In Russland erheben sich unter den Oligarchen und in hochrangigen politischen Kreisen Stimmen, die den außenpolitischen des russischen Präsidenten Wladimir Putin kritisieren.
„Geschäftsleute, die eine lange Zeit lang an Putins Seite standen, befinden sich nun an der ,Peripherie‘“, zitiert Bloomberg den russischen Politikberater Sergej Markow, der an der Beobachtung des Krim-Referendums beteiligt gewesen ist.
Den inneren Zirkel Putins bilden nach Angaben von Markow der Sicherheitssekretär Nikolai Patruschew, der Chef des Inlandsgeheimdiensts (FSB), Alexander Bortnikov, der Chef des russischen Auslandsgeheimdienstes (SWR), Michail Fradkow und Verteidigungsminister Sergej Schoigu.
Der ehemalige russische Premierminister, Außenminister und SWR-Chef, Jewgeni Primakow, sagt, dass Russland angesichts der Ukraine-Krise eine „Selbst-Isolierung“ verhindern müsse. Die Türen für eine Zusammenarbeit mit der NATO und den USA müssten offen bleiben. Denn ohne jene Zusammenarbeit würde Russland seine Position als Großmacht verlieren, schrieb er vergangene Woche in einem Artikel der staatlichen Zeitung Rossijskaja Gaseta.
Seiner Ansicht nach stehe das Krim-Referendum nicht zur Debatte. Doch Putin müsse die territoriale Integrität der Ukraine akzeptieren und müsse die Entsendung russischer Truppen zur Unterstützung der Rebellen verhindern.
Der ehemalige russische Finanzminister Alexej Kudrin sagte im Dezember, dass der Kreml seine Beziehungen mit Washington und Brüssel „reparieren“ müsse, falls Russland nicht in eine große Wirtschafts-Krise stürzen wolle.
„Solche Kommentare zeigen, dass ein ziemlich großer Kreis von Menschen besorgt ist“, sagt der ehemalige Putin-Berater Gleb Pawlowski. „Es gibt eine Gruppe von Menschen in den oberen Rängen, die sich vor möglichen Schäden schützen wollen (…) Sie sind Putin-kritisch. Doch herausfordern können sie ihn nicht, weil er sie leicht zerdrücken kann.“
So wurde im vergangenen September der russische Milliardär Wladimir Ewtuschenkow wegen des Verdachts auf Geldwäsche festgenommen. Die Anklage gegen ihn wurde erst dann fallengelassen, als er einer Re-Nationalisierung seiner Öl-Gesellschaft OAO Bashneft zugestimmt hatte.
Hinzu kommt, dass es eine Reihe von russischen Oligarchen gibt, die auf der Sanktionsliste der USA stehen. Dazu gehören unter anderem Gennady Timchenko und die Gebrüder Rotenberg.
Timchenkos Vermögen fiel im vergangenen Jahr von 11 Milliarden Dollar auf 4,1 Milliarden Dollar zurück. Die Rotenbergs verzeichneten einen Rückgang von 3,2 Milliarden Dollar auf 2,1 Milliarden Dollar.
Putins Pressesprecher Dmitri Peskow sagte Bloomberg, dass er bezüglich der Ukraine-Krise keinerlei Informationen über unzufriedene Menschen in Putins Umgebung habe. Timchenko wollte sich dazu nicht äußern. Arkadi Rotenbergs meldete über seinen Pressesprecher, dass er der Politik des russischen Präsidenten nicht kritisch gegenüber stehe. Eine Antwort des Pressesprechers von Boris Rotenberg ist bisher ausgeblieben.
Der russische Außenminister Sergej Lawrow sagte im vergangenen November, dass hinter den Sanktionen der USA und der EU das Bestreben des Westens stehe, einen „Regimewechsel“ in Moskau herbeizuführen. „Nun sagen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens in westlichen Ländern, es müssten Sanktionen verhängt werden, die die Wirtschaft zerstören und öffentliche Proteste hervorrufen“, so Lawrow.
Nach Auffassung von Marieluise Beck, Mitglied im Auswärtigen Ausschuss des Deutschen Bundestages, besteht eine Chance, dass die Sanktionen die Position von Präsident Wladimir Putin innerhalb des Kreml schwächen werden. Beck sagte den Deutschen Wirtschafts Nachrichten im Rahmen des Economic Forum in Krynica-Zdroj in Polen: „Die Sanktionen bringen die Chance, dass innerhalb des Kreml Friktionen auftreten.“