Politik

Krise in Russland: Oligarchen gehen auf Distanz zu Putin

Die russischen Superreichen wenden sich von Kreml-Chef Wladimir Putin ab. Sie machen ihn für die westlichen Sanktionen verantwortlich. Zuvor hatte die deutsche Bundestagsabgeordnete Marieluise Beck gehofft, dass die Sanktionen zu „Friktionen“ im Kreml führen werden. Genau davor hatte wiederum der russische Außenminister Sergej Lawrow gewarnt.
01.02.2015 22:29
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

In Russland erheben sich unter den Oligarchen und in hochrangigen politischen Kreisen Stimmen, die den außenpolitischen des russischen Präsidenten Wladimir Putin kritisieren.

„Geschäftsleute, die eine lange Zeit lang an Putins Seite standen, befinden sich nun an der ,Peripherie‘“, zitiert Bloomberg den russischen Politikberater Sergej Markow, der an der Beobachtung des Krim-Referendums beteiligt gewesen ist.

Den inneren Zirkel Putins bilden nach Angaben von Markow der Sicherheitssekretär Nikolai Patruschew, der Chef des Inlandsgeheimdiensts (FSB), Alexander Bortnikov, der Chef des russischen Auslandsgeheimdienstes (SWR), Michail Fradkow und Verteidigungsminister Sergej Schoigu.

Der ehemalige russische Premierminister, Außenminister und SWR-Chef, Jewgeni Primakow, sagt, dass Russland angesichts der Ukraine-Krise eine „Selbst-Isolierung“ verhindern müsse. Die Türen für eine Zusammenarbeit mit der NATO und den USA müssten offen bleiben. Denn ohne jene Zusammenarbeit würde Russland seine Position als Großmacht verlieren, schrieb er vergangene Woche in einem Artikel der staatlichen Zeitung Rossijskaja Gaseta.

Seiner Ansicht nach stehe das Krim-Referendum nicht zur Debatte. Doch Putin müsse die territoriale Integrität der Ukraine akzeptieren und müsse die Entsendung russischer Truppen zur Unterstützung der Rebellen verhindern.

Der ehemalige russische Finanzminister Alexej Kudrin sagte im Dezember, dass der Kreml seine Beziehungen mit Washington und Brüssel „reparieren“ müsse, falls Russland nicht in eine große Wirtschafts-Krise stürzen wolle.

„Solche Kommentare zeigen, dass ein ziemlich großer Kreis von Menschen besorgt ist“, sagt der ehemalige Putin-Berater Gleb Pawlowski. „Es gibt eine Gruppe von Menschen in den oberen Rängen, die sich vor möglichen Schäden schützen wollen (…) Sie sind Putin-kritisch. Doch herausfordern können sie ihn nicht, weil er sie leicht zerdrücken kann.“

So wurde im vergangenen September der russische Milliardär Wladimir Ewtuschenkow wegen des Verdachts auf Geldwäsche festgenommen. Die Anklage gegen ihn wurde erst dann fallengelassen, als er einer Re-Nationalisierung seiner Öl-Gesellschaft OAO Bashneft zugestimmt hatte.

Hinzu kommt, dass es eine Reihe von russischen Oligarchen gibt, die auf der Sanktionsliste der USA stehen. Dazu gehören unter anderem Gennady Timchenko und die Gebrüder Rotenberg.

Timchenkos Vermögen fiel im vergangenen Jahr von 11 Milliarden Dollar auf 4,1 Milliarden Dollar zurück. Die Rotenbergs verzeichneten einen Rückgang von 3,2 Milliarden Dollar auf 2,1 Milliarden Dollar.

