Finanzen

In Nordische Small Caps investieren: Eine unterschätzte Chance für Anleger?

Die weltweiten Aktienmärkte, insbesondere in den USA, haben in den vergangenen Jahren beeindruckende Gewinne erzielt. Mit dieser Entwicklung konnten nordische Small Caps, also Nebenwerte aus Nordeuropa, nicht Schritt halten. Doch nun könnte sich das ändern. Wir verraten Ihnen, warum Sie als Anleger nordische Small Caps jetzt unbedingt im Blick haben sollten.
08.03.2025 13:41
Lesezeit: 6 min
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In Nordische Small Caps investieren: Eine unterschätzte Chance für Anleger?
Kopenhagen in Dänemark: Nordische Small Caps sind für risikoaffine Anleger ein spannendes Investment (Foto: pixabay.cpom/DUCTINH91).

Jetzt in nordische Small Caps investieren?

Unternehmen aus Schweden, Norwegen, Dänemark und Finnland gelten traditionell als innovativ, wirtschaftlich stabil und technologisch fortschrittlich. Dennoch stehen viele kleinere und mittelgroße Unternehmen aus der Region derzeit unter Druck. Gleichzeitig bieten sie jetzt eine spannende Chance für langfristig orientierte Anleger und einer gewissen Risikoaffinität. Denn: In der Vergangenheit haben nordische Small Caps eine bemerkenswerte Outperformance hingelegt - und einige Faktoren sprechen dafür, dass sich dieser Trend bald wiederholen könnte.

Was sind Small Caps?

Small Caps, im Deutschen als Nebenwerte bezeichnet, sind Unternehmen mit vergleichsweise geringer Marktkapitalisierung. Der Indexanbieter MSCI, der auch den bekannten Weltaktienindex MSCI World auflegt, definiert Small Caps als die kleinsten 14 Prozent der börsennotierten Firmen innerhalb einer Region. Darüber liegen Mid Caps (15 Prozent der Marktkapitalisierung), auch als mittelgroße Werte bezeichnet, während die größten 70 Prozent als Large Caps (Standardwerte oder Blue Chips) klassifiziert werden.

Large Caps und prominente Unternehmen dominieren die Marktberichte. In kaum einer börsentäglichen Meldung fehlen die Aktien von Amazon, Apple oder Tesla, während Small Caps nur relativ selten in den Börsenberichten auftauchen. Doch das wird den kleinen Nebenwerten nicht gerecht. Small Caps erzielten in der Vergangenheit oft eine bessere Performance als große Unternehmen und können deshalb eine attraktive Beimischung im Aktienportfolio sein. Sie gelten als wesentlich wachstumsstärker, flexibler und dynamischer - gerade bei konjunkturellem Gegenwind. Das liegt daran, dass Unternehmen in Nebenwerteindizes oft noch eigentümergeführte Gesellschaften mit langjährigen Familienbeteiligungen sind. Fehlentscheidungen des Managements treffen folglich direkt die Eigentümer, schwere Fehlentscheidungen gibt es dadurch seltener. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten leiden kleine Unternehmen zwar oft noch stärker als Großkonzerne, die in der Regel breiter aufgestellt sind und mit ihrem diversifizierten Produktsortiment schwierige Zeiten etwas leichter überstehen können. Small Caps können im Gegensatz dazu in Krisenphasen schneller umsteuern und ihr Geschäft den neuen Gegebenheiten anpassen.

Anleger sollten aber auch die Risiken von Small Caps kennen, denn die kleinen Nebenwerte sind volatiler als die Dickschiffe in den großen Aktienindizes. Zweistellige Kursverluste können bei den niedrig kapitalisierten Unternehmen auch öfter vorkommen. Wer auf Small Caps setzt, sollte deshalb zeitweise hohe Verluste gut verkraften können. Darüber hinaus sollten kleine Nebenwerte nur als Teil einer breit gestreuten Anlagestrategie genutzt werden und ein gut diversifiziertes Aktienportfolio lediglich ergänzen. Wichtig: Der Auswahl der „richtigen Aktien“ kommt eine entscheidende Bedeutung zu.

Nordische Small Caps: Historische Outperformance

Ein Blick auf die vergangenen Jahrzehnte zeigt, dass nordische Small Caps überdurchschnittlich erfolgreich waren. Zwischen Ende 2000 und März 2025 legte der MSCI Nordic Countries Small Cap Index jedes Jahr im Schnitt 10,40 Prozent zu. Damit konnte er sowohl den breiteren MSCI Nordic Index (+5,63 Prozent durchschnittlich pro Jahr) als auch den globalen Small-Cap-Index MSCI World Small Cap (+8,43 Prozent im Schnitt jährlich) deutlich übertreffen.

Besonders in den 2020er Jahren boomten viele nordische Small Caps, angetrieben von Innovationskraft, Nachhaltigkeitstrends und einer starken technologischen Basis. Unternehmen aus den Bereichen Technologie, erneuerbare Energien und spezialisierte Industrien erzielten überdurchschnittliche Wachstumsraten. Doch in den vergangenen Jahren ist dieser Trend gekippt. Warum?

