Finanzen

Staaten in Osteuropa geraten wegen Franken-Krediten unter Druck

Lesezeit: 2 min
21.01.2015 01:40
Die Aufwertung des Schweizer Franken führt in den osteuropäischen Ländern zu erheblichen Schwierigkeiten. Die Staaten selbst, aber auch die Banken und Privathaushalte haben in den vergangenen Jahren Franken-Kredite aufgenommen. Nun explodieren die Raten im Schuldendienst.
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Wie hoch genau die osteuropäischen Länder mit Franken-Krediten im Einzelnen verschuldet sind, ist nicht zu beziffern. Weder die Schweizer Nationalbank (SNB) noch die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIS) konnten den Deutschen Wirtschafts Nachrichten eine genaue Aufstellung zukommen lassen. Manche zur Berechnung notwendigen Informationen haben die SNB und die BIS nach eigenen Angaben nicht, einige wollen sie nicht herausgeben. Insgesamt aber beliefen sich im 3. Quartal 2014 die von Schweizer Banken an Europa vergebenen Franken-Kredite auf 62,572 Milliarden Franken, wie eine Statistik der SNB zeigt. Das entspricht in etwa – zum aktuellen Kurs – 61,27 Milliarden Euro. Diese Franken-Kredite wurden jedoch nicht nur von europäischen Staaten aufgenommen, sie umfassen auch Banken, NGOs und private Haushalte.

Auf die so genannten fortgeschrittenen Volkswirtschaften in Europa (mit ihren Banken, Privathaushalten und öffentlichen Haushalten) entfallen insgesamt Franken-Kredite in Höhe von 60,336 Milliarden Franken, die an die Schweizer Banken zurückgezahlt werden müssen. Hierzu zählen die osteuropäischen Länder Estland, Slowakei, Slowenien und Österreich. Die aufstrebenden Volkswirtschaften in Europa wiesen gegenüber den Schweizer Banken 2,236 Milliarden Franken an Franken-Krediten auf. Bulgarien, Kroatien, Lettland, Litauen, Polen, die Tschechische Republik, Rumänien und Ungarn zählen zu den aufstrebenden Volkswirtschaften Europas.

Die Schweizer Nationalbank bietet auch einen genaueren Blick auf die Verbindlichkeiten der osteuropäischen Länder gegenüber den Schweizer Banken. Allerdings beziehen sich die von der SNB angegebenen Verbindlichkeiten der einzelnen osteuropäischen Länder nicht mehr nur auf Franken-Kredite, sondern Kredite auch in anderen Währungen. So haben beispielsweise die kroatischen Banken  gegenüber den Schweizer Banken insgesamt Verbindlichkeiten in Höhe von 73 Millionen Franken, gegenüber Nicht-Banken in Kroatien liegen die offenen Forderungen  bei 256 Millionen Franken. Hier gibt die SNB allerdings nicht einzeln an, wie hoch die öffentlichen Verbindlichkeiten sind. Unter den Begriff „Nicht-Banken“ zählen immer auch Haushalte, NGOs, öffentlich-rechtliche Körperschaften.

Für Österreich und Polen macht die SNB zu der offenen Forderungen gegenüber Nicht-Banken keine Angaben. Die Daten würden „aus Vertraulichkeitsgründen nicht publiziert“, heißt von Seiten der SNB. Die österreichische Bankenaufsicht gibt die Franken-Kredite österreichischer Privathaushalte mit 29 Milliarden Euro an. Und zur Stadt Wien sagt der Budget-Sprecher der Grünen, Martin Margulies, aufgrund der Aufwertung des Franken liege die offene Frankenrestschuld bei fast zwei Milliarden Euro. Die höchsten Kredite bei den Schweizer Banken unter den „Nicht-Banken“ verzeichnet Kroatien (256 Mio. Franken), gefolgt von der Tschechischen Republik (213 Mio. Franken) und Ungarn (174 Mio. Franken). Gegenüber den Schweizer Banken haben die Banken in der Tschechischen Republik (227 Mio. Franken) und in Polen (105 Mio. Franken) die größten Schulden.

Darüber hinaus können Staaten, NGOs, Privathaushalte und Banken aber auch Kredite in Franken aufgenommen haben, die nicht über Schweizer Banken laufen. Insofern ist von einem noch höheren Wert der Franken-Kredite in Osteuropa auszugehen. So gab kürzlich beispielsweise die Raiffeisen Bank International an, dass „sie ihr Franken-Exposure vorwiegend in Polen (2,7 Mrd. Euro) , Rumänien (360 Mio. Euro) und Kroatien (270 Mio. Euro) habe“, berichtet das österreichische Wirtschaftsblatt. Doch nicht jeder Franken-Kredit bedeutet aufgrund der aktuellen Aufwertung des Franken ein großes Risiko. Einige Staaten haben sich möglicher Weise mit Swaps gegen Wechselkursrisiken abgesichert.

 


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