Im Verfahren um die Enthüllungen im „LuxLeaks“-Skandal geht die Luxemburger Staatsanwaltschaft in Berufung gegen das Ende Juni ergangene Urteil. Zwei ehemalige Mitarbeiter der Unternehmensberatung PwC, Antoine Deltour und Raphaël Halet, waren damals zu zwölf beziehungsweise neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden.
Sie wurden für schuldig befunden, zehntausende Dokumente über dubiose Steuerpraktiken multinationaler Konzerne in Luxemburg weitergegeben zu haben. Der ebenfalls angeklagte Reporter Edouard Perrin wurde freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft hatte 18 Monate Haft für Deltour und Halet gefordert. Die Verteidigung beantragte hingegen Freisprüche für alle drei Franzosen und begründete dies damit, dass sie der Allgemeinheit einen Dienst erwiesen hätten.
Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft, das Urteil anzufechten, betrifft insbesondere Perrin. Die beiden anderen Enthüller waren ihrerseits bereits in Berufung gegangen.
Die ehemaligen PwC-Mitarbeiter hatten fast 30.000 Dokumente entwendet, die enthüllen, wie Luxemburg Großkonzernen bei der Vermeidung von Steuerzahlungen in Milliardenhöhe half. Sie gaben sie an Perrin weiter. Der Journalist berichtete im Mai 2012 als erster darüber, ohne dass dies großes Aufsehen erregte. Erst die „LuxLeaks“-Enthüllungen des internationalen Recherchenetzwerks ICIJ knapp zwei Jahre später sorgten europaweit für Wirbel.
Durch die Enthüllungen wurde bekannt, dass hunderte Unternehmen mit Luxemburg für sie teils äußerst vorteilhafte Steuerabsprachen getroffen hatten. Diese erlaubten es ihnen, ihre Steuern in dem Großherzogtum auf teils ein Prozent zu drücken und damit in anderen Ländern Steuern zu sparen. Zu den Konzernen gehörten unter anderem Apple, Ikea und Pepsi.
Der wirtschafts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen im Europaparlament, Sven Giegold, kritisiert die Entscheidung zur Berufung scharf:
Das ist ein dreister Angriff auf die Pressefreiheit. Luxemburg will noch härtere Strafen gegen die LuxLeaks-Whistleblower Antoine Deltour und Raphaël Halet und vor allem den Journalisten Edouard Perrin. Die beiden Helden der Steuergerechtigkeit haben mehr im Kampf gegen Steuerdumping erreicht als 20 Jahre europäischer Politik. Es gehört zur Berufsbeschreibung von Journalisten, geheime Informationen zu verbreiten und mit Hinweisgebern zu arbeiten. Es ist unerträglich, dass
die Whistleblower überhaupt bestraft wurden. Die Berufung der Luxemburger Justiz ist jedoch der Gipfel der Ungerechtigkeit. Offensichtlich sieht die Luxemburger Justiz den Freispruch für den Journalisten Perrin als Standortnachteil für den Finanzplatz.
Der skandalöse Prozess zeigt, dass wir dringend einen europäischen Schutz von Whistleblowern in ganz Europa brauchen. Es ist nicht akzeptabel, dass Europa mutige Bürger im Regen stehen lässt, die große persönliche Nachteile im Interesse des Gemeinwohls auf sich genommen haben. Die EU-Kommission muss direkt nach dem Sommer eine Richtlinie zum Schutz von Whistleblowern vorlegen, wie es das Europaparlament mehrfach parteiübergreifend gefordert hat.