Die britische Industrie macht nach dem ersten Brexit-Schock dank des schwächeren Pfund viel Boden gut. Der Markit-Einkaufsmanagerindex stieg im August überraschend kräftig um fünf auf 53,3 Zähler, wie das Institut am Donnerstag zur Umfrage unter gut 600 Betrieben mitteilte. Einen größeren Sprung nach oben gab es in der fast 25-jährigen Geschichte der Datenerhebung nicht. Das Barometer liegt nun auf dem höchsten Stand seit Oktober 2015 und signalisiert mit einem Wert über 50 Punkten wieder Wachstum. "Industriefirmen und ihre Kunden kehren langsam wieder zum Business as usual zurück", sagte Markit-Ökonom Rob Dobson. Viele Unternehmen hätten Arbeit, die im Juli verschoben worden sei, wieder aufgenommen.
Das gab dem Pfund Auftrieb. Die britische Währung kletterte um bis zu ein Prozent auf 1,3265 Dollar. Der Kurs war nach dem Ja der Briten zum EU-Austritt zeitweise auf 1,2798 Dollar gesunken und notierte damit so niedrig wie seit drei Jahrzehnten nicht mehr. Die Aufwertung seither summiert sich auf etwa 2,5 Prozent. Allerdings liegt das Pfund weiter zwölf Prozent unter dem Niveau von vor der Abstimmung. Das hilft der Exportwirtschaft auf die Sprünge, macht es doch ihre Waren im Ausland billiger. So zogen die Auslandsaufträge im abgelaufenen Monat so stark an wie seit gut zwei Jahren nicht mehr.
Die Industrie steht für zehn Prozent der britischen Wirtschaftsleistung. Ökonomen blicken nun mit Spannung darauf, ob sich auch der wichtige Dienstleistungssektor erholt hat. Markit-Daten dazu werden am Montag veröffentlicht.
Der Entwicklung der Industrie in der Euro-Zone im August verläuft dagegen eher zäh. Der Einkaufsmanagerindex sank im Vergleich zum Vormonat um 0,3 auf 51,7 Punkte. Das Barometer hielt sich damit den 38. Monat in Folge über der Wachstumsschwelle von 50 Zählern - "so lange wie noch nie in der bisherigen Umfragegeschichte", erklärte das Institut IHS Markit.
"Der Aufschwung des Industriesektors stand im August auf wackligen Beinen und könnte sich in den kommenden Monaten weiter abkühlen", warnte dessen Chefvolkswirt Chris Williamson. "Der Brexit wirft durchaus seine Schatten voraus." Angesichts des niedrigsten Auftragszuwachses seit anderthalb Jahren drohe im September eine erneute Abkühlung. "Ausschlaggebend für die Auftragsdelle waren laut Befragten nicht zuletzt der höhere Außenwert des Euro und die verringerten Exporte nach Großbritannien", sagte Williamson. Fachleute gehen davon aus, das das britische Anti-EU-Referendum vor allem Ausfuhren ins Vereinigte Königreich bremsen dürfte.
Auch der Aufschwung der deutschen Industrie erlitt einen Dämpfer. Der Einkaufsmanagerindex fiel um 0,2 auf 53,6 Punkte. "Der Wert weist auf eine weiterhin gesunde und intakte Konjunkturlage hin", sagte IHS-Markit-Ökonom Oliver Kolodseike. "Produktion und Auftragseingang markierten einen der stärksten Zuwächse der letzten zwei Jahre, und auch die exportorientierten Unternehmen berichteten von starker Nachfrage."