Beim Industriekonzern Siemens ist der Umsatz auf dem russischen Markt infolge der westlichen Wirtschaftssanktionen um rund 50 Prozent eingebrochen. Vorstandschef Joe Kaeser sagte der Zeitung Bild am Sonntag: «Das Russland-Geschäft ist allgemein stark eingebrochen, unseres ist etwa um die Hälfte zurückgegangen.» Dennoch werde man die Sanktionen weiter unterstützen. «Wir folgen dem Primat der Politik. Daran halten wir uns, und das habe ich immer deutlich gemacht. Aber auch, dass es besser ist, miteinander statt übereinander zu reden.» Siemens ist traditionell stark engagiert in Russland und kommt dort auf einen Milliarden-Jahresumsatz.
Kaesers auf den ersten Blick seltsam anmutende Unterwerfung unter die Politik ist bei genauerem Hinsehen ein geschickter Schachzug seiner Kommunikationsabteilung: Kaeser war vor einem Jahr von den von den Zwangsgebühren der öffentlich-rechtlichen Sender krisenfrei finanzierten Inquisitoren geprügelt worden, weil er es gewagt hatte, einen lange geplanten Besuch in Moskau nicht abzusagen. Vor allem der ZDF-Mann Claus Kleber hatte versucht, Kaeser in einem beispiellos überheblichen Interview vorzuführen (siehe Video am Anfang des Artikels). Das will sich Kaeser offenbar nicht mehr antun - und lässt einfach die Fakten sprechen. Er dürfte dabei dem Kalkül folgen, dass die Fakten so eindeutig sind, dass das ZDF auf ein erneutes, unqualifiziertes Interview verzichten werde.
Kaeser hatte im übrigen den Spruch mit dem Primat der Politik schon in der Sendung mit Kleber gebracht, fand aber keine Gnade vor dem Moderator. Kaeser war es trotzdem gelungen, den Anwürfen und Unterstellungen ruhig und souverän zu begegnen.