Vor einigen Tagen sah es noch so aua, als könnte der tschechische Staatspräsident Milos Zeman dem Druck der Amerikaner standhalten: Er werde zu den den Weltkriegs-Gedenkfeiern reisen und lasse sich seine Reisepläne nicht von den Amerikanern vorschreiben. Zuvor hatte der US-Botschafter in Prag Zemans Reise kritisiert - eine in diplomatischen Kreisen eher ungewöhnliche Aktion, weil Diplomaten gehalten sind, innenpolitischen Repräsentanten keine wie immer gearteten Ratschläge zu erteilen.
Doch US-Botschafter Schapiro hat offenbar im Auftrag des Weißen Hauses gehandelt: Die Amerikaner scheinen den Druck erhöht zu haben. Der ehemalige Außenminister Karl Schwarzenberg - eigentlich ein Österreicher, der nach der Wende in seine Heimat zurückgekehrt ist und einen Gutteil seines Vermögens restituiert erhielt - sagte, Zeman sei eigentlich ein unbedeutender Politiker, aber die Absage seiner Reise sei dennoch eine gute Sache. Schwarzenberg ist einer der führenden Transatlantiker in Prag. Es ist bemerkenswert, dass sich ein Politiker mit seinem Hintergrund abfällig über das Staatsoberhaupt seines Landes äußert.
Die tschechiche Zitung Lídove Novíny berichtet, dass ein Sprecher der Prager Burg ausdrücklich darauf hingewiesen habe, die Entscheidung sei Zemans eigene Entscheidung gewesen. Das glaubt in Prag kaum ein politischer Beobachter. Viel wahrscheinlicher ist die Variante, dass die Tschechen bemüht sind, in der EU nicht allzu sehr aufzufallen, um sich nicht den Weg für einen heimlichen Deal mit Russland zu verbauen.
Tschechien leidet wie alle osteuropäischen Staaten unter den EU-Sanktionen und blickt neidisch auf Griechenland, dass sich durch Tsipras' Schachzug offenbar Ausnahmen bei den Sanktionen sichern konnte. In Prag wollte man mit dem Zurückpfeifen Zemans verhindern, dass die Amerikaner noch massivere Loyalitätsbekundungen von den Tschechen erwarten - und zwar dort, wo es wirklich wehtut, nämlich bei möglichen Schlupflöchern aus dem Sanktions-Käfig. Daher habe man sich entschlossen, den "unbedeutenden" Zeman auflaufen zu lassen, um Spielräume in der von den Tschechen traditionell gut beherrschten Hinterzimmer-Politik zu gewinnen.