Politik

Nach dem Anschlag: Bangladesch zwischen China und den USA

Lesezeit: 2 min
03.07.2016 01:59
Der Anschlag in Bangladesch triff das Land in einer schwierigen geopolitischen Lage: Die Regierung kooperiert vor allem militärisch eng mit China - sehr zu Missfallen der USA. Angeblich soll sich der IS zum Anschlag bekannt haben. Tatsächlich herrscht völlige Unklarheit über Täter und Hintermänner.
Nach dem Anschlag: Bangladesch zwischen China und den USA

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Terroristen haben ein Restaurant in Bangladeschs Hauptstadt Dhaka überfallen und 20 Ausländer getötet. Die schwer Bewaffneten stürmten mit "Allahu Akbar"-Rufen in das Restaurant im Diplomatenviertel und nahmen die Besucher und Mitarbeiter am Freitagabend als Geiseln. Zwölf Stunden später stürmte ein Sondereinsatzkommando mit mehr als 100 Mann das Gebäude und tötete in einem heftigen Schusswechsel sechs der Angreifer. Ein weiterer Attentäter konnte nach Angaben von Ministerpräsidentin Scheich Hasina lebend gefasst werden. Die Regierung in Dhaka verhängte eine zweitägige Staatstrauer. Zu dem Überfall soll sich der Islamische Staat (IS) bekannt haben. Reuters berichtet, der IS habe Fotos ins Internet gestellt, die Leichen getöteter Ausländer in dem Cafe zeigen sollten. Ihre Echtheit konnte aber nicht geprüft werden. Hasina sprach ausdrücklich nicht vom IS als Täter.

Laut Hasina wurden bei der Befreiungsaktion 13 Geiseln gerettet, darunter ein Japaner und zwei Bürger Sri Lankas. Sie machte keine Angaben zur Nationalität der getöteten Ausländer. Der italienische Außenminister Paolo Gentiloni sagte, es seien neun Italiener getötet worden. Das Schicksal eines weiteren italienischen Staatsbürgers sei noch ungeklärt. In Tokio sagte ein Regierungssprecher, sieben Japaner seien ums Leben gekommen. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes in Berlin gibt es keine Hinweise darauf, dass Deutsche getötet oder verletzt wurden.

Die meisten Geiseln seien kaltblütig getötet worden, als sich acht oder neun Schützen Zugang zum Restaurant verschafften, sagte Brigadegeneral Naim Asraf Chowdhury. Die Attentäter lieferten sich Polizeiangaben zufolge immer wieder Schusswechsel mit Sicherheitskräften vor dem Gebäude und bewarfen sie mit Sprengsätzen. Dabei seien zwei Polizisten umgekommen. Verhandlungsversuche mit den Geiselnehmern blieben Behördenangaben zufolge ohne Erfolg.

Wie aus Polizeikreise verlautete, forderten die Schützen alle Bangladescher in dem Restaurant auf, aufzustehen. Danach begannen sie damit, Ausländer zu erschießen. Die Ehefrau eines italienischen Geschäftsmannes wurde mit einer Machete getötet. Ihr Mann fand sie, nachdem er sich selbst die Nacht über hinter einem Baum versteckt hatte, berichtete ein Freund des Mannes.

Hasina kündigte an, ihr Land stehe engagiert und entschlossen zusammen, um gegen die terroristische Bedrohung zu kämpfen und die Freiheit zu verteidigen.

In den vergangenen Monaten gab es vermehrt Anschläge von Islamisten in Bangladesch, allerdings keinen, bei dem so viele Ausländer ins Visier gerieten und getötet wurden. Ziel der Übergriffe in dem mehrheitlich muslimischen Land waren unter anderem Atheisten und religiöse Minderheiten. Zu den Angriffen bekannten sich die IS-Miliz wie auch die Al-Kaida. Die Regierung verneint hingegen eine Beteiligung ausländischer Islamisten-Organisationen und macht die einheimischen Gruppen Ansar-al-Islam und Jamaat-ul-Mujahideen für die Anschläge verantwortlich, die mit Al-Kaida oder dem IS verbündet sind.

Am 30. Mai trafen sich der chinesische Verteidigungsminister Chang Wanquan und der Präsident von Bangladesch, Abdul Hamid, in Dhaka. Nach dem Treffen sagte Hamid, dass Bangladesch im Südchinesischen Meer „nachdrücklich“ die Position von China vertritt, berichtet Xinhua. Die betroffenen Parteien – also die USA und China – müssten ihre Streitigkeiten durch Konsultationen und Verhandlungen lösen.

Wanquan sagte, dass China bereit sei, gemeinsam mit relevanten Ländern, darunter Bangladesch, die Seidenstraßen-Initiative und den Wirtschaftskorridor Bangladesh-China-India-Myanmar (BCIM) zu fördern, um den Menschen in der Region einen spürbaren wirtschaftlichen Wohlstand und Stabilität zu geben.

Am selben Tag traf sich Wanquan mit Scheik Hasina, Premierminister von Bangladesch. Es wurde eine Übereinkunft über eine engere militärische Kooperation in der Region getroffen. In diesem Zusammenhang traf sich der chinesische General auch mit dem gesamten Generalstab von Bangladesch, berichtet China Military News.

China ist der militärische Hauptlieferant von Bangladesch. China ist der größte Handelspartner Bangladeschs und ist auch am Ausbau des Chittagong-Hafens beteiligt, berichtet das Magazin Modern Diplomacy. Der Hafen gehört zu den wichtigsten Häfen zur Kontrolle des weltweiten Öltransports zur See. Zudem ist er nach Mumbai und Colombo der drittwichtigste Hafen Südasiens beim Containerhandel.

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Deutsche müssen über Abschiebungen diskutieren - mit aller Vorsicht
26.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Tourismus-Branche: „In Hotellerie und Gastgewerbe ist noch nichts wieder in Ordnung“
26.04.2024

Die deutsche Tourismus-Branche, also Hotellerie und Gastronomie, firmiert neuerdings unter dem neuen Sammelbegriff „Gastwelt“ - auch um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bürokratieabbau: Ministerin fordert mehr Widerstandsfähigkeit und Effizienz
26.04.2024

Rheinland-Pfalz ist ein mittelständisch geprägtes Land. Gerade kleinere Betriebe hadern mit zu viel bürokratischem Aufwand.

DWN
Politik
Politik Hybride Bedrohungen: Drohnen-Flüge und psychologische Kriegsführung
26.04.2024

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat eindringlich vor hybriden Bedrohungen in Deutschland gewarnt. Gegen den Einsatz von...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Gallup-Studie: Globale Führungsbewertung 2024 - wie Deutschland unter Großmächten abschneidet
26.04.2024

Die Gallup-Studie 2024 zeigt die Stabilität und Herausforderungen in der globalen Führungsbewertung für Länder wie USA, Deutschland,...

DWN
Politik
Politik Habeck kontert Kritiker: „Energiekrise gemeistert und Strompreise gesenkt“
26.04.2024

Nach Kritik an Atomausstieg: Habeck und Lemke bestätigen, die Energieversorgung sei gesichert und nukleare Sicherheit gewährleistet.

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wie sich Deutschland im internationalen Rennen positioniert
26.04.2024

Die Deutsche Industrie macht Tempo bei der KI-Entwicklung. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Deutschen Patent- und...

DWN
Immobilien
Immobilien Commerzbank-Studie: Immobilienpreise könnten weiter fallen
26.04.2024

Deutsche Wohnimmobilien verlieren weiter an Wert. Die Commerzbank sieht ein Abwärtspotenzial von 5 bis 10 Prozent, abhängig von...