Politik

Ukraine braucht dringend neuen Kredit, um Staatspleite zu verhindern

Bundesaußenminister Steinmeier muss wegen des Krisen-Gipfels zur Ukraine länger in Minsk bleiben als geplant. Bei dem Treffen soll ein Bekenntnis zu den aktuellen Grenzen der Ukraine abgelegt werden. Doch das Hauptproblem von Kiew ist die drohende Staatspleite: Aus dem Bundesfinanzministerium heißt es daher, die Verhandlungen über neue Kredite befinden sich auf einem guten Weg. Wieviel die europäischen Steuerzahler auf den Tisch legen müssen, ist allerdings noch völlig offen.
12.02.2015 02:25
Lesezeit: 2 min

Wegen der anhaltenden Verhandlungen in Minsk wird Außenminister Frank-Walter Steinmeier seine geplante Lateinamerika-Reise später beginnen. "Die Gespräche in Minsk sind nicht einfach und dauern an. Außenminister Steinmeier bleibt deshalb noch vor Ort, um sich an den laufenden Verhandlungen zu beteiligen", hieß es am Mittwochabend aus dem Auswärtigen Amt. "Der Beginn seiner geplanten Reise nach Brasilien wird sich deshalb verzögern." In Minsk findet ein Gipfeltreffen zum Ukraine-Konflikt statt. Daran nehmen neben Steinmeier auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, Russlands Präsident Wladimir Putin, Frankreichs Präsident Francois Hollande und der ukrainische Präsident Petro Poroschenko teil.

Die Teilnehmer des Minsker Krisengipfels planen nach Angaben der Delegation aus Kiew eine gemeinsame Erklärung, die die Souveränität der Ukraine unterstreicht. Auch die territoriale Integrität des Landes solle unterstützt werden, sagte ein ukrainischer Vertreter am Mittwochabend. Gleichzeitig bereite die Ukraine-Kontaktgruppe ein eigenes Dokument vor, das eine Verpflichtung auf die Waffenruhe bekräftige, die im September in Minsk vereinbart worden war. Eine Bestätigung der Angaben aus der Delegation lag zunächst nicht vor.

Die ukrainische Regierung konzentriert sich jedoch stärker auf Verhandlungen mit dem IWF über neue Kredite. Er hoffe, dass die Gespräche mit der IWF-Delegation binnen 48 Stunden abgeschlossen seien, sagte Ministerpräsident Arseni Jazenjuk am Mittwoch. Allerdings räumte Jazenjuk ein, dass es schwierig sei, auf die Schnelle an neue Kredite zu kommen. Die Verhandlungen seien jedoch nicht einfach. Es gebe noch einige offene Fragen, etwa die Reform des Energiesektors. Die ukrainische Zentralbank kündigte für Donnerstag eine Pressekonferenz mit dem Leiter der IWF-Delegation an. IWF-Chefin Christine Lagarde teilte mit, sie werde sich ebenfalls am Donnerstag zur Ukraine äußern.

Die Ukraine steht wegen des Kriegs im Osten des Landes am Rande der Staatspleite. Sie hofft, dass die Verhandlungen mit dem IWF zu einem größeren, längerfristigen Finanzierungsplan führen statt des gegenwärtigen, 17 Milliarden Dollar schweren Programms.

Die Gespräche über ein milliardenschweres Kredit-Programm für die Ukraine sind nach Ansicht der Bundesregierung auf gutem Weg. Der EU-Gipfel am Donnerstag in Brüssel müsse sich deshalb nicht mit dem Thema beschäftigen, hieß es am Mittwoch in deutschen Regierungskreisen. Ein Sprecher des Finanzministeriums sagte, dass keine weiteren bilateralen Hilfen Deutschlands über den bereits gewährten Kredit hinaus geplant seien.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) erwägt nach Angaben von Insidern derzeit die Auflage eines höheren Kredits für die Ukraine. Wie die Nachrichtenagentur Reuters von mit dem Vorgang vertrauten Personen erfuhr, könnte die Gesamtsumme etwa 40 Milliarden Dollar betragen. Allerdings sei noch keine abschließende Entscheidung getroffen worden. Einigkeit bestehe darüber, dass die bisherige Hilfssumme von 17 Milliarden Dollar nicht ausreiche. "Deutschland ist als G7-Präsidentschaft in der Pflicht, einen Finanzrahmen zustande zu bringen", sagte ein Sprecher des Finanzministeriums. Zum Volumen wolle er nichts sagen.

