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Hungrige Bakterien sollen Schmutzwasser säubern

Ausgehungerte Bakterien sollen künftig bei der Wasseraufbereitung helfen. Australische Wissenschaftler wollen mithilfe der Mikroorganismen ein altbekanntes Verfahren noch ökologischer machen. Mit ihrer Methode wird die Aufbereitung von Schmutz- zu Trinkwasser energiesparender und umweltverträglicher.
14.01.2016 10:36
Lesezeit: 2 min

An vielen Orten auf der Welt ist sauberes Wasser sehr knapp. Auch deshalb ist ein funktionierender Wasserkreislauf unerlässlich, in dem schmutziges Wasser gereinigt und wieder zu sauberem Trinkwasser wird. Doch der Prozess der Wasserreinigung ist sehr aufwändig und teuer und verbraucht viel Energie. Zudem wird auch viel CO2 freigesetzt. Neuerungen in diesem Gebiet müssen also Effizienz, Umweltverträglichkeit und einen niedrigen Energieverbrauch unter einem Dach vereinen.

Im Forschungsmagazin Phys.org  wurde nun eine Methode vorgestellt, die alle Anforderungen erfüllen soll. Raphael Flavigny, ein Doktorand der Murdoch Universität im australischen Perth, hat ein Verfahren vorgestellt, das große Energieeinsparungen ermöglichen soll.

Normalerweise, erklärt Flavigny, muss Schmutzwasser mit großen Mengen an Sauerstoff versetzt werden. Dadurch werden Bakterien aktiviert, die Kohlenstoff und andere Schmutzpartikel im Wasser vertilgen. Dafür werden große Mengen Sauerstoff in den Klärschlamm gepumpt, quasi wie bei einem Whirlpool.

In Flavignys neuem Verfahren werden sogenannte Polyhydroxyalkanoate (PHA) eingesetzt. PHA sind natürlich vorkommende wasserunlösliche Stoffe. Sie werden von vielen Bakterien als Reservestoffe für Energie und Kohlenstoffe genutzt. Man könnte PHA also auch als die Fette der Bakterien bezeichnen. PHA sind natürlich abbaubar und werden schon seit einiger Zeit in der Industrie eingesetzt.

Wie Flavigny gesteht, ist die Technik selbst nicht gänzlich neu. Mit der Hilfe von PHA werden umweltverträgliche Biokunststoffe aus natürlicher Biomasse hergestellt. Flavigny jedoch hatte die Idee, das Verfahren auch zu anderen Zwecken zu nutzen. Biokunststoffe werden immer öfter als Alternativen zu herkömmlichen Kunststoffprodukten genutzt, die biologisch nicht abbaubar sind und große Umweltschädigungen mit sich bringen.

Forscher setzten einige spezielle hungrige Bakterien, die große Mengen PHA anhäufen können, testweise in sauerstoffarmem Schmutzwasser ein. Dabei zeigte sich, dass die Bakterien Schmutzpartikel auch in einer sauerstoffarmen Umgebung absorbieren können. Die Verdauung der aufgenommenen Kohlenstoffs erfolgt, sobald den Bakterien wieder genügend Sauerstoff zur Verfügung steht.

Das aufwändige Versetzen des Klärschlamms mit Sauerstoff entfällt hierbei. Der natürliche Sauerstoffgehalt der Luft reicht den Bakterien aus, um die aufgenommenen und gespeicherten Stoffe dann zu verdauen. „Es ist ein bisschen wie bei der Lunge – der Sauerstoff kommt in die Lunge und gerät in Kontakt mit den Blutgefäßen des Körpers, welcher den Sauerstoff in die Blutgefäße transferiert.“

Die Tests wurden in den Laboren der Murdoch Universität durchgeführt. In einem luftdichten Testreaktor setzte man künstliches Schmutzwasser zwei Stunden lang den PHA aus. Danach wird etwas Luft in den Testbehälter gelassen, woraufhin die Bakterien ihre Arbeit verrichten können. Als Nebenprodukt erhält man umweltverträglichen Biokunststoff, der aus den herausgefilterten Kohlenstoffen besteht.

Den Forschern geht es jedoch nicht darum, mehr Kunststoff zu produzieren. Allerdings möchten sie die Bakterien für das nutzen, wozu diese in der Lage sind. Und das heißt in diesem Fall, verschmutztes Wasser zu reinigen und den dafür nötigen Sauerstoff bereitzustellen, ohne Luftblasen in das Klärwasser zu pumpen. „Wir betrachten unseren aktuellen Wissensstand aus einem anderen Licht, um es effizienter zu nutzen, das ist die Innovation darin.“

Flavigny ergänzt aber, dass seine Technik nicht für jedes Schmutzwasser geeignet ist, zumindest nicht ohne ergänzende Methoden. Mit der PHA-Methode lassen sich lediglich Kohlenstoffe aus dem Wasser filtern. Andere Stoffe wie Nitrate und Phosphate könne man so nicht aus dem Wasser bekommen. In Perth jedoch, wo das Verfahren entwickelt wurde sind viele Brauereien heimisch. Deren Abwässer sind häufig mit großen Mengen Kohlenstoff verschmutzt, welche sich nun effizienter entfernen lassen.

***

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