Politik

EU-Kommissare: Karriere in der Ukraine und bei Bertelsmann

Unmittelbar nach ihrem Ausscheiden haben mehrere ehemalige EU-Kommissare Blitz-Karrieren in der Industrie hingelegt. Besonders umstritten: Der Wechsel von Viviane Reding zur Bertelsmann-Stiftung und die Ernennung von Algirdas Šemeta als Ombudsmann für die ukrainische Wirtschaft. Die Kommissare werden neben ihren neuen Jobs drei Jahre lang von den europäischen Steuerzahlern mitfinanziert.
14.02.2015 16:51
Lesezeit: 1 min

Der Watchdog Corporate Europe Observatory (CEO) kritisiert die Blitz-Karrieren zweier ehemaliger EU-Kommissare: Die ehemalige Medien- und Justizkommissarin Viviane Reding heuerte bei der Bertelsmann-Stiftung, dem Minen-Unternehmen Nyrstar und Agfa-Gevaert an. Der ehemalige Kommissar für Steuern und Anti-Korruption, der Litauer Algirdas Šemeta, wurde Ombudsmann für die ukrainische Wirtschaft und soll im Rahmen der Anti-Korruptionsinitiative für Transparenz in der ukrainischen Wirtschaft sorgen..

CEO-Expertin Vicky Cann schreibt auf Euractiv, dass die Berufungen möglich Interessenskonflikte erzeugen könnten, zumal die neuen Jobs für die Ex-Kommissare von Brüssel ohne weitere Auflagen genehmigt wurden. Reding könnte bei ihren neuen Arbeitgebern veranlasst sein, die Interessen der Unternehmen in Brüssel zu vertreten – und dazu das Insider-Wissen nutzen, das sie sich in 15 Jahren für die Kommission erworben hatte.

Šemeta wiederum ist als Mitarbeiter der ukrainischen Regierung fragwürdig, weil er sein Netzwerk in Brüssel ausnützen dürfte, um ukrainische Interessen zu vertreten und umgekehrt der EU nützlich sein, weil er deren Interessen in der Ukraine verfolgen könnte.

Auch der Werdegang von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso zeigt, wie EU-Funktionäre ihre Positionen ausnützen, um nach ihrer politischen Tätigkeit in der Welt der Wirtschaft lukrative Posten zu erhalten: Barroso hat die Erlaubnis erhalten, gegen Honorar als Redner aufzutreten, wo immer er möchte. Beim World Economic Forum (WEF) wird er ebenso eine ehrenamtliche Funktion ausüben wie als Vorsitzender des „European Business Summit“ auszuüben – eine hervorragende Plattform für die Anbahnung von weiteren attraktiven Aufträgen.

Das Kernproblem liegt in der Tatsache, dass die Kommissare für weitere drei Jahre mit bis zu 65 Prozent von den Steuerzahlern finanziert werden – so lange steht ihnen ein „Übergangsgehalt“ zu. Die Regelung war eigentlich dafür gedacht, dass die Kommissare eben nicht direkt in die Wirtschaft wechseln und somit Nutzen aus ihrem vorherigen „Dienst“ für die Steuerzahler ziehen können.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Abwanderung von Fachkräften: Immer mehr deutsche Arbeitnehmer verlassen ihr Heimatland
21.08.2025

Immer mehr Deutsche sagen Adieu und wandern aus: 2024 waren es 270.000 Ausreisewillige, 2025 wird ein neuer Rekordwert erwartet. Doch wer...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Freiwillige vor: Neuer Bahnchef gesucht
21.08.2025

Die Deutsche Bahn steckt in ihrer tiefsten Krise, doch der Verkehrsminister drängt auf schnellen Wechsel an der Spitze. Während geeignete...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Stellenanzeigen: Firmen verschenken Potenzial mit fehlender Familienfreundlichkeit
21.08.2025

Deutsche Unternehmen reden gern über Familienfreundlichkeit, doch in den Stellenanzeigen bleibt davon wenig übrig. Eine neue Analyse...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft US-Importzoll auf Autos aus EU soll rückwirkend sinken
21.08.2025

Washington senkt seine Importzölle auf Autos aus der EU – rückwirkend und überraschend deutlich. Für Europas Autobauer ist das zwar...

DWN
Panorama
Panorama Nord-Stream-Anschlag: Carabinieri verhaften Ukrainer wegen Sprengstoff-Operation
21.08.2025

Seit zwei Jahren ermittelt die Bundesanwaltschaft im Fall der gesprengten Nord-Stream-Pipelines. Nun gerät ein Ukrainer ins Visier, den...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Homeoffice auf Rezept? Ärztliches Attest bedeutet keinen Anspruch aufs Homeoffice – was zu beachten ist
21.08.2025

Ärztliche Homeoffice-Atteste liefern Hinweise, sind aber kein automatischer Freifahrtschein. Fehlen verbindliche Regeln und ein...

DWN
Politik
Politik Russland erklärt, in die Sicherheitsgarantien für die Ukraine „einbezogen“ werden zu wollen
21.08.2025

Russland will bei den Sicherheitsgarantien für die Ukraine mitreden – und verlangt ein Vetorecht. Experten warnen: Damit droht Moskau,...

DWN
Finanzen
Finanzen Millionen PayPal-Zugangsdaten im Umlauf – das sollten Nutzer jetzt tun
21.08.2025

Millionen PayPal-Zugangsdaten sollen im Darknet zum Verkauf stehen – zu einem erstaunlich niedrigen Preis. Ob es sich um aktuelle Daten...