Deutschland

Politik und Ehrlichkeit: Steinbrück hat zwei Vorträge „verschwitzt“

SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück attackiert er seine Kritiker, weil nun rausgekommen ist, dass er zwei Vorträge nicht ordnungsgemäß gemeldet hat. Er braucht er sich nicht zu wundern, dass ihm der Wind ins Gesicht bläst: Steinbrück hat in der Sache stets extrem arrogant und selbstgefällig agiert. Wenn er nicht bald kapiert, dass er die Fehler macht und nicht alle anderen, wird er ein ernstes Problem bekommen.
30.10.2012 13:33
Lesezeit: 2 min

Nun kommt es raus: SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat zwei Vorträge zunächst nicht ordnungsgemäß offengelegt. Er bezeichnete das von dem von ihm beauftragten Wirtschaftsprüfer herausgefundene Versäumnis als „eine Nachlässigkeit von mir“. Wie das passieren konnte? Steibrück: „Ich hab es einfach verschwitzt.“

Steinbrück hatte zwei Vorträge vom Oktober 2011 „nach Aktenlage nicht entsprechend den Verhaltensregeln für Mitglieder des Deutschen Bundestages angezeigt“. Die beiden Reden wurden dem im Internet veröffentlichten Prüfbericht zufolge bei der Kerkhoff Consulting GmbH und der Südwestbank AG gehalten.

Steinbrück beklagte nach dem Bekanntwerden der verschwiegenen Vorträge, dass man ihm einen „einen Stein an den Kopf werfen“ wolle, weil er ein Sozialdemokrat sei. Bei anderen werde nicht so akribisch nachgefragt.

Steinbrücks Wehleidigkeit ist unangebracht: Mit bemerkenswerter Arroganz hat er stets versucht, Fragen oder Nachfragen zu seinen Nebentätigkeiten abzubügeln. Er hat den Eindruck erweckt, dass die Frager lästige Fliegen sind, die nichts anderes im Sinne haben, als ihm hinterrücks zu schaden - und zwar angestiftet vom politischen Feind. Dass nun sein Reinwaschungsversuch ein ebensolcher Rohrkrepierer wird wie seinerzeit die legendäre, die den Dopingverdacht des Fußballtrainers Christoph Daum erst bestätigt hat, mag für ihn ärgerlich sein.

Steinbrück beweist mit seiner störrischen Selbstgefälligkeit ein ordentliches Maß an Realitätsverlust: Es ist von Interesse, wo er als ehemaliger Finanzminister und großer Freund der Banken auftritt. Es ist von noch größerem Interesse, was er dafür kassiert.

Steinbrück scheint allerdings vor allem den politischen Instinkt verloren zu haben - und erinnert in diesem Punkt mit jedem Tag mehr an Christian Wulff: Auch dieser hatte sich hinter seiner Verschwörungstheorie verschanzt und immer wieder beteuert, er habe nichts anderes getan als andere Politiker auch.

Dasselbe Muster verfolgt Steinbrück jetzt auch. Und man kann ihn - menschlich - verstehen: Jeder Sozialdemokrat muss sich ärgern, wenn er sieht, wie Gerhard Schröder bei der Gazprom abkassiert - und natürlich hat Schröder in seiner politischen Ära mit einem Auge auf seine wirtschaftlichen Optionen im Leben nach der Politik geschielt.

Das ist ärgerlich - aber Schröder ist heute ein Privatmann, der nur einen Teil seines Lebensunterhalts von der steuerfinanzierten Pension bezahlt.

Steinbrück aber ist in die politische Arena zurückgekehrt. Damit gelten für ihn dieselben Gesetze wie für alle Politiker. Und die Fragen nach Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit sind nicht mehr seine Privatsache. Er muss damit rechnen, dass er an seinen Worten gemessen wird. Er kann doch in einer essentiellen Sache, wo er stets getönt hat: Habe alles und jedes gemeldet! - nun doch nicht einfach zurückrudern, und behaupten: Ach was, das ist ein Lappalie - haben wir eben verschwitzt!

Steinbrück irrt, wenn er er glaubt, dass er seine Kritiker durch Überheblichkeit wegblaffen kann. Er täuscht sich, wenn er meint, nach dem Prinzip handeln zu können: Je schärfer der Ton gegenüber meinen Kritikern, desto höher meine Glaubwürdigkeit.

Steinbrück ist dabei, in eine fatale Falle zu laufen. Auf dem Schild dorthin steht: Wer einmal lügt verschwitzt, dem glaubt man nicht...

DWN
Finanzen
Finanzen Ölpreis: OPEC-Konflikt eskaliert – Saudi-Arabien warnt vor Marktchaos
11.05.2025

Ein gefährlicher Riss geht durch die mächtige Allianz der OPEC-Plus-Staaten. Statt mit geschlossener Strategie die Preise zu...

DWN
Politik
Politik Kann Deutschland Europa retten? Der neue Koalitionsvertrag offenbart alte Schwächen
11.05.2025

Zum Europatag 2025 richtet sich der Blick erneut nach Berlin. Die Erwartungen an Deutschland sind hoch – nicht nur innerhalb der Union,...

DWN
Finanzen
Finanzen Börsenkrisen: Warum Volatilität kein Risiko ist
11.05.2025

Wenn die Börsen Achterbahn fahren, zittern viele Anleger. Doch Panik ist oft der schlechteste Berater – denn was aussieht wie ein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Strategien für Krisenzeiten: Wie Sie jetzt Ihre Unternehmensleistung steigern
11.05.2025

Steigende Kosten, Fachkräftemangel, Finanzierungsdruck – viele KMU kämpfen ums Überleben. Doch mit den richtigen Strategien lässt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft USA vor Energieumbruch: Strom wird zum neuen Öl – und zur nächsten geopolitischen Baustelle
11.05.2025

Ein fundamentaler Wandel zeichnet sich in der US-Wirtschaft ab: Elektrizität verdrängt Öl als Rückgrat der nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bill Gates verschenkt Vermögen – Symbol einer neuen Weltordnung oder letzter Akt der alten Eliten?
11.05.2025

Bill Gates verschenkt sein Vermögen – ein historischer Akt der Großzügigkeit oder ein strategischer Schachzug globaler Machtpolitik?...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft „Made in America“ wird zur Hypothek: US-Marken in Europa auf dem Rückzug
11.05.2025

Eine neue Studie der Europäischen Zentralbank legt nahe: Der Handelskrieg zwischen den USA und der EU hat tiefgreifende Spuren im...

DWN
Finanzen
Finanzen Tech-Börsengänge unter Druck: Trumps Handelskrieg lässt Startup-Träume platzen
10.05.2025

Schockwellen aus Washington stürzen IPO-Pläne weltweit ins Chaos – Klarna, StubHub und andere Unternehmen treten den Rückzug an.