Adam Darski, dem Frontmann der polnischen Band Behemoth, droht eine Verurteilung wegen der „Verletzung religiöser Gefühle“. Das Oberste Gericht seines Landes kassierte das Urteil eines Danziger Gerichts, das den Musiker freigesprochen hatte. Bereits im Jahr 2007 hatte Darski bei einem Konzert seiner Band eine Bibel zerrissen und die Katholische Kirche als „mörderische Sekte“ bezeichnet. Daraufhin wurde er von polnischen Behörden angezeigt. Allerdings sprach ein Danziger Gericht den Musiker in erster Instanz frei. Es folgte der Verteidigung in dem entscheidenden Punkt, dass bei Darskis Konzert lediglich die eigenen Fans zugegen waren und somit keine „religiösen Gefühle“ verletzt worden seien, so die Gazeta Wyborcza.
Der Fall wurde jedoch an das Oberste Gericht weitergegeben, das den Fall anders sah. Es vertrat die Auffassung, dass Darski sich dessen bewusst war, dass sein Handeln die „religiösen Gefühle“ anderer verletzen könnte - auch wenn diese gerade nicht anwesend seien. Und das könnte für einen Schuldspruch genügen. Nun muss das Danziger Gericht neu entscheiden, ob Darski „religiöse Gefühle“ verletzt hat. Dem Musiker drohen bis zu zwei Jahre Haft.
Zu dem Fall hat sich nun passenderweise die EU-Kommission zu Wort gemeldet - die in diesem Fall erklärterweise nicht zuständig ist, weil das Verhältnis von Kirche und Religionen immer noch nationalstaatliches Recht ist. Dennoch fühlte sich die Kommission bemüßigt, die polnische Justiz zu rüffeln: Eine mögliche Verurteilung des Musikers durch die polnische Justiz widerspreche den europäischen Werten. Die EU-Staaten müssten internationale Verträge wie die EU-Menschenrechtskonvention respektieren, die auch von Polen unterzeichnet wurde. Das Recht auf freie Meinungsäußerung beschütze nicht nur Gedanken, die gern gehört würden, sondern auch solche, die „beleidigen, schockieren oder verstören“, teilt die Kommission in einem Sendschreiben mit.
In Polen kommt die Zurechtweisung durch Brüssel gar nicht gut an. Mehrere polnische Parlamentarier empörten sich über die Einmischung von der EU, berichtet das polnische Nachrichtenportal Interia. Außerdem halten viele Christen des Landes die Kritik der EU für unfair, da die EU die Beleidigung des Islam oder von Homosexuellen kritisiere und gleichzeitig Christenbeleidiger verteidige, so Interia.
Erst kürzlich musste ein türkischer TV-Sender 25.000 Euro Strafe zahlen, weil den Behörden die Darstellung Gottes in einer Folge der Simpsons nicht passte: Der Teufel traf Gott zu einem Kaffee-Kränzchen. Auch in diesem Zusammenhang wurde mit der Beleidigung der Religion argumentiert (mehr hier). Vor der EU ist zu diesem Vorfall keine Stellungnahme bekannt - obowhl sie ihre Stimme gerade im Hinblick auf die immer noch laufenden Beitrittsgespräche mit der Türkei hätte erheben können.