Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat die ultralockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) kritisiert. „Man kann nicht bestreiten, dass die Auswirkungen der Geldpolitik in Deutschland zunehmend euroskeptische Bestrebungen nähren in einem wachsendem Teil der Bevölkerung“, sagte Schäuble am Dienstagabend auf einer Veranstaltung der Universität Basel. Die Währungshüter in Frankfurt stünden vor dem Problem, eine Entscheidung für 19 Euro-Länder treffen zu müssen.
Schäuble drückt sich noch diplomatisch aus: Die einheitliche Geldpolitik wirke sich auf Deutschland weniger günstig aus, als auf andere Staaten. Vor allem in der älteren Bevölkerung stießen die niedrigen Zinsen auf Ablehnung – trotz der niedrigen Inflation. „Preisstabilität kann nicht bei null sein, sondern muss bei zwei Prozent sein. Wenn es nicht ein bisschen mehr wird, wird es in der Wahrnehmung weniger“, sagte Schäuble.
Die EZB hatte Anfang März den Leitzins auf 0,00 Prozent gesenkt, den Strafzins für Banken verschärft und die monatlichen Anleihenkäufe aufgestockt. Vor allem die Lebensversicherer können mit diesem Zinssatz nicht mehr wirtschaften, womit die Renten bedroht sind. Die Versicherungsbranche schickt seit Monaten Warnungen und Hilferufe an die Bundesregierung. Bisher hat sich Schäuble immer auf die Position zurückgezogen, dass die EZB unabhängig sei. Doch die EZB schadet den deutschen Sparern. Die gravierenden und absehbaren Folgen dieser Entwicklung scheinen nun auch Schäuble zu beunruhigen.
Tatsächlich ist die EZB-Politik eine immense Gefahr für die Lebensversicherer – und damit für die Renten der Deutschen. Denn diese beruhen auf einem Garantieversprechen an die Kunden, welches die Versicherer bei den derzeitigen Zinsen nicht einhalten können. Die Diskussion wird von der Bundesregierung faktisch nicht geführt, weil man befürchtet, dass die Erkenntnis der Realität zu einer gewissen Verunsicherung bei den Rentnern und den Sparern führen könnte.
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