Finanzen

Mehrheit der EU-Länder stellt sich gegen Kürzungen im Agrar-Sektor

Lesezeit: 2 min
18.06.2018 23:40
Die EU-Kommission muss einen herben Rückschlag bei der Erstellung eines Budgets ohne Großbritannien hinnehmen.
Mehrheit der EU-Länder stellt sich gegen Kürzungen im Agrar-Sektor

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Peter Eßer von der AFP berichtet:

Eine Mehrheit der Mitgliedstaaten hat sich gegen die geplanten Kürzungen im Agrarhaushalt der EU ausgesprochen. Frankreich und fünf weitere Länder legten beim Treffen der Landwirtschaftsminister am Montag in Luxemburg eine Erklärung vor, in der sie den Vorschlag der EU-Kommission zur Zukunft der europäischen Agrarpolitik scharf kritisierten. Weitere Länder schlossen sich dem Ruf nach mehr Geld für die Landwirtschaft an, nicht jedoch Deutschland.

"Frankreich ist gegen jede Kürzung der Agrarmittel", eröffnete der französische Landwirtschaftsminister Stéphane Travert die Debatte zur Zukunft der europäischen Agrarpolitik. Zusammen mit Portugal, Griechenland, Irland, Spanien und Finnland hatte Frankreich Ende Mai eine entsprechende Erklärung unterzeichnet. Die vorgeschlagenen Kürzungen stellten "ein beispielloses Risiko für die Lebensfähigkeit der europäischen Landwirte dar", heißt es dort.

In der Folge schlossen sich neun weitere Länder an (Kroatien, Zypern, Tschechien, Ungarn, Litauen, Luxemburg, Polen, Rumänien, Slowakei). Beim Treffen der Agrarminister am Montag sicherten auch die Vertreter Belgiens, Lettlands, Österreichs, Estlands und Sloweniens ihre Unterstützung zu. Italiens neuer Ressortchef Gian Marco Centinaio sagte, er halte die geplanten Mittel für "nicht ausreichend", ohne sich Frankreich explizit anzuschließen.

Das Treffen in Luxemburg war das erste offizielle Zusammenkommen, seit die Kommission Anfang Juni ihre Pläne für das nächste Agrarbudget vorgestellt hatte. Darin hatte sie eine Kürzung um fünf Prozent der Mittel der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) von 2021 bis 2027 vorgeschlagen. Die Befürchtungen sind groß, dass die realen Kürzungen höher ausfallen werden.

Der Anteil der Agrar-Mittel am Gesamtbudget der EU würde der Kommission zufolge von aktuell rund 38 Prozent auf 28,5 Prozent sinken. Die Brüsseler Behörde weist auf den Austritt Großbritanniens aus der EU und den Verlust eines der Hauptbeitragszahler hin. Außerdem gebe es neue Prioritäten wie Grenzschutz und Verteidigung.

Natürlich würde er sich über mehr Geld für die Landwirtschaft freuen, sagte EU-Landwirtschaftskommissar Phil Hogan mit Hinblick auf die Forderungen Frankreichs und der anderen Länder. "Aber ich bin nicht derjenige, der überzeugt werden muss", fügte er hinzu und verwies auf den EU-Rat der Mitgliedstaaten und das Parlament, wo derzeit über den nächsten EU-Haushalt verhandelt wird.

Deutschland gehörte in Luxemburg zu den sechs EU-Ländern - Großbritannien ausgeschlossen -, die den Kommissionsvorschlag nicht grundsätzlich wegen des veranschlagten Budgets kritisierten. Dennoch gebe es noch "erheblichen Diskussionsbedarf", sagte Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (SPD).

Das Kommissionspapier sieht vor, den Mitgliedstaaten bei der Verwendung der Gelder mehr Flexibilität einzuräumen. Die Zahlungen sollen aber grundsätzlich an ökologische und soziale Kriterien gekoppelt werden. "Wenn Landwirte mehr tun müssen (...) und das mit weniger Geld tun sollen, dann ist das sehr schwierig", sagte Klöckner.

Deutschland hatte in der Vergangenheit besonders auf weniger Bürokratie bei der Vergabe der Mittel gedrängt. Das sehe sie bisher aber nicht, kritisierte die Bundeslandwirtschaftsministerin.

Auch die grundsätzliche Neuausrichtung der GAP hin zu mehr Flexibilität für die Mitgliedstaaten traf auf Kritik. Frankreichs Minister Travert etwa warnte vor Wettbewerbsverzerrungen, wenn künftig mehr Regelungen auf nationaler Ebene beschlossen würden. Ähnlich hatte sich zuvor der Deutsche Bauernverband geäußert.

Die Minister mehrerer EU-Staaten warfen der Kommission vor, den Rotstift besonders bei der Förderung der ökologischen Landwirtschaft anzusetzen. Mehrere osteuropäische Länder wiederholten außerdem mit Nachdruck ihre Forderung einer Angleichung der Direktzahlungen für Landwirte. Bislang variieren die gezahlten Agrarhilfen pro Hektar von Land zu Land - in der Regel zu Ungunsten der Osteuropäer.


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Eine Welt ohne Europa?
04.05.2024

Der Krieg in der Ukraine und die Spannungen im Nahen Osten gefährden die Zukunftsfähigkeit der EU. Nun steht sie an einem Scheideweg:...

DWN
Finanzen
Finanzen Platzt die ETF-Blase – was dafür, was dagegen spricht
04.05.2024

Kaum eine Investmentform konnte in den zurückliegenden Jahren die Gunst der Anleger derart erlangen wie dies bei Exchange Traded Funds,...

DWN
Immobilien
Immobilien Streikwelle auf Baustellen droht: Gewerkschaft kündigt Massenstreiks an
04.05.2024

Die Bauindustrie steht vor Massenstreiks: Gewerkschaft kündigt flächendeckende Arbeitsniederlegungen mit rund 930.000 Beschäftigten an.

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Chinas Einfluss in Südostasien: Herausforderung für deutsche Firmen
04.05.2024

Deutsche Unternehmen suchen verstärkt nach Alternativen zum chinesischen Markt und richten ihr Augenmerk auf die aufstrebenden...

DWN
Technologie
Technologie CO2-Speicherung: Vom Nischenthema zum Wachstumsmarkt
04.05.2024

Anreize durch die Politik, eine neue Infrastruktur und sinkende Kosten: CO2-Speicherung entwickelt sich zusehends vom regionalen...

DWN
Politik
Politik Wahljahr-Turbulenzen: Biden im Kreuzfeuer der Gaza-Proteste
04.05.2024

Seit Monaten sind bei fast jedem öffentlichen Auftritt von Präsident Joe Biden propalästinensische Demonstrationen zu sehen, die sich im...

DWN
Politik
Politik Mindestlohn: Neues Streitthema köchelt seit dem Tag der Arbeit
04.05.2024

Im Oktober 2022 wurde das gesetzliche Lohn-Minimum auf zwölf Euro die Stunde erhöht. Seit Jahresanfang liegt es bei 12,41 Euro, die von...

DWN
Technologie
Technologie Deutsches Start-up startet erfolgreich Rakete
04.05.2024

Ein deutsches Start-up hat eine Rakete von zwölf Metern Länge entwickelt, die kürzlich in Australien getestet wurde. Seit Jahrzehnten...