Derzeit verhandeln IWF-Vertreter in Kiew über ein neues Programm. Dazu muss die ukrainische Regierung eine Reihe von Reformauflagen akzeptieren wie etwa die Erhöhung des stark subventionierten Gaspreises für die Bevölkerung. Der Chef des staatlichen Gasversorgers Naftogaz, Andrej Koboljew, hatte im Reuters-Interview vergangenes Wochenende angekündigt, dass sich die Preise mindestens verdoppeln würden. In etwa zwei Wochen soll das ukrainische Parlament über Änderungen am Haushalt beraten, die als Bedingung für eine Vereinbarung gelten.

Update: Am Donnerstagmorgen haben sich der IWF und die Ukraine über einen Kredit in Höhe von 17,5 Milliarden Dollar geeinigt. Mit weiteren Geldern aus der EU und einzelnen Ländern, könnte sich die Gesamtsumme der Kredite auf 40 Milliarden Dollar belaufen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Reform Arbeitszeitgesetz: 8-Stunden-Tag nicht mehr zeitgemäß?
16.04.2025

Union und SPD schlagen vor, aus der täglichen eine wöchentliche Höchstarbeitszeit zu machen. Von der Wirtschaft gibt es Zuspruch, die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Schlimmer als Finanzkrise oder Dotcom-Blase: Finanzexperte warnt vor einem globalen Beben
16.04.2025

Ulrik Ross, Ex-Banker bei Merrill Lynch, Nomura und HSBC, warnt vor einer Krise historischen Ausmaßes. Der globale Handelskrieg sei nur...

DWN
Panorama
Panorama „Tag des Sieges“ in Russland: Mehr als 20 Staatschefs stehen auf Putins Gästeliste
16.04.2025

Gedenken zum Ende des Zweiten Weltkriegs: Langsam zeichnet sich ab, wer am 9. Mai mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin den Sieg...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Whistleblowerin erhebt schwere Vorwürfe: Meta soll Nutzerdaten mit China geteilt haben
16.04.2025

Ein neuer Skandal erschüttert den US-Techgiganten Meta. Die ehemalige Facebook-Managerin Sarah Wynn-Williams, früher Director of Global...

DWN
Politik
Politik Taser statt Pistole: Kann die Elektrowaffe Gewalt verhindern?
16.04.2025

In Deutschland wird die Polizei immer häufiger mit Taser, auch bekannt als Distanzelektroimpulsgeräte, ausgestattet, um Gewalt zu...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bitcoin überrascht mit starkem Wochenplus – geopolitische Spannungen treiben Anleger in digitale Zufluchtsorte
16.04.2025

Während die etablierten Finanzmärkte angesichts von Handelszöllen, geopolitischen Unsicherheiten und einem wachsenden Vertrauensverlust...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilien kaufen: Worauf Sie beim Wohnungskauf unbedingt achten müssen – eine Schritt-für-Schritt Anleitung
16.04.2025

Der Immobilienkauf: Wahrscheinlich eine der größten und wichtigsten finanziellen Entscheidungen, die man im Leben macht. Manche kaufen...

DWN
Politik
Politik Digitaler Staat: Verpflichtende digitale Identität in Koalitionsvertrag – Hacker kritisieren Überwachung
16.04.2025

Im Koalitionsvertrags setzen CDU, CSU und SPD auf eine konsequente Digitalisierung, eine neue Behörde und eine verpflichtende digitale...