Finanzen

Rheinmetall, Lockheed Martin & Co.: Defense ist das neue Nachhaltig

Investieren in „Rüstung“? Darf man das, muss man das? Angesichts der geopolitischen Lage liegt der Gedanke eigentlich nahe.
10.08.2025 13:30
Lesezeit: 2 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
Rheinmetall, Lockheed Martin & Co.: Defense ist das neue Nachhaltig
Ein Radpanzer der Bundeswehr vom Typ Boxer fährt über das Gelände von Rheinmetall (Foto: dpa). Foto: Philipp Schulze

„Hast du Rheinmetall-Aktien?“

Das ist die beliebteste Party-Frage zurzeit. Vor ein paar Jahren wäre die Frage noch als anstößig empfunden worden. Ganz im Gegenteil, man versuchte „sauber“ und ESG-gerecht zu investieren, zum Beispiel in Fonds ohne Rüstung, Tabak, Glücksspiel und Prostitution. Wobei börsennotierte Aktien aus dem Rotlichtmilieu ohnehin eher selten sind, Ausnahme natürlich Wirecard.

Aber die Rheinmetall-Aktie ist in den vergangenen fünf Jahren um über 2.000 Prozent gestiegen, da wird mancher doch sinnlich - und die ethischen Leitlinien der Banken verflüchtigen sich. Man spricht ja auch gar nicht mehr vom militärisch-industriellen Komplex (MIK) oder von bösen Waffenschmieden. Rüstungsindustrie ist schon etwas besser, aber immer noch sehr mittelalterlich-martialisch. Man sagt jetzt „Defense“, oder wem das immer noch zu wenig pazifistisch klingt, dem empfehle ich: Defense ist „Resilienz“, und Resilienz ist das neue Nachhaltig! Denn, so wird man argumentieren, nur eine Demokratie, die wehrhaft überlebt, kann unsere Umwelt retten.

Und es geht ja nicht nur um Aufstockung der Personalstärke (wo das gepumpte Geld im Konsum versickert) oder um Auffüllung der konventionellen Waffen-Arsenale, sondern vor allen Dingen um einen massiven Technologiewandel. Missile- und Hyperschallprogramme, Cyber War, Drone Technologies, Drohnen-Schwärme, AI-gestützte Zielerfassung, die klassische Luftabwehr steht vor sehr unangenehmen Problemen. Dies sind nur einige Beispiele.

Pflugscharen zu Drohnen

Besonders beeindruckend sind die Erfahrungen aus dem Ukraine-Krieg mit Drohnen. Lange Zeit wurde uns von Politikern erzählt, Drohnen seien unethisch, weil der den Schussbefehl abgebende Soldat nicht vor Ort, sondern weit entfernt in einem Bunker sitzt. Er sei dadurch emotional distanziert und entkoppelt, das sei Töten ohne Gewissensbisse, ohne Beißhemmung. Es wurde also ein Bild des Krieges kolportiert, wie vor Jahrhunderten und Jahrtausenden, wo zwei Kämpfer mit Schwert oder Bajonett sich auf dem Schlachtfeld persönlich gegenüberstehen, möglichst ins Auge blicken und dann der eine den anderen umbringt.

Eine interessante Einstellung. Und ich räume ein, wenn Drohnen mit künstlicher Intelligenz feindliche Ziele identifizieren und den Schuss dann selbst ohne menschlichen Befehl auslösen, da hat man dann doch ein massives Störgefühl. Aber wahrscheinlich wird die Zeit alle Bedenken überholen, denn wenn alle anderen Drohnen einsetzen, dann müssen wir das auch tun.

Wo und wie investieren?

Und wie kann man investieren? Natürlich beispielsweise in Einzelaktien wie Lockheed Martin, RTX Corp., Northrop Grumman, L3 Harris Technologies, Kratos Defense & Security (Drohnen), AeroVironment usw., aber mittlerweile gibt es auch einige Spezialfonds und ETFs (zum Beispiel VanEck Defense, mit dem Anleger auch in die Palantir-Aktie investieren können), wenn man sich nicht so ganz genau mit den einzelnen Unternehmen befassen kann.

Mein Tipp: Lesen Sie dazu auch den Ratgeber-Artikel Rüstungs-ETFs. Dort stellt Ihnen Chefredakteur Markus Gentner zusammen mit DWN-Autor Carsten Schmidt die besten ETFs auf die Rüstungsindustrie vor.

Und was bringt die Zukunft?

Aber, so fragt sich der vorsichtige Investor, wenn der Ukraine-Krieg irgendwann durch Erschöpfung endet, wenn etwas mehr Ruhe im Vorderen Orient eintritt und die USA sich mehr in die Isolierung zurückziehen, werden dann die Rüstungsausgaben nicht wieder schrumpfen? Und so auch die Aktienkurse? So wie damals Ronald Reagan die Sowjetunion durch den „Star Wars“-Rüstungswettbewerb in die Knie gezwungen hat. Und danach glaubte man, das Ende der Geschichte sei gekommen und lehnte sich zurück. Vielleicht reichen schon die wuchtigen Aufrüstungsziele und das geplante Geld muss am Ende gar nicht ausgegeben werden?

Gut möglich, aber sehr wahrscheinlich ist es nicht. Wir befinden uns vermutlich mitten im Wandel von einer regelbasierten zu einer machtbasierten Weltordnung ohne einen Hegemon (Prof. Herfried Münkler) und das bedeutet: mehr Kriege in der Zukunft oder zumindest mehr Abschreckungsrüstung. Wer in einer Welt ohne Aufpasser als erster losschlägt ist im Vorteil – nur: er wird bald viele Nachahmer haben.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

avtor1
Prof. Dr. Ulrich Seibert

                                                      ***

Prof. Dr. Ulrich Seibert ist Jurist und Honorarprofessor für Wirtschaftsrecht an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Als ehemaliger Leiter des Referats für Gesellschaftsrecht, Unternehmensverfassung und Corporate Governance im Bundesministerium der Justiz hat er bis 2020 maßgeblich an zahlreichen Reformen im Gesellschaftsrecht mitgewirkt. Mit über 200 veröffentlichten Aufsätzen zählt er zu den renommierten Experten auf diesem Gebiet.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeitslosigkeit in Deutschland: Geht das Jobwunder seinem Ende entgegen?
10.08.2025

Viele Krisen der jüngsten Vergangenheit konnten dem deutschen Arbeitsmarkt wenig anhaben – er erwies sich als äußerst robust. Doch...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Belarus im Strudel der „eurasischen Integration“
10.08.2025

Belarus‘ Abhängigkeit von Russland wird zur existenziellen Gefahr – und China nutzt die Schwäche eiskalt aus. Warum Minsk in einer...

DWN
Finanzen
Finanzen Rheinmetall, Lockheed Martin & Co.: Defense ist das neue Nachhaltig
10.08.2025

Investieren in „Rüstung“? Darf man das, muss man das? Angesichts der geopolitischen Lage liegt der Gedanke eigentlich nahe.

DWN
Immobilien
Immobilien Hitzeschutz für Immobilien: So machen Sie Ihr Zuhause hitzefrei
10.08.2025

Deutschland "erfreut" sich 2025, wie schon in den vergangenen Jahren, im Durchschnitt neuer Höchsttemperaturen. Bei einem solchen Wetter...

DWN
Unternehmen
Unternehmen EU Start-up Offensive: Brüssel will Europas Innovationslücke schließen
10.08.2025

Mit Rentenmilliarden, schneller Finanzierung und einem EU Pass will Brüssel Europas Start ups beflügeln – doch freiwillige Regeln, hohe...

DWN
Technologie
Technologie Das Weltall: Die neue ökonomische Frontlinie
10.08.2025

Wem nützt Raumfahrt überhaupt? Im Hintergrund entsteht eine neue wirtschaftliche Realität – Daten, Technologien und Industrien in der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Zuverlässigkeit im europäischen Luftverkehr: Welche Airline hält Wort – und welche nicht?
10.08.2025

Verspätungen, Streiks, Entschädigungen – der europäische Luftverkehr steht unter Druck. Eine aktuelle Analyse deckt auf, welche...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Geopolitik, KI und Regulierung befeuern Europas Sicherheitsausgaben
10.08.2025

Geopolitische Spannungen, strengere Gesetze und KI-getriebene Cyberangriffe zwingen Europas Wirtschaft zu massiven Investitionen in...