Die Bankenunion mitsamt gemeinsamer Bankenaufsicht und Geldpolitik ist gerade einmal seit fünf Monaten etabliert und schon beginnen die Nerven zu flattern. Hintergrund ist ein Streit zwischen der Bankenaufsicht unter Danièle Nouy sowie den EZB-Notenbankern, die befürchten, die Bankenaufsicht könne die neuen Regeln allzu streng auslegen.
Nach dem Aufbau der beiden institutionellen Säulen entsteht offenbar ein interner Konflikt, der an Schärfe seit Ausbruch der Euro-Schuldenkrise 2010 seinesgleichen sucht, wie Bloomberg berichtet.
Die EZB-Geldpolitik einerseits und die Bankenaufsicht andererseits versuchen derzeit, beide Bereiche in einer Art und Weise auszurichten, die einen Weg aus den griechischen Turbulenzen aufzeigt und gleichzeitig eine Blaupause für andere bevorstehende Bankenkrisen ermöglicht.
Ähnlich wie sich die US-Politik in der Finanzkrise 2008 zwischen dem “Moral-Hazard”, der mit der Rettung von Banken einhergeht, und einem möglichen wirtschaftlichen Chaos entscheiden musste, sind nun auch die EZB-Institutionen herausgefordert. Nämlich, den griechischen Forderungen nach Barmitteln nachzugeben – oder nicht, was im Endeffekt das Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone auslösen könnte. Die damit verbundene finanz-politische Niederlage möchte die EZB offenbar nicht auf sich nehmen.
Der Streit zwischen der EZB und der EZB-Bankenaufsicht kocht nun hoch. Denn Danièle Nouys Beamte haben offenbar vor der Zusammenkunft im Februar zwischen Ministerpräsident Alexis Tsipras und EZB-Präsident Mario Draghi versucht zu verhindern, dass griechische Banken das Volumen ihrer kurzfristig laufenden Staatsanleihen (T-Bills) aufstocken können. Damit wurde dem griechischen Staat die eigene Finanzierung erschwert. Die Maßnahme wurde jedoch zunächst ausgesetzt, wie zwei Insider berichten, die anonym bleiben wollen. Denn der EZB- Rat sei vor der Strenge der Auflage seitens der Bankenaufsicht zurückgeschreckt. Zugleich betrachtete der Rat den Einspruch der Bankenaufsicht als „ungeschickten Intervention in die Krisenpolitik“.
Seit Februar dieses Jahres bewilligt der EZB-Rat nur geringe wöchentliche Aufstockungen von ELA-Kredite für griechische Banken. Inzwischen liegt das von der EZB festgesetzte Limit jedoch bereits bei über 71 Milliarden Euro.
Mario Draghi versucht, die Gelder, die griechische Bürger von ihren Bankkonten holen, kontinuierlich zu ersetzen. Die griechische Tageszeitung „Kathimerini“ berichtete, im März hätten griechische Bürger bisher drei Milliarden Euro von ihren Konten abgehoben. Im Dezember 2014 seien es vier Milliarden Euro, im Januar 12,2 und im Februar 7,6 Milliarden Euro gewesen. Die Target-Kredite waren nach Berechnung des Ifo-Instituts im Januar und Februar um rund 40 Milliarden Euro auf 91 Milliarden Euro angestiegen.
Die Bankenaufsicht befürchtet vor allem, dass gerade die ELA-Kredite direkt zum Kauf von insolventen (in diesem Fall von kurzlaufenden) Staatspapieren benutzt werden. Dies wäre ein Verstoß gegen EU-Recht.
Die Konflikte zwischen Bankenaufsicht und EZB-Rat laufen nun dahingehend, dass die Bankenaufsicht den Notenbankern vorwerfen könnte, sie verstünden nichts vom Bankenaufsichtsgeschäft.
Die EZB sei besorgt über monetäre Finanzierung, und (in ihrer Doppelfunktion) als Aufseher gefalle ihr das Volumen des Engagements bei Staatspapieren nicht, sagt laut Bloomberg Dimitris Drakopoulos, Ökonom bei Nomura International in London. Da die Solvenz der Banken von der Wirtschafts- und Fiskalpolitik der Regierung abhängig sei, müssten sie sie an der kurzen Leine halten. Ihre (die EZB-) Politik sei stimmig auf beiden Seiten.
Mit etwa 6000 aufsichtsrechtlichen Entscheidungen, die die Bankenaufsicht jährlich treffen wird und die vom EZB-Rat zu genehmigen sind, ist das Potenzial für Konflikte oder Fehler allerdings erheblich.