An den Börsen ist die Furcht vor einem baldigen Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone wieder da. Europas Anleger stellten sich am Donnerstag erneut auf den so genannten Grexit ein und trennten sich von Aktien. Der Dax fiel um 1,9 Prozent auf 11.998 Punkte. Zulauf bekamen hingegen die als sicher geltenden Bundesanleihen. Dies drückte die Rendite der zehnjährigen Titel auf ein Rekordtief von 0,072 Prozent.
Börsianern zufolge heizte ein Bericht der Financial Times die Debatte um Griechenland an. Demzufolge hat das Land beim Internationalen Währungsfonds (IWF) um den Aufschub für die Zahlung einer Kreditrate gebeten. Dieser habe das Ansinnen aber abgelehnt. Das griechische Finanzministerium dementierte den Bericht. IWF-Chefin Christine Lagarde sagte, solche Aufschübe seien kein Schritt, der in der aktuellen Situation zu empfehlen wäre. Der Fonds habe noch nie einem entwickeltem Land eine Stundung bei der Rückzahlung von Krediten gewährt.
Gleichzeitig wachsen bei den europäischen Geldgebern die Zweifel an einer baldigen Lösung des Schuldenstreits mit Griechenland. Eine Einigung ist aber die Voraussetzung für neue Hilfskredite. "An den Börsen geht die Angst um, dass die Situation eskaliert. Das wirkt sich auch auf den Anleihemarkt aus", sagte Gerhard Schwarz von der Baader Bank. Anleger flohen aus den Anleihen des Mittelmeer-Anrainers: das trieb die Rendite der zweijährigen Papiere um mehr als vier volle Punkte bis auf ein Drei-Jahres-Hoch von 28,101 Prozent. Die zehnjährigen Titel rentierten mit 13,298 Prozent so hoch wie zuletzt vor etwa zweieinhalb Jahren.
Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras zeigte sich indes zuversichtlich, bis Monatsende eine Einigung zu erzielen. Es habe bemerkenswerte Fortschritte bei Themen wie Steuern und Korruption gegeben, sagte Tsipras der Nachrichtenagentur Reuters. Strittig seien allerdings noch vier Punkte: Arbeitsmarkt, Rentenreform, Mehrwertsteuererhöhungen und Privatisierung. Der Athener Aktienindex machte seine Tagesverluste zum Handelsschluss wieder wett und lag 1,1 Prozent im Plus. An den anderen europäischen Handelsplätzen ging es hingegen abwärts: der EuroStoxx50 verlor 1,4 Prozent.
Bei den Einzelwerten mussten besonders Finanzwerte Federn lassen: Deutsche Bank und Commerzbank verloren je rund 3,8 Prozent. Der Branchenindex gab 1,4 Prozent nach. Die US-Großbank Goldman Sachs konnte die schlechte Stimmung nicht aufhellen: die Bank hat mit einem im ersten Quartal dank eines boomenden Handelsgeschäfts mehr verdient. Auch die Aktien von Goldman Sachs lagen an einer insgesamt leicht schwächeren Wall Street im Minus.
Ebenfalls zu den größten Verlierern zählten in Frankfurt Lanxess mit minus 4,1 Prozent und BASF mit minus 3,7 Prozent.
Anleger griffen bei Zalando beherzt zu. Die im Kleinwerte-Index SDax gelisteten Aktien stiegen um 16,3 Prozent auf 28,40 Euro. Der Online-Modehändler hatte den Umsatz im abgelaufenen Quartal kräftig gesteigertID:nL5N0XD039]. Im Londoner Auswahlindex FTSE übernahmen Unilever die Spitze. Der Anbieter von Langnese-Eis und Domestos-Reiniger hatte dank besserer Geschäfte in China ein Quartalsergebnis über Markterwartungen vorgelegt. Die Aktien des Konsumgüter-Konzerns stiegen um 2,6 Prozent auf 3011 Pence.
Hingegen setzten Probleme bei einem milliardenschweren Bildungsprojekt in den USA den Aktien des britischen Medienkonzerns Pearson zu. Die Titel rutschten an der Londoner Börse um 3,9 Prozent auf 1370 Pence ab. Der europäische Branchenindex verlor ein Prozent.