Politik

Fiasko bei Wahlkarten: Österreich verschiebt Präsidenten-Wahl

Lesezeit: 2 min
12.09.2016 11:07
Österreich verschiebt die für den 2. Oktober angekündigte Wiederholungswahl für das Amt des Bundespräsidenten. Die Bundesregierung möchte gerne Anfang Dezember wählen. Die FPÖ nennt Bedingungen.
Fiasko bei Wahlkarten: Österreich verschiebt Präsidenten-Wahl

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Wahlposse in Österreich geht in die nächste Runde: Die Wiederholung der Stichwahl zum Bundespräsidenten muss wegen mangelhafter Wahlkarten verschoben werden. Eine ordnungsgemäße Durchführung am geplanten Termin am 2. Oktober sei unter diesen Umständen nicht möglich, sagte Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) am Montag in Wien. «Ziel ist es, die Wahl noch 2016 durchführen zu können», so Sobotoka. Die Behörde peile einen Termin rund um den 4. Dezember an.

Die FPÖ hat ihre Zustimmung zur Verschiebung an Bedingungen geknüpft: Das zu beschließende Gesetz für einen neuen Wahltermin müsse eine "Briefwahl neu" beinhalten, sagte FPÖ-Generalsekretär Kickl am Montag in Wien. Zustimmen dürfte die FPÖ dagegen der Ausweitung der Wählerevidenz: Damit sollen jene Bürger neu ins Wählerregister aufgenommen werden, die seit dem aufgehobenen ersten Wahltermin am 22. Mai ihr 16. Lebensjahr vollendet haben.

In der ungültig erklärten Stichwahl vom Mai hatten über 880 000 Bürger per Wahlkarte ihre Stimme abgegeben. Nun wird die Staatsdruckerei mit der Produktion der Wahlkarten für die nächste Runde beauftragt. Der von den Grünen unterstützte Alexander Van der Bellen (72) siegte damals hauchdünn vor dem Kandidaten der FPÖ, Norbert Hofer (45).

Der Verfassungsgerichtshof hatte zuvor in einem einmaligen Vorgang nach einer Anfechtung der FPÖ die zweite Runde der Wahl aufgehoben. Grund waren diverse Formfehler rund um Wahlkarten, die aber nichts mit den aktuellen Problemen zu tun hatten. Das Urteil der Höchstrichter stellte keinen Wahlbetrug fest, wohl aber das vorzeitige Öffnen oder das vorschriftswidrige Lagern der Briefwahlstimmen. Auch Unbefugte waren mit der Auszählung beauftragt.

Der Sozialdemokrat Heinz Fischer schied im Juli nach zwölf Jahren an der Spitze der Alpenrepublik verfassungsgemäß aus. Mangels Nachfolger wurde er zunächst von dem dreiköpfigen Präsidium des Nationalrats vertreten, dem auch Präsidentschaftskandidat Hofer angehört.

Die Pressemitteilung des Innenministers im Wortlaut:

Innenminister Wolfgang Sobotka ersucht das Parlament, die geplante Bundespräsidenten-Stichwahl am 2. Oktober 2016 zu verschieben. Das kündigte der Innenminister heute bei einer Pressekonferenz im Innenministerium an. Der Grund für die gewünschte Verschiebung sind die defekten und fehlerhaften Briefwahlkarten, die keinen einwandfreien, rechtskonformen Wahlvollzug zulassen. "Wir können nicht abschätzen, wie viele und welche dieser Wahlkarten sich noch öffnen könnten", sagte Sobotka.

Als mögliche Ersatz-Wahltermine nannte Sobotka den 27. November 2016 oder den 4. Dezember 2016. "Das ist aber Sache des Parlaments, das mit einer einfachen Mehrheit den neuen Wahltermin festlegen kann", sagte Sobotka.

