Politik

Griechenland: Ein verschuldetes Jahrhundert

Lesezeit: 2 min
14.08.2015 00:10
Die griechische Verschuldung ist untragbar für das Land geworden. Allein dieses Jahr sind rund 38 Milliarden Euro fällig. Gezahlt werden muss mindestens bis ins Jahr 2057. Bei diesen Berechnungen ist das dritte Kreditpaket noch nicht einmal eingerechnet.
Griechenland: Ein verschuldetes Jahrhundert
Aufstellung der griechischen Schulden. (Quelle: PDMA)

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Offenbar steht die Grundsatzverständigung für Griechenland über ein neues Kreditprogramm von bis zu 86 Milliarden Euro. In den nächsten drei Jahren sollen die Finanzierung des Landes respektive die Schuldenrückzahlungen in diesem Zeitraum gesichert sein. Der IWF will bei der Finanzierung jedoch zunächst außen vor bleiben und erst im Oktober nach seiner Schuldentragfähigkeitsanalyse über eine weitere Teilnahme an dem neuen Kreditpaket entscheiden. Bisher hatte die Bundesregierung stets eine Beteiligung des IWF zur Bedingung für Finanzhilfen aus dem ESM gemacht.

Inzwischen wurde bekannt, dass Athen in 2015 ein Primärsaldo – also ein Minus –von 0,25 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erreichen soll, da die Wirtschaft erneut in die Rezession geraten ist. Im Jahr 2016 soll der Primärüberschuss (ohne Schuldendienst) 0,5 Prozent des BIP betragen und in den folgenden zwei Jahren 1,75 bzw. 3,5 Prozent.

Die griechische Regierung rechnet bei Abschluss der Verhandlungen und nach Bewilligung durch das griechische sowie anderer nationaler Parlamente in der Eurozone mit einer Vorabzahlung von 25 Milliarden Euro aus dem ESM. Davon sollen mit 10 Milliarden Euro auch die Banken kurzfristig gestützt werden. Die Zahlungen werden jedoch – ähnlich wie beim ersten und zweiten Kreditpaket – jeweils nach Überprüfungen von Reform-Umsetzungen und Privatisierungen von Staatseigentum in Tranchen ausgezahlt. Doch der Preis für Griechenland ist hoch: Zwei Jahre Rezession werden die Arbeitslosigkeit und Armut weiter verschärfen.

Dazu kommt, dass sich der Schuldenberg Griechenlands als untragbar herausstellt. Die griechische Geschäftsbank Eurobank veröffentlichte unlängst eine Übersicht über die langfristigen Zahlungsverpflichtungen Griechenlands (Stand Mai 2015).

Erläuterung:

- T-Bills: kurzlaufende Staatsanleihen zwischen drei und sechs Monaten.

- NCBs: Non-Concessional Borrowing. Es gibt zwei Kategorien der offiziellen Staatsschulden: diejenigen gehalten durch die EZB und die nationalen Zentralbanken des Eurosystems selbst: SMP (Staatsanleihen-Ankaufprogramm der EZB zwischen Mai 2010 und September 2012) und durch die einzelnen nationalen Zentralbanken auf eigene Rechnung (ANFA)

- ECB SMP: EZB SMP (Securities Markets Programme; siehe oben)

- Bonds: Staatsanleihen

- BoG loans: Darlehen der griechischen Zentralbank – Bank of Greece

- EIB: Darlehen der Europäischen Investitionsbank

- Other international loans: Andere internationale Darlehen

- EFSF loans: EFSF-Kredite

- GLF loans: Kredite aus dem 1. Bail-out

- IMF loans: IWF-Kredite

- Repos: Wertpapieranleihen bzw. Rückkaufvereinbarungen; kurzfristige Finanzierungsinstrumente

Wie aus der Tabelle ersichtlich ist, fallen im Jahr 2015 die höchsten Rückzahlungen an, nämlich mit einem Gesamtvolumen von rund 38,3 Milliarden Euro.

Die Rückzahlungen aus dem ersten Kreditpaket beginnen mit dem Jahr 2020 mit einem Umfang von etwa 53 Milliarden Euro; die EFSF-Rückzahlungen werden ab 2023 bis 2054 fällig in einem Volumen von rund 131 Milliarden Euro. In 2024 wären demnach die Rückzahlungen an den IWF abgeschlossen; an die EZB (SMP) bis 2026 bzw. 2030/2037. Zahlungen an die EZB resp. ANSA bis 2026 bzw. 2030.

Insgesamt beträgt das Volumen der griechischen Schulden 312,665 Milliarden Euro und ist identisch mit der Feststellung der griechische Schuldenmanagement-Agentur PDMA: Schulden der Zentralregierung (Level of Central Government Debt) 312,7 Milliarden Euro. Stand: 31.März 2015.

Darin enthalten sind jedoch nicht die 7,16 Milliarden Euro Brückenfinanzierung vom Juli 2015 sowie die neu kalkulierten 86 Milliarden Euro aus dem ESM (und möglicherweise IWF) des dritten Kreditpakets.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Deutsche müssen über Abschiebungen diskutieren - mit aller Vorsicht
26.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Tourismus-Branche: „In Hotellerie und Gastgewerbe ist noch nichts wieder in Ordnung“
26.04.2024

Die deutsche Tourismus-Branche, also Hotellerie und Gastronomie, firmiert neuerdings unter dem neuen Sammelbegriff „Gastwelt“ - auch um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bürokratieabbau: Ministerin fordert mehr Widerstandsfähigkeit und Effizienz
26.04.2024

Rheinland-Pfalz ist ein mittelständisch geprägtes Land. Gerade kleinere Betriebe hadern mit zu viel bürokratischem Aufwand.

DWN
Politik
Politik Hybride Bedrohungen: Drohnen-Flüge und psychologische Kriegsführung
26.04.2024

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat eindringlich vor hybriden Bedrohungen in Deutschland gewarnt. Gegen den Einsatz von...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Gallup-Studie: Globale Führungsbewertung 2024 - wie Deutschland unter Großmächten abschneidet
26.04.2024

Die Gallup-Studie 2024 zeigt die Stabilität und Herausforderungen in der globalen Führungsbewertung für Länder wie USA, Deutschland,...

DWN
Politik
Politik Habeck kontert Kritiker: „Energiekrise gemeistert und Strompreise gesenkt“
26.04.2024

Nach Kritik an Atomausstieg: Habeck und Lemke bestätigen, die Energieversorgung sei gesichert und nukleare Sicherheit gewährleistet.

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wie sich Deutschland im internationalen Rennen positioniert
26.04.2024

Die Deutsche Industrie macht Tempo bei der KI-Entwicklung. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Deutschen Patent- und...

DWN
Immobilien
Immobilien Commerzbank-Studie: Immobilienpreise könnten weiter fallen
26.04.2024

Deutsche Wohnimmobilien verlieren weiter an Wert. Die Commerzbank sieht ein Abwärtspotenzial von 5 bis 10 Prozent, abhängig von...