Politik

Bundesbank fordert Ausstieg aus der lockeren Geld-Politik

Lesezeit: 1 min
08.11.2015 23:31
Bundesbank-Präsident Jens Weidmann sieht keine Notwendigkeit für die EZB, weiter billiges Geld in die Märkte zu pumpen. Die Inflation sei wegen des Ölpreis-Verfalls so niedrig, die Preise steigen bereits wieder. Die Zentralbanken sollten aus der lockeren Geldpolitik aussteigen, um sich nicht zu Gefangenen der Politik zu machen.
Bundesbank fordert Ausstieg aus der lockeren Geld-Politik

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hat vor zunehmenden Gefahren der großen Geldflut im Euro-Raum gewarnt. Die Wirksamkeit der ultralockeren Geldpolitik nehme mit der Zeit ab, gleichzeitig würden Risiken und Nebenwirkungen wachsen, sagte Weidmann dem Tagesspiegel. „Hier denke ich zum Beispiel an Übertreibungen auf den Finanzmärkten und an die Probleme für Lebensversicherungen.“ Einer möglichen Ausweitung der Geldflut zur Bekämpfung der nach Sicht der Europäischen Zentralbank (EZB) gefährlich niedrigen Inflation steht der Bundesbank-Präsident skeptisch gegenüber.

Die EZB will im Dezember über eine Ausweitung ihres bereits auf über eine Billion Euro angelegten Anleihenkaufprogramms entscheiden. Dann werden dem Währungshüter neue Inflations- und Konjunkturprognosen ihrer Stäbe vorliegen. EZB-Präsident Mario Draghi hatte mehrfach betont, wenn nötig werde die EZB alle zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen, um die Inflation zu bekämpfen. Im Oktober waren die Preise in der Euro-Zone stagniert – im September waren sie sogar um 0,1 Prozent gefallen. Die EZB strebt aber mittelfristig knapp unter zwei Prozent Inflation an, was sie als optimal für die Wirtschaft erachtet. Fallen Preise hingegen auf breiter Front, kann das eine Wirtschaft auf Jahre lähmen.

Doch Bundesbank-Präsident Weidmann sieht in der Mini-Inflation vor allem eine Folge der sehr niedrigen Ölpreise. Insofern sei sie ein vorübergehendes Phänomen. „Hinzu kommt, dass im Euro-Raum die günstiger importierte Energie die Kaufkraft von Unternehmen und Verbrauchern stärkt. Die Firmen können mehr investieren, die Konsumenten mehr kaufen, das stützt bereits die Nachfrage,“ sagte er der Zeitung. Würden Elemente wie die Energiepreise herausgerechnet, liege die Inflation bei einem Prozent. „Und mittelfristig steigen die Preise wieder stärker, wie alle derzeit vorliegenden Prognosen zeigen.“

Die Notenbanken dürften nicht zum Gefangenen der Politik werden, warnte Weidmann: „Wir Notenbanker müssen aus der expansiven Geldpolitik aussteigen können, wenn der Zeitpunkt gekommen ist.“ Dies gelte auch dann, wenn sich die Politik daran störe, weil dadurch die Zinslasten für die Staatsschulden zunehmen. Mit EZB-Chef Draghi stimme er überein, dass zur Bewältigung der Krise vor allem Strukturreformen in den betroffenen Ländern notwendig seien. „Denn es geht ja nicht nur um konjunkturelle Probleme, sondern um Fehlentwicklungen und Übertreibungen, auch im Finanzsektor.“


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Deutsche müssen über Abschiebungen diskutieren - mit aller Vorsicht
26.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Tourismus-Branche: „In Hotellerie und Gastgewerbe ist noch nichts wieder in Ordnung“
26.04.2024

Die deutsche Tourismus-Branche, also Hotellerie und Gastronomie, firmiert neuerdings unter dem neuen Sammelbegriff „Gastwelt“ - auch um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bürokratieabbau: Ministerin fordert mehr Widerstandsfähigkeit und Effizienz
26.04.2024

Rheinland-Pfalz ist ein mittelständisch geprägtes Land. Gerade kleinere Betriebe hadern mit zu viel bürokratischem Aufwand.

DWN
Politik
Politik Hybride Bedrohungen: Drohnen-Flüge und psychologische Kriegsführung
26.04.2024

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat eindringlich vor hybriden Bedrohungen in Deutschland gewarnt. Gegen den Einsatz von...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Gallup-Studie: Globale Führungsbewertung 2024 - wie Deutschland unter Großmächten abschneidet
26.04.2024

Die Gallup-Studie 2024 zeigt die Stabilität und Herausforderungen in der globalen Führungsbewertung für Länder wie USA, Deutschland,...

DWN
Politik
Politik Habeck kontert Kritiker: „Energiekrise gemeistert und Strompreise gesenkt“
26.04.2024

Nach Kritik an Atomausstieg: Habeck und Lemke bestätigen, die Energieversorgung sei gesichert und nukleare Sicherheit gewährleistet.

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wie sich Deutschland im internationalen Rennen positioniert
26.04.2024

Die Deutsche Industrie macht Tempo bei der KI-Entwicklung. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Deutschen Patent- und...

DWN
Immobilien
Immobilien Commerzbank-Studie: Immobilienpreise könnten weiter fallen
26.04.2024

Deutsche Wohnimmobilien verlieren weiter an Wert. Die Commerzbank sieht ein Abwärtspotenzial von 5 bis 10 Prozent, abhängig von...