«Magyar Nemzet» (Budapest):
«Auf durchdachte, besonnene, zugleich aber auch an Ressourcen nicht sparende und entschlossene Weise muss jetzt überall in Syrien, im Irak und Libyen gegen die vom IS okkupierten Gebiete und Hochburgen vorgegangen werden. Der amöbenartigen Terrormiliz darf kein Hinterland gelassen werden (...) Europa darf dabei nur solche Akteure unterstützen, die das Potenzial haben, (auf den betreffenden Gebieten) eine akzeptable Staatlichkeit wiederherzustellen. Der Gedanke, dass man mit irgendwelchen fälschlicherweise als "gemäßigt" bezeichneten extremistischen Gruppen eine Demokratie schaffen könnte, ist zu verwerfen. Die Illusion, dass nur die USA, die diese Gruppen protegieren, und ihre regionalen Vasallen nützliche Partner sein können, ist zu begraben. Vielmehr muss man - und jetzt bitte tief durchatmen! - die Türkei, den Iran und Russland als Partner zu gewinnen suchen.»
«Moskowski Komsomolez» (Moskau):
«Schon seit zwei Jahrzehnten ist der Terror praktisch ein Bestandteil des alltäglichen Lebens. Und er hat beweisen, dass er den Lauf der Geschichte ändern kann. Längst ist klar, dass die Behauptung, dass Extremisten leicht zu besiegen seien, ein Selbstbetrug ist. Jetzt ist die Zeit gekommen, mit diesen Märchen Schluss zu machen und ernsthaft darüber nachzudenken, wie die Welt vor diesem Wahnsinn besser geschützt werden kann - ohne die eigene Freiheit aufzugeben. Auch wenn die Versuchung aus verständlichen Gründen groß ist, Verluste zu dramatisieren und jeden Angriff als historische Wende darzustellen: Der Kampf gegen den Terror braucht vor allem Rationalität.»
«Nowaja Gaseta» (Moskau):
«Wenn es die Tragödie von Paris nicht gegeben hätte, hätten uns die Behörden wahrscheinlich noch länger an der Nase herumgeführt. Jetzt war die Situation günstig, einen Terroranschlag einzugestehen, weil niemand mehr den Absturz des Flugzeugs mit dem Vorgehen russischer Streitkräfte in Syrien und deren Folgen verbindet. Auch im Kontext der G20-Agenda macht die verspätete Einstufung als Terroropfer Russland automatisch zu einem der westlichen, zivilisierten Länder und Mitstreiter, die in gemeinsamer Front gegen die neue Barbarei vorgehen. Wer wird es noch wagen, unsere Außenpolitik zu kritisieren, wenn wir doch gegen den Islamischen Staat kämpfen?»
«Le Monde» (Paris):
«Mit Russland gegen den Islamischen Staat (IS) vorzugehen, bietet Frankreich bessere Chancen auf einen wirksamen Kampf gegen diesen Feind, der jetzt klar als Priorität identifiziert wurde. (Präsident) François Hollande hat auf die Vernunft und die Argumente derjenigen gehört, die für diese Wende plädiert haben – und das sind nicht nur französische Bewunderer des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Das Schicksal des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad, das Russen und Westler spaltet, wird Thema dieser "großen Koalition" sein, sollte sie jemals zustande kommen. Dabei sollte der Westen als Gegenleistung für russische Unterstützung gegen (die Terrormiliz) IS keinesfalls seine Grundsätze opfern, die seine Unterstützung für die Ukraine begründet haben.»
«Nordwest-Zeitung» (Oldenburg):
Frankreichs Präsident François Hollande braucht in Syrien militärische Hilfe. Bei den EU-Partnern wie bei den USA ist die Bereitschaft dazu begrenzt. Russland hingegen ist bereits mit vollem Einsatz in den glühenden Hexenkessel Syrien gesprungen. Es ist daher nur logisch, dass die Generalstäbe in Moskau und Paris engeren Kontakt suchen. Zu hoffen steht, dass nun auch andere Mächte zur Realpolitik zurückkehren, denn ohne Moskau wird es schlicht keine Lösungen für Syrien geben. Dabei ist das «Wie» eine Frage von Verhandlungen und Preisen. Wladimir Putin pflegt nämlich keine Liebesbeziehung mit dem syrischen Präsidenten Assad. Im Zweifel, wenn der Preis stimmt, wird er ihn eiskalt fallen lassen.
«Sächsische Zeitung» (Dresden):
Wladimir Putin darf sicher sein, leistet er seinen Teil in Syrien, wird man ihn auch aus der Isolation entlassen. Ukraine hin oder her. Putins Versteher im Westen stehen schon in Klatschpose bereit. Am Ende wird ihm noch die Rettung der abendländischen Zivilisation gutgeschrieben, was bislang nur die Putin-Schmeichlerchöre im Kreml wagten. Dies bedeutet jedoch, Russland wird über Assad nicht mehr verhandeln.
«Stuttgarter Zeitung»:
Russland scheint bereit, andere Risiken einzugehen. Die Anzeichen dafür, dass der Kreml auch Bodentruppen nach Syrien schickt, nehmen zu. Das ist militärisch riskant und politisch gefährlich. Wenn sich Putin gleichwohl dazu entschließt, dann macht er das sicher nicht, um für den Westen die Kastanien aus dem Feuer zu holen. Der Verbleib des Verbündeten Assad im Präsidentenamt ist auch kein ausreichender Grund, im Vergleich mit dem Risiko, dass Bilder mit den Särgen gefallener Soldaten in Russland gesendet werden. Wenn Putin dieses Risiko eingeht, dann wird er dafür eine Gegenleistung verlangen - das Ende der Sanktionen. Der neue Bündnispartner Frankreich gehört zu den europäischen Ländern, die diesem Ansinnen am Offensten gegenüberstehen.
«Frankfurter Allgemeine Zeitung»:
Es sind in den vergangenen Tagen viele Appelle ergangen, international die Reihen im Kampf gegen den islamistischen Terrorismus zu schließen. Das ist im Prinzip nicht unmöglich, schließlich sind die Bürger vieler Länder Opfer dieser Gewalt geworden. Aber diese gemeinsame Erfahrung reicht offenbar noch nicht, sich gegen geopolitische Interessen und politische Überzeugungen durchzusetzen. Frankreich und Russland nähern sich zwar einander an und koordinieren schon ihre Militäreinsätze gegen den IS. Aber der militärischen Zusammenarbeit zwischen den Vereinigten Staaten und Russland steht vor allem der Diktator Assad im Wege (...). Eine Zukunft mit Assad kann es für Syrien nicht geben. Ein Syrien, in dem der Tumor des IS wuchert, dessen Metastasen bis nach Europa reichen, hat allerdings auch keine.