Zinspolitik und Marktverwerfungen setzen Small Caps unter Druck

Ein Hauptgrund für die jüngste Schwäche nordischer Small Caps liegt in der restriktiven Geldpolitik. Während viele Unternehmen in den USA und Europa festverzinsliche Kredite nutzen, sind Finanzierungen in den nordischen Ländern oft variabel verzinst. Die Folge: Zinserhöhungen treffen nordische Unternehmen besonders hart. Besonders Schweden, wo viele Haushalte variable Hypotheken haben, spürt den Effekt:

  • Höhere Zinsen belasten Verbraucher, der Konsum bricht ein.

  • Der Immobilienmarkt gerät unter Druck.

  • Die gesamte Wirtschaft leidet.

Auch Immobilienunternehmen und konsumabhängige Small Caps mussten starke Rückschläge verkraften. Doch nun könnte sich das Blatt wenden.

Sinkende Zinsen als neuer Katalysator für nordische Small Caps?

Die Notenbanken haben begonnen, auf die konjunkturelle Schwäche zu reagieren. In Schweden wurde der Leitzins bereits gesenkt, und weitere Schritte könnten folgen. Das würde die Kaufkraft stärken und insbesondere den nordischen Konsumsektor ankurbeln. Gleichzeitig sind nordische Small Caps historisch günstig bewertet. Normalerweise werden kleinere Unternehmen mit einer Prämie gegenüber großen Unternehmen gehandelt, da sie höhere Wachstumsraten aufweisen. Aktuell ist das Verhältnis jedoch umgekehrt:

  • Large Caps: 19-faches des erwarteten Jahresgewinns

  • Small Caps: nur 14-faches des erwarteten Jahresgewinns

Dieses Bewertungsniveau gab es zuletzt während der Finanzkrise 2008/09. Erfahrungsgemäß stellen solche Tiefstände oft gute Kaufgelegenheiten dar.

Chancen in ausgewählten Sektoren

Einige Sektoren könnten von der Erholung besonders profitieren:

1. Konsumwerte: Gewinner der Zinswende

Mit sinkenden Zinsen steigt die Kaufkraft. Davon profitieren Unternehmen wie Humble Group, ein Hersteller nachhaltiger Konsumgüter, der jährlich zweistellige Wachstumsraten erzielt. Auch Bravida und Instalco, beide im Bereich Renovierung und technische Gebäudeinstallationen tätig, könnten vom erhöhten Renovierungsbedarf profitieren.

2. Immobilien: Profiteure fallender Finanzierungskosten

Schwedische Immobilienaktien waren durch steigende Zinsen stark unter Druck. Sinkende Finanzierungskosten könnten die Branche nun stabilisieren und zu einer Neubewertung führen. Investoren beobachten diesen Sektor genau.

3. Technologie: Digitalisierung als Wachstumsmotor

Nordische Small Caps aus dem Technologiebereich bieten viel Potenzial. Talenom (digitale Buchhaltungslösungen) und Napatech (Netzwerktechnologie für Rechenzentren) sind zwei Beispiele für innovative Unternehmen, die Marktanteile gewinnen könnten.

Nordische Small Caps: Wie sollten Anleger jetzt handeln?

Investoren fragen sich, ob jetzt der richtige Zeitpunkt ist, in nordische Small Caps einzusteigen. Es gibt mehrere Argumente, die dafür sprechen: Zum einen deuten historisch niedrige Bewertungen auf langfristige Chancen hin. Zum anderen dürfte die Zinswende den Konsum und Immobilienmarkt beleben. Außerdem bieten innovative Unternehmen mit solidem Wachstum langfristiges Potenzial.

Experten empfehlen, nordische Small Caps als Teil eines diversifizierten Portfolios aufzunehmen. Besonders ETFs auf nordische Small Caps können eine sinnvolle Beimischung sein. Sie bieten Zugang zu den wichtigsten Nebenwerten der Region und sorgen für breite Streuung. "Anleger, die ihrem Portfolio Small Cap ETFs beimischen, können damit die Rendite steigern und das Risikoprofil verbessern", sagt Davor Horvat, Honorar-Anlageberater. "Ein sinnvoller Anteil liegt zwischen 15 bis 20 Prozent."

Nordische Small Caps bieten derzeit spannende Anlagemöglichkeiten. Anleger, die ihr Kapital in diese vielversprechenden Nebenwerte investieren möchten, haben verschiedene Optionen. Neben direkten Einzelaktieninvestments bieten sich vor allem aktiv gemanagte Fonds an, die gezielt in nordische Small Caps investieren. Einige konkrete Börsenprodukte sind:

SEB Nordic Small Cap Fund C (ISIN LU0385664312)

Dieser Fonds zielt darauf ab, langfristigen Kapitalzuwachs zu erzielen, indem er in kleinere Unternehmen in Skandinavien investiert. Er wird aktiv gemanagt und umfasst typischerweise eine konzentrierte Anzahl von Beteiligungen. Die laufenden Kosten betragen 1,36 Prozent (TER) pro Jahr. Die 5 größten Werte des Investmentfonds sind AAK AB, Medicover, Beijer Ref, Lagercrantz Group und BAKKAFROST. Die beiden wichtigsten Branchen, in die der SEB Nordic Small Cap Fund C investiert, sind Gesundheit und Health­care sowie Technologie. Diese beiden Branchen machen etwa die Hälfte der Aktien aus. Der Fonds ist außerdem thesaurierend, er legt alle erzielten Gewinne wieder im Fondsvermögen an.

BNP Paribas Funds Nordic Small Cap C Cap (ISIN LU0950372838)

Dieser Fonds strebt eine mittelfristige Wertsteigerung an, indem er in Aktien von nordeuropäischen Unternehmen mit geringer Marktkapitalisierung investiert. Die laufenden Kosten betragen 2,23 Prozent (TER) pro Jahr. Die fünf wichtigsten Aktien in diesem thesaurierenden Investmentfonds sind SECURITAS CLASS B B, HOEGH AUTO­LINERS, BONE­SUPPORT HOLDING, Spare­banken Vest und Protector Forsikring. Der BNP Paribas Funds Nordic Small Cap C Cap investiert überwiegend in Aktien der Industrie und von Investitionsgütern an (mehr als 30 Prozent Fondsanteil).

Schroder Nordic Smaller Companies A EUR Dis (ISIN LU2412567740)

Dieser Fonds investiert mindestens zwei Drittel seines Vermögens in Aktien und aktienähnliche Wertpapiere von kleinen nordischen Unternehmen. Der Schwerpunkt liegt auf gut geführten, innovativen Unternehmen mit nachhaltigem Wachstumspotenzial. Die laufenden Kosten pro Jahr betragen 1,82 Prozent (TER). Der aktiv gemanagte Investmentfonds schüttet alle Erträge aus, Anleger können dann flexibel darüber verfügen. Die fünf wichtigsten Aktien im Fonds sind TOBII DYNAVOX AB, Nolato AB, Afry AB, ALK-ABELLO A/S und Concentric AB. Mehr als die Hälfte der Fondsanteile investieren in die Branchen Gesundheit und Health­care (30 Prozent) sowie Industrie und Investitions­güter (22 Prozent). Der Fonds ist noch relativ jung und hat ein vergleichsweise geringes Fondsvolumen. Ob seine Kursentwicklung langfristig positiv ist, lässt sich dadurch etwas schwieriger beurteilen.

Fondita Nordic Micro Cap I (ISIN FI4000411186)

Der Fondita Nordic Micro Cap investiert hauptsächlich in Aktien kleinerer börsennotierter Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von weniger als 800 Millionen Euro in nordischen Ländern. Im Herbst 2023 markierte er ein Drei-Jahres-Tief, liegt seitdem aber ordentlich im Plus. Dadurch schlägt die Fondsstrategie auch die Entwicklung der vergleichbaren Aktienfonds Small Cap Europe über die allermeisten Zeiträume hinweg deutlich. Beim thesaurierenden Fondita Nordic Micro Cap fallen laufende Kosten in Höhe von 1,30 Prozent pro Jahr an (TER).

Nordische Small Caps als Comeback-Kandidaten?

Durch die Investition in diese Börsenprodukte können Anleger von einer breiten Diversifikation und dem Potenzial nordischer Small Caps profitieren, ohne das Risiko eines Einzelaktieninvestments einzugehen. Leider gibt es nahezu keine sinnvollen passiven ETFs auf nordische Small Caps, weshalb die laufenden Kosten relativ hoch sind. Doch angesichts der möglichen Kursperformance in den kommenden Jahren, dürfte das kein großes Problem sein.

Nordische Small Caps haben in den vergangenen Jahren gelitten, doch die Zeichen stehen auf Erholung. Historisch niedrige Bewertungen, eine sich abzeichnende Zinswende und die langfristige Innovationskraft nordischer Unternehmen machen sie zu einer attraktiven Investitionsmöglichkeit. Anleger, die langfristig denken und auf eine Markterholung setzen, könnten jetzt eine strategische Positionierung prüfen. Besonders Fonds oder ETFs könnten helfen, von dieser potenziellen Trendwende zu profitieren.

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Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

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Markus Gentner

Zum Autor:

Markus Gentner ist seit 1. Januar 2024 Chefredakteur bei den Deutschen Wirtschaftsnachrichten. Zuvor war er zwölf Jahre lang für Deutschlands größtes Börsenportal finanzen.net tätig, unter anderem als Redaktionsleiter des Ratgeber-Bereichs sowie als Online-Redakteur in der News-Redaktion. Er arbeitete außerdem für das Deutsche Anlegerfernsehen (DAF), für die Tageszeitung Rheinpfalz und für die Burda-Tochter Stegenwaller, bei der er auch volontierte. Markus Gentner ist studierter Journalist und besitzt einen Master-Abschluss in Germanistik.

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