Zudem kündigte der Innenminister an, dass man bei der künftigen Bundespräsidenten-Stichwahl auf ein "einfaches Wahlkuvert, wie es bis 2008 in Verwendung war", ausweichen werde. Mit der Herstellung dieser Wahlkuverts soll die Staatsdruckerei beauftragt werden. "Mein Ziel ist es auf jeden Fall, dass die Wahl noch 2016 stattfinden kann", sagte Sobotka.

Innenminister Sobotka würde sich aus demokratie-politischer Sicht auch eine Änderung des Stichtages wünschen, da viele Personen seit dem letzten Stichtag verstorben sind bzw. das Wahlalter von 16 Jahren erreicht haben. "Auch das ist aber Sache des Parlaments, das eine Änderung des Stichtages mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit beschließen kann", sagte Sobotka.

Der Direktor des Bundeskriminalamtes, General Franz Lang, erklärte bei der Pressekonferenz, dass in den Labors des Bundeskriminalamtes die schadhaften Briefwahlkarten überprüft werden. "Wir sind mit der Produktionsfirma der Karten in engem Kontakt. Die Karten bzw. die darauf befindlichen Kleber werden sowohl einer physikalischen als auch chemischen Untersuchung unterzogen", sagte Lang. Die Untersuchungen würden noch einige Tage andauern. "Was bisher festzustellen ist: Es gibt nach derzeitigem Wissensstand keine Hinweise auf Sabotage oder krimineller Handlung in Bezug auf die Herstellung der Karten", sagte der BK-Chef.

Der Leiter der Sektion III (Recht) im Innenministerium, Dr. Mathias Vogl, klärte auf, wie mit bereits ausgefüllten Briefwahlkarten umzugehen ist: "Nach dem Beschluss des Parlaments zur Verschiebung der Bundespräsidenten-Stichwahl werden die Bezirkswahlbehörden die bereits eingelangte Briefwahlkarten vernichten. Ebenso können jene Wähler, die ihre Briefwahlkarten noch zuhause haben, diese vernichten", sagte Vogl.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Ratgeber
Ratgeber Umweltbewusst und günstig: Hondas Leasing-Modell für die elektrifizierten Fahrzeuge von Honda

Der Managing Director der Honda Bank Volker Boehme spricht mit den DWN über die neuesten Entwicklungen im Leasinggeschäft für die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Römertopf: Investor verlagert Produktion aus Deutschland
06.12.2023

Für die insolvente Traditionsmarke Römertopf wurde ein Investor gefunden. Dieser produziert fortan nicht mehr in Deutschland.

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Rekord-Ölproduktion der USA fordert OPEC+ heraus
06.12.2023

Die USA produzieren dieses Jahr so viel Rohöl wie nie zuvor. Dies erschwert die Bemühungen der OPEC+, mit Förderkürzungen die Preise zu...

DWN
Politik
Politik Kahlschlag in der Baubranche - zehntausende Arbeitsplätze gefährdet
06.12.2023

Die Klima-Vorschriften der Bundesregierung würgen den deutschen Wohnungsbau ab - mit Folgen für zehntausende Beschäftigte.

DWN
Politik
Politik Industrie: Auftragseingänge brechen drastisch ein
06.12.2023

Die Auftragseingänge der Industrie tauchten im Oktober kräftig ab. Eine Besserung ist weit und breit nicht in Sicht. Blickt man aus...

DWN
Politik
Politik Ungarn wird EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine blockieren
06.12.2023

Ungarns Regierung wird Beitrittsverhandlungen der EU mit der Ukraine ablehnen. Beim anstehenden Treffen der EU dürfte es zu großen...

DWN
Finanzen
Finanzen Zinssenkungsfantasie beherrscht das Marktgeschehen
06.12.2023

Insbesondere die als dovish interpretierte Rede des US-Notenbankvorsitzenden Jerome Powell war es, die den Märkten am vergangenen Freitag...

DWN
Politik
Politik Bundesumweltamt will Auto-Fahrer für Haushaltskrise zahlen lassen
05.12.2023

Die Ampel kann ihre Haushaltskrise sofort beheben, wenn sie verschiedene Subventionen für den Automobilsektor abschafft, sagt...