Die schwedische Notenbank hat den Leitzins am Donnerstag auf minus 0,1 Prozent gesenkt und kündigte zugleich den Ankauf von Staatsanleihen im Umfang von zehn Milliarden Kronen (rund einer Milliarde Euro) an, um die Inflation anzuheizen. Dahinter steht offiziell die Sorge, dass die Preise in dem skandinavischen Land auf breiter Front fallen. Dann könnte die Wirtschaft in eine Abwärtsspirale aus Konsumzurückhaltung, Lohnverfall und stockenden Investitionen geraten. Die Zentralbank folgt damit dem Ankaufprogramm der EZB.
Diese Sorge scheint allerdings nur vorgeschoben: Das Problem der schwedischen Wirtschaft sind nicht zu geringe Preise, sondern eine in vielen Segmenten unproduktive Arbeitsweise. So stecken die schwedischen Autobauer seit Jahren in der Krise. Volvo musste von den Chinesen gerettet werden, Saab gar komplett aufgeben. Viele Unternehmen haben sich noch nicht auf die Innovationen eingestellt, mit denen sie effizienter produzieren könnten.
Hinzu kommt, dass die schwedischen Regierungsparteien vor einigen Wochen beschlossen haben, ihre Zusammenarbeit auch über die nächsten Parlamentswahlen hinaus fortzusetzen. Daraus dürfte folgen, dass die Konservativen, Sozialdemokraten und Grünen ihrer jeweiligen Klientel mit diversen Segnungen entgegenkommen werden, die natürlich aus Steuern zu finanzieren ist. In einem solchen Konzept ist es eigentlich alternativlos, dass die eigene Notenbank die Staatsfinanzierung übernimmt.
Mit der Leitzinssenkung unter die Null-Linie folgt Schweden außerdem dem Beispiel von Dänemark und der Schweiz, die damit auf eine Schwächung ihrer Währung zum Euro abzielen. Die schwedische Krone fiel nach der Entscheidung im Vergleich zum Euro auf ein Sechs-Jahres-Tief, wie Dagens Industri berichtet. Damit soll über den Wechselkurs die Inflation angeheizt werden. Im vorigen Jahr waren die Preise auch wegen des billigen Öls nur in einem Monat gestiegen.
Die Notenbank in Stockholm hat es dabei anders als die EZB nicht mit einer Wirtschaftsschwäche zu tun: Die heimische Wirtschaft wird in diesem Jahr voraussichtlich um 2,7 Prozent wachsen. Die EZB rechnet hingegen für die Euro-Zone nur mit einem Plus von 1,0 Prozent. Notenbankchef Stefan Ingves sieht es allerdings als "deutliches Risiko", dass die Verbraucher ihren Konsum verstärkt auf Pump finanzieren - ihre Verschuldungsquote ist eine der höchsten in Europa. Da die Finanzinstitute nun sogar eine Strafgebühr bei der Geldbeschaffung zahlen müssen, dürften sie diese Kosten an Kunden weitergeben. In der Folge könnten sich Verbraucherkredite verteuern. Die Notenbank signalisierte zugleich, dass sie die Staatsanleihekäufe ausweiten könnte und den Leitzins nicht vor der zweiten Jahreshälfte 2016 anzuheben gedenkt. Ingves schloss auch nicht aus, den Leitzins noch viel weiter zu senken.
Logisch ist diese Strategie nicht: Denn wollte die Zentralbank wirklich aktiv anheizen, müsste sie dafür sorgen, dass die Kredite unters Volk kommen. Daher erweckt die Aktion eher den Anschein einer konzertierten Maßnahme mit der EZB: Anleger sollen davon abgehalten werden, die Krone als Fluchtwährung zu kaufen. In der Schweiz hat diese Maßnahme zunächst die Kapital-Zuflüsse gebremst. Eine weitere Stärkung de Franken konnte die SNB allerdings nur mit erneuten Interventionen im Devisenmarkt verhindern.