Finanzen

Bundesregierung billigt Steuer-Milliarden für Strom-Konzerne

Die Bundesregierung hat die umstrittene Strom-Reserve beschlossen. Acht Braunkohlekraftwerke sollen für den Notfall in Bereitschaft gehalten und nach sieben Jahren geschlossen werden. Für diesen Zeitraum erhalten die Energiekonzerne jährlich 230 Millionen Euro vom Steuerzahler.
04.11.2015 12:55
Lesezeit: 2 min

Am Mittwoch hat die Bundesregierung die umstrittene Strom-Reserve gebilligt. Ziel ist es die nationalen Klimaziele für 2020 noch zu erreichen. Geplant ist eine Minderung um 40 Prozent bis 2020 gemessen am Jahr 1990. Dafür sollen die Braunkohlekraftwerke nach und nach vom Markt genommen werden. Vorübergehend bilden sie dann eine Reserve.

Betroffen sind acht alte Braunkohlekraftwerke, die vor allem von Vattenfall und RWE bedient werden. Bis 2022 sollen die acht Kraftwerke in Reserve gehalten werden. Dafür erhalten die Konzerne jedes Jahr etwa 230 Millionen Euro, rund 1,6 Milliarden Euro insgesamt. 2022 sollen die betroffenen Kraftwerke dann gänzlich geschlossen werden. Finanziert wird das Umlagesystem über den Strompreis, also den Steuerzahler. Dies bedeutet einen Anstieg der Netzentgelte um rund 0,05 Cent pro Kilowattstunde.

Mit der nun beschlossenen Stromreserve ist die Regierung den Stromkonzernen stark entgegengekommen. Ursprünglich sollte für die ältesten Braunkohlekraftwerke eine Abgabe erhoben werden, um sie so nach und nach aus dem Markt zu drängen. Der Widerstand der Gewerkschaften und Konzerne war jedoch groß und auch Teile der Union wehrten sich gegen den Vorschlag. Gabriel hatte vorgeschlagen, den Kohlendioxid-Ausstoß von älteren Kraftwerken bis 2020 um 22 Millionen Tonnen zu drücken. Wenn Kohle-Kraftwerke über eine bestimmte Freigrenze hinaus CO2 ausstoßen, sollen die Betreiber eine Strafe von bis zu 20 Euro pro Tonne zahlen.

Zur nun beschlossenen Alternative sagte Gabriel Ende November: „Die Maßnahme ist wichtig, um unsere Klimaziele zu erreichen und zugleich sicherzustellen, dass es in den betroffenen Regionen nicht zu Strukturbrüchen kommt.“ Damit sei sie für Beschäftigte und Unternehmen eine gute und tragbare Lösung. Die Braunkohlekraftwerke erbringen eine Emissionsminderung von 11 bis 12,5 Millionen Tonnen CO2 im Jahr 2020:

Dieser Minderungsbeitrag ist nötig, um unsere nationalen Klimaziele zu erreichen. Die verbleibenden Minderungsbeiträge liefern zwei weitere Bausteine aus dem energiepolitischen Eckpunktepapier vom 1. Juli: die Kraft-Wärme-Kopplung (4 Mio. t CO2) sowie Maßnahmen im Bereich der Energieeffizienz (5,5 Mio. t CO2). Die genaue Entwicklung der Emissionsminderung wird im Jahr 2018 evaluiert. Sollte sich abzeichnen, dass die angestrebte Minderung von zusätzlich 12,5 Mio. t CO2 bis 2020 nicht erreicht wird, werden die Betreiber geeignete zusätzliche Maßnahmen vorschlagen.“

Greenpeace kritisierte die Strom-Reserve schon im Voraus als „Zugeständnis an die Kraftwerksbetreiber“ und demonstrierte deshalb auf dem ältesten Kohlekraftwerk Deutschlands. Greenpeace zufolge reichen die acht betroffenen Kraftwerke nicht einmal aus, um das Klimaziel noch zu erreichen. Eine Studie des Beratungsinstituts Energy Brainpool zeigte demnach, dass dafür eigentlich drei Mal so viel vom Netz genommen werden müssten.

Die Bundesregierung schont ausgerechnet den klimaschädlichsten Teil der Stromerzeugung, die Kohlekraftwerke. Sie sieht tatenlos zu, wie moderne und saubere Gaskraftwerke von schmutzigen Kohlekraftwerke verdrängt werden“, so Greenpeace Energieexpertin Susanne Neubronner. „Das ist das Gegenteil einer verantwortungsvollen Energiepolitik – es ist ein klimapolitischer Offenbarungseid.“

Zusätzlich zu den Zahlungen für die Stromreserve hat das Kabinett auch ein neues Strommarktdesign beschlossen. Dieses erlaubt es, bei Engpässen auch sehr hohe Preise zuzulassen. Das soll dazu führen, dass es sich für die teuren Gaskraftwerke lohnt, auch bei kurzen Produktionszeiten eingesetzt zu werden.

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft USA vor dem Kassensturz: Schuldenkollaps rückt näher - was bedeutet das für die globale Wirtschaft?
19.05.2025

Die USA taumeln auf einen finanziellen Abgrund zu: Moody’s entzieht der Supermacht das Top-Rating, Investoren fliehen, und der Kongress...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis steigt nach US-Herabstufung: Wie Anleger jetzt reagieren sollten
19.05.2025

Der Goldpreis zieht nach der Herabstufung der US-Kreditwürdigkeit spürbar an. Was bedeutet das für Anleger? Droht eine neue...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Fünf Jahre nach Brexit: Neuer Kurs zwischen EU und London
19.05.2025

Fünf Jahre nach dem Brexit nähern sich EU und Großbritannien wieder an – doch nicht ohne Reibung. Was bedeutet das für Handel,...

DWN
Finanzen
Finanzen ThyssenKrupp-Aktie: Vom Höhenflug zum Absturz – wie geht es jetzt weiter?
19.05.2025

Die ThyssenKrupp-Aktie hat in den vergangenen Tagen eine herbe Talfahrt erlebt. Noch vor wenigen Wochen galt das Papier als Gewinner des...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Seltene Erden: China dreht der Welt den Rohstoffhahn zu - Industrie droht der Stillstand
19.05.2025

Mitten im geopolitischen Machtpoker nutzt China seine Dominanz bei seltenen Erden als Waffe – und bringt westliche Industrien ins Wanken....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Innere Kündigung: Frühzeitig erkennen und wirksam handeln
19.05.2025

Eine Kündigung kommt in der Regel nicht einfach aus dem Nichts. Oft zeigen Mitarbeiter Anzeichen dafür, dass sie das Unternehmen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Fachkräftemangel hausgemacht: Nach Corona-Lockdown und Dauermigration fast 3 Millionen Menschen ohne Berufsabschluss
19.05.2025

Trotz immenser Zuwanderung, leere Lehrstellen und Fachkräftemangel: Fast 3 Millionen junge Erwachsene in Deutschland haben keinen...

DWN
Politik
Politik Gasfunde in der Schwarzmeerregion: Türkei meldet strategischen Energieerfolg – Erdgasvorