenfalls eine Alternative sei.
Anfang Dezember war Draghi auch Teil der „provokanten Prognosen“ des Chefsvolkswirts der Saxo Bank, Steen Jakobsen. Jakobsen sagte, Draghi werde 2015 die EZB verlassen. Nun berichtet die Fiscal Times, dass Mario Draghi die EZB im Januar verlassen und ein politisches Amt in Italien übernehmen werde. Die Quellen seien ein bekannter Investor und ein gestandener Journalist aus Rom, heißt es in der Fiscal Times. „Draghi will raus“, so eine der Quellen. Er hätte die Nase voll und sei von Berlin gelähmt worden. Zuletzt war die Unterstützung im EZB-Rat für Draghi immer mehr gesunken, so der britische Telegraph.
„Die Frage ist nun, wie man Draghis Übergang zu dem Posten als Staatspräsident Italiens ebnet“, so eine der Quellen der Fiscal Times. Er werde die EZB nur verlassen, wenn sie das hinkriegen. Darüber hinaus gebe es mittlerweile viele Stimmen in Italien, die sagen, Italien bräuchte nun jemanden an der Spitze, der zeige, dass das Land wieder auf EU-Kurs sei. Und Draghi würde dies definitiv erfüllen. Der EZB-Chef selbst verneint es, Ambitionen auf den Posten zu haben. Die Quellen der Fiscal Times behaupten jedoch, dass diese Aussagen nicht glaubwürdig seien. Mitte November hielt Draghi eine Rede zur EZB-Politik an der Universität von Rom. Ein erster Testlauf für eine offizielle Kandidatur, so die Quellen. Darüber hinaus traf sich Mario Draghi aber auch im August mit dem italienischen Premier Renzi. „Ich sehe Draghi regelmäßig“, zitierte die italienische Nachrichtenagentur Ansa Renzi. Das Treffen sei kein Zeichen dafür gewesen, dass Italien unter spezieller Beobachtung der EU-Autoritäten stünde, sagte Renzi. „Ich versichere Ihnen, das ist es nicht“. Details über das Treffen wurden jedoch nicht bekannt.
Im Oktober stieg die Zahl der Arbeitslosen dem italienischen Statistikamt zufolge auf 3,410 Millionen. Damit kletterte die Arbeitslosenrate um 0,3 Prozent auf 13,2 Prozent. Besonders für die 15 bis 24-Jährigen ist es derzeit kaum möglich, einen Job zu finden. 43,3 Prozent der Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind arbeitslos, Die Situation wird sich aber aller Voraussicht nach in den kommenden Monaten nicht entschärfen. Vielmehr könnte die Arbeitslosigkeit noch stärker ansteigen. So seien im dritten Quartal 70 Prozent der neuen Jobs in Italien nur durch Zeitverträge ausgefüllt worden, berichtet die italienische Nachrichtenagentur Ansa mit Verweis auf das Arbeitsministerium. Das ist ein Zuwachs von 1,8 Prozent gegenüber der Zeit zwischen Juli und September. Die befristeten Verträge spiegeln die aktuelle Lage der italienischen Wirtschaft sehr gut wieder. Die Industrieproduktion ist im September um 0,9 Prozent gesunken, im Baugewerbe gab es gegenüber dem Vormonat einen Rückgang um 5,4 Prozent. Das wiederum ließ die Hauspreise fallen, wie der Monatsbericht der italienischen Statistikbehörde zeigt. Der Einzelhandel ging auf monatlicher Basis um 0,1 Prozent zurück und gegenüber dem Vorjahresmonat um 0,5 Prozent. Insgesamt wird in diesem Jahr mit einem Rückgang des BIP um 0,3 Prozent gerechnet.
Die schlechte wirtschaftliche Lage Italiens spiegelt sich auch in den Zahlen der Auswanderer wieder. In den vergangenen Jahren haben immer mehr Italiener ihr Land verlassen. 2012 sollen es der OECD zufolge 100.000 gewesen sein, für 2013 wird ein weiterer Anstieg erwartet. Zusätzlich dazu ging die Zahl der Einwanderer nach Italien deutlich zurück. Waren es 2007 noch 572.000 sind es 2012 nur mehr 258.000 gewesen. Ein Trend, der in der ganzen EU zu beobachten ist.