Putins Pressesprecher Dmitri Peskow sagte Bloomberg, dass er bezüglich der Ukraine-Krise keinerlei Informationen über unzufriedene Menschen in Putins Umgebung habe. Timchenko wollte sich dazu nicht äußern. Arkadi Rotenbergs meldete über seinen Pressesprecher, dass er der Politik des russischen Präsidenten nicht kritisch gegenüber stehe. Eine Antwort des Pressesprechers von Boris Rotenberg ist bisher ausgeblieben.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow sagte im vergangenen November, dass hinter den Sanktionen der USA und der EU das Bestreben des Westens stehe, einen „Regimewechsel“ in Moskau herbeizuführen. „Nun sagen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens in westlichen Ländern, es müssten Sanktionen verhängt werden, die die Wirtschaft zerstören und öffentliche Proteste hervorrufen“, so Lawrow.

Nach Auffassung von Marieluise Beck, Mitglied im Auswärtigen Ausschuss des Deutschen Bundestages, besteht eine Chance, dass die Sanktionen die Position von Präsident Wladimir Putin innerhalb des Kreml schwächen werden. Beck sagte den Deutschen Wirtschafts Nachrichten im Rahmen des Economic Forum in Krynica-Zdroj in Polen: „Die Sanktionen bringen die Chance, dass innerhalb des Kreml Friktionen auftreten.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Technologie
Technologie Erkennen Sie schnell instabile Li-Ion-Batterien

Brady Corporation bietet eine neue, kostengünstigere Lösung an, um instabile Li-Ion-Batterien im Lager schnell und einfach zu erkennen....

DWN
Panorama
Panorama Flugzeugabsturz in Washington: Was bisher bekannt ist
30.01.2025

Nach einem Flugzeugunglück über Washington D.C. wurden mehr als ein Dutzend Leichen geborgen. Der Unfall ereignete sich am Mittwochabend...

DWN
Finanzen
Finanzen BayWa re: Prognose zu neuem Eigentümer - was Anleger jetzt wissen sollten
30.01.2025

Der BayWa-Konzern steckt in der Krise - und mit ihm die Tochter BayWa re. Warum eine Schweizer Investmentgesellschaft bald die Kontrolle...

DWN
Politik
Politik Grönland-Übernahme? Dänemark zieht Lehren aus Trumps Forderungen
30.01.2025

Donald Trumps Forderung nach Grönland schockierte viele, doch Dänemarks Regierung sieht darin eine Chance. Europa müsse seine...

DWN
Politik
Politik Bundestag: Abstimmung über CDU-Antrag zur Migration - 5-Punkte-Plan von Merz erhält Mehrheit
29.01.2025

Der Bundestag hat einen der Entschließungsanträge der Union angenommen, den sogenannten 5-Punkte-Plan. Merz' Antrag zur Migrationspolitik...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Notenbank Fed: Leitzinsen unverändert - Aktienkurse an der Wall Street nur kurz belastet
29.01.2025

Die Währungshüter der US-Notenbank Fed haben den Leitzins nicht angetastet - und damit die Kurse an den New Yorker Börsen nur kurzzeitig...

DWN
Panorama
Panorama Blitzermarathon 2025: Wann und wo verstärkte Verkehrskontrollen drohen - alle Termine
29.01.2025

Autofahrer aufgepasst! Wie in jedem Jahr finden auch Blitzermarathons 2025 statt - im Rahmen zweier Aktionswochen mit verstärkten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Wirtschaftswarntag ohne Habeck aber mit „Bekenntnis für Vielfalt“: Dafür fordern Gewerkschaften eine Vermögensabgabe für die Krise
29.01.2025

Am Wirtschaftswarntag haben deutsche Unternehmen Alarm geschlagen. Doch Verursacher Habeck hatte keine Zeit, obwohl Standortbedingungen zu...

DWN
Panorama
Panorama Stammzell-Herzpflaster: Neue Hoffnung für Menschen mit schwerer Herzschwäche
29.01.2025

Ein neu entwickeltes „Stammzell-Herzpflaster“ könnte Patienten mit schwerer Herzschwäche helfen. Die innovative Therapie nutzt...