Zehntausende Menschen haben in London gegen die geplante Erneuerung des britischen Atomwaffenarsenals demonstriert. Der Chef der oppositionellen Labour-Partei, Jeremy Corbyn, sagte auf dem Trafalgar Square vor den Demonstranten, er sei stolz, an der "größten Anti-Atomwaffen-Demonstration einer Generation" teilzunehmen. Corbyn ist seit langem ein entschiedener Gegner von Atomwaffen. Vor allem vom Establishment in London hat ihm diese Haltung viel Spott eingetragen. Corbyn ist auch gegen eine britische Beteiligung im Krieg um Syrien, hat sich mit dieser Position in seiner Partei aber nicht durchsetzen können. In dieser Hinsicht ist die überraschend hohe Teilnehmerzahl ein Erfolg für den Oppositionsführer.
Die Kampagne für Nukleare Abrüstung (CND) teilte mit, an der Kundgebung hätten sich 60.000 Menschen aus ganz Großbritannien beteiligt. Die Polizei wollte sich nicht zur Teilnehmerzahl äußern. Reporter der Nachrichtenagentur AFP schätzten eine Teilnehmerzahl im unteren fünfstelligen Bereich.
Corbyn, der der CND angehört, seit er 16 Jahre alt ist, sagte vor der Menge: "Wenn ein Atomkrieg stattfinden würde, würde es Massenvernichtung auf beiden Seiten des Konflikts geben. Jeder sollte an die humanitären Auswirkungen auf die Menschen in aller Welt denken, wenn sie (die Atomwaffen) jemals benutzt würden."
An der Kundgebung nahm auch die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon von der Schottischen Nationalpartei (SNP) teil. Sie brandmarkte das Trident-Waffensystem als "unmoralisch". Der Demonstrant Owen Black sagte AFP, Atomwaffen seien "überholt". "Wir werfen buchstäblich Geld für diese Spielzeuge zum Fenster raus", kritisierte der Londoner.
Die britische Marine hat derzeit vier der mit Atomraketen bestückten Trident-U-Boote im Westen Schottlands stationiert. Mindestens eines davon ist 24 Stunden am Tag in den Weltmeeren auf Patrouille. Die Regierung will die veralteten Trident-U-Boote durch sogenannte Successor-U-Boote austauschen, die Anfang der 2030er Jahre in Betrieb gehen sollen. Eine Entscheidung über das 31 Milliarden Pfund (39 Milliarden Euro) teure Projekt soll im Laufe des Jahres fallen.
Die konservative britische Regierung von Premierminister David Cameron ist dafür, da das Waffensystem für Großbritanniens Sicherheit entscheidend sei. "Jetzt abzurüsten wäre ein wagemutiges Spiel mit unserer nationalen Sicherheit, das unseren Feinden in die Hände spielen würde", erklärte der Staatssekretär im britischen Verteidigungsministerium, Philip Dunne, kurz vor der Demonstration.
Die Labour-Partei ist in der Frage tief gespalten. Vertreter des linken Flügels wie Corbyn wollen die Atomwaffen-U-Boote ganz abschaffen, andere sind dagegen.