Ursprünglich war der Euro, durch die Europäische Zentralbank (EZB) herausgegeben, als „Bürgergeld“ gedacht. Im Fokus sollte dabei das legitime Interesse der Bürger an der Stabilität des Geldwerts stehen. Inzwischen ist der Euro längst zur Finanzierung von Banken und Staaten mutiert. Die EZB wurde – wie die US-amerikanische Fed – zum Kreditgeber der letzten Instanz (lender of the last resort).
Nun schickt die EZB sich an, den Banken ihre Bond-Bestände abzukaufen. Bereits lange vor dem Kursrutsch des Ölpreises wurde hierfür als Begründung eine anstehende Deflation in der Eurozone genannt. Vermutlich wird Mario Draghi am 22. Januar bei der nächsten geldpolitischen Sitzung den Startschuss hierfür abfeuern.
Vermutlich wird die EZB etwa 62 Prozent der langfristigen Bonds in der Eurozone kaufen, wie Zerohedge berichtet, was fünf Mal so viel wie die Netto-Ausgabe der entsprechenden Staatsanleihen entspräche.
Bei der EZB liegen dabei offenbar verschiedene Optionen auf dem Tisch:
- Der Ankauf von Staatsanleihen entsprechend dem Schlüssel der Beteiligung der Mitgliedsländer – wonach deutsche Bonds an erster Stelle liegen würden.
- Lediglich der Ankauf von Bonds mit Spitzenratings, womit beispielsweise deutsche Staatsanleihen in den Negativbereich geschoben würde – was Anleger dazu motivieren solle, riskantere Bonds und Unternehmensanleihen zu erwerben.
- Nicht die EZB sondern die einzelnen nationalen Notenbanken kaufen die landeseigenen Bonds, wonach das Risiko der Ankäufe bei den betreffenden Ländern bliebe.
Bei der EZB werden auch Szenarien überlegt, wonach Krisenländer an den anstehenden Verlusten im Fall breit angelegtem Kauf von Staatsanleihen beteiligt werden sollen. Denn grundsätzlich gilt, dass Verluste der EZB nach dem Kapitalschlüssel der Länder in der Eurozone aufgeteilt werden, ganz gleich, wo bzw. durch welches Land diese Verluste entstanden sind. Deutschland beteiligt sich an der EZB mit dem größten Kapitalanteil. Zuletzt gab es im EZB-Rat Diskussionen darüber, vorrangig Staatsanleihen aus Italien zu kaufen.
EZB-Mitglied Benoit Coeuré sagte Bloomberg, dass es nicht in Frage komme, dass die EZB bei allfälligen Schuldenschnitten beteiligt werde. Dies deutet darauf hin, dass auch griechische Staatsanleihen im großen Stil gekauft werden. Denn die größten Gläubiger Griechenlands sind derzeit die offiziellen Gläubiger - der IWF, die Euroländer und die EZB.
In Erwartung einer längerfristig lockeren Geldpolitik der großen Notenbanken haben Anleger in den USA und Europa am Donnerstag bei Aktien beherzt zugegriffen. Aus dem Protokoll der jüngsten Fed-Ratssitzung schlossen sie, dass sich die US-Notenbank mit ihrer geplanten Zinserhöhung Zeit lassen wird. In Europa rechneten sie zudem mit weiteren Geldspritzen der EZB und drückten damit den Euro auf den tiefsten Stand seit Dezember 2005. Am Rohstoffmarkt stabilisierte sich der Ölpreis nach seinem Verfall der vergangenen Wochen.
HSBC-Devisenexperte Daragh Maher begründete die Erwartung einer behutsamen Straffung der US-Geldpolitik unter anderem mit den verhaltenen Fed-Aussagen zum Einfluss der aktuellen Dollar-Aufwertung auf die heimische Konjunktur. "Offenbar werden die Zentralbanker einen starken Dollar tolerieren." Der Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen wie Euro oder Yen widerspiegelt, markierte mit 92,528 Punkten ein Neun-Jahres-Hoch. Der Euro verbilligte sich zeitweise auf 1,1753 Dollar.
An der Wall Street schlossen alle drei großen Indizes 1,8 Prozent im Plus. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte notierte bei 17.907 Punkten, der breiter gefasste S&P-500 bei 2062 und der Index der Technologiebörse Nasdaq bei 4736 Zählern. Gestützt wurde die Stimmung durch positive Signale vom US-Arbeitsmarkt. Die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe ging in der vergangenen Woche um 4000 zurück.
Der Dax schloss 3,4 Prozent fester bei 9837,61 Punkten. Das ist der größte Tagesgewinn seit August 2012. Gleiches galt für den EuroStoxx50, der 3,6 Prozent auf 3136,15 Zähler gewann.
Bei den Einzelwerten in New York gehörten Apple -Aktien zu den Gewinnern. Sie legten 3,8 Prozent zu. Die Analysten von Janney Capital Markets erhöhten ihre Prognose für Umsatz und Gewinn des iPhone-Herstellers im ersten Quartal.
Papiere des Bierbrauers und Spirituosen-Anbieters Constellation Brands gewannen 4,5 Prozent. Der "Corona"-Hersteller hob seine Gewinnprognose an.
Eine Erhöhung der Dividende um 20 Prozent verhalf Ford zu Kursgewinnen. Die Aktien legten 2,5 Prozent zu.
An der New York Stock Exchange wechselten rund 850 Millionen Aktien den Besitzer. 2396 Werte legten zu, 718 gaben nach und 78 blieben unverändert. An der Nasdaq schlossen bei Umsätzen von 2,06 Milliarden Aktien 2048 im Plus, 702 im Minus und 116 unverändert.
Angesichts der Rally an der Wall Street und einer Stabilisierung des Ölpreises waren US-Staatsanleihen nicht mehr so gefragt. Die zehnjährigen Staatsanleihen fielen um 17/32 auf 102-4/32. Sie rentierten mit 2,0109 Prozent. Die 30-jährigen Bonds fielen um 1-22/32 auf 108-14/32 und hatten eine Rendite von 2,5914 Prozent.