Politik

Gazprom muss wegen Rohstoff-Krise harte Einschnitte vornehmen

Der größte Gaskonzern der Welt, Gazprom, leidet stärker unter den niedrigen Preisen für Erdgas als bislang angenommen. Analysten gehen davon aus, dass das Unternehmen künftig neue Projekte abbrechen oder seine Verschuldung massiv erhöhen muss.
23.05.2016 00:33
Lesezeit: 1 min

Der russische Gaskonzern Gazprom bekommt die niedrigen Preise für Erdgas zu spüren. Wie Financial Times berichtet, wird das Unternehmen entweder neue Projekte stilllegen oder seine Gesamtverschuldung deutlich erhöhen müssen. In Rubeln gerechnet fiel der Betriebsgewinn im vergangenen Jahr um rund 6 Prozent. Von Financial Times zitierte Beobachter gehen sogar davon aus, dass die Einkünfte Gazproms im laufenden Jahr unter den Ausgaben liegen könnten.

Die Preise für Erdgas liegen ebenso wie die Ölpreise seit Monaten auf ungewohnt niedrigem Niveau. Auf dem Spotmarkt hat sich der Preis für Erdgas zur Lieferung in Europa – Gazproms wichtigstem Markt – in den vergangenen beiden Jahren etwa halbiert. Zudem etabliert sich in Analogie zum Ölmarkt eine junge Konkurrenzindustrie in den USA, die auf den europäischen Markt drängt und Gazprom dadurch Marktanteile abnehmen dürfte. Das Unternehmen rechnet damit, dass die Exportpreise in diesem Jahr durchschnittlich 200 Dollar pro tausend Kubikmeter Gas betragen wird. Im Jahr 2014 lagen diese noch bei etwa 350 Dollar.

Die tiefen Preise für Erdgas sind nicht das einzige Problem des Gaskonzerns. Auf dem Heimatmarkt steigt der politische Druck – zuletzt forderten Konkurrenten die Aufspaltung des Unternehmens. Die Marktkapitalisierung ist gemessen in Dollar seit 2008 um über 80 Prozent gesunken. Anfang des Jahres übernahm der rivalisierende Ölkonzern Rosneft sogar kurzfristig den Titel als Russlands wertvollstes Unternehmen.

„Gazprom hatte sich daran gewöhnt, nach der kommunistischen Vorstellung zu leben, dass alles im Überfluss vorhanden sei. Sie mussten noch nie ein richtiges Defizit verkraften. Sie konnten sich alles leisten. Schon bald müssen sie alles noch einmal überdenken“, wird ein Moskauer Investmentbanker von Financial Times zitiert.

Gazprom beginnt bereits, seine Projekte nach Wichtigkeit zu ordnen und Einsparpotentiale zu analysieren. So sollen dieses Jahr beispielsweise nur 400 statt 800 Kilometer einer Gaspipeline nach China fertiggestellt werden. Als Ergänzung beziehungsweise Alternative zu den Kosteneinsparungen bieten sich außerdem eine höhere Neuverschuldung an. Der Netto-Verschuldungsgrad beträgt Financial Times zufolge derzeit bei nur 0,9 Prozent der Einnahmen. Analysten der Sberbank gehen davon aus, dass sich die Schulden des Unternehmens in den kommenden drei bis vier Jahren verdoppeln könnten.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

DWN
Panorama
Panorama Joe Chialo: Olaf Scholz soll ihn "Hofnarren" genannt haben - und erntet Shit-Storm
12.02.2025

Bei einer privaten Veranstaltung in Berlin soll Bundeskanzler Scholz Berlins Kultursenator Joe Chialo laut einem Bericht von FOCUS...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Commerzbank-Stellenabbau: Tausende Arbeitsplätze in Gefahr - wegen Unicredit-Übernahme?
12.02.2025

Die Commerzbank steht vor einem drastischen Stellenabbau. Wie die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Insider berichtet, könnten...

DWN
Politik
Politik Österreich: FPÖ und ÖVP scheitern bei Koalitionsverhandlungen - Neuwahlen möglich
12.02.2025

Die Koalitionsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP in Österreich sind geplatzt. Beide Parteien konnten in zentralen außen- und...

DWN
Politik
Politik Söder will Atomkraftwerke in ganz Deutschland reaktivieren
12.02.2025

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder fordert eine Rückkehr Deutschlands zur Atomkraft. Konkret nannte er die Wiederinbetriebnahme der...

DWN
Technologie
Technologie Von wegen Mobilitätswende: Autohersteller verkaufen mehrheitlich Verbrenner
12.02.2025

Europas Automobilindustrie verkaufte 2024 laut einer Studie mehrheitlich Benziner - im Vergleich zum Vorjahr stiegen sogar die...

DWN
Politik
Politik Weidel zu Besuch bei Viktor Orban: „Werden Pfad von Ungarn folgen“
12.02.2025

AfD-Chefin Alice Weidel hat sich bei ihrem Ungarn-Besuch lobend über Viktor Orban geäußert. Das Land bezeichnete sie als „Vorbild“...

DWN
Immobilien
Immobilien Eigenbedarfskündigung abwehren: Wenn Vermieter Mieter kündigen wegen Eigenbedarf - was ist zu beachten?
12.02.2025

Plötzlich liegt die Eigenbedarfskündigung im Briefkasten. Für Mieter ein großer Schock. Doch auch für Eigentümer ist der Prozess mit...

DWN
Panorama
Panorama Flugverkehr: Ukraine-Krieg verursacht Millionen Tonnen CO2
12.02.2025

Der Ukraine-Krieg zwingt Airlines zu längeren Flugrouten, was den Treibstoffverbrauch erhöht und die CO2-Emissionen steigen lässt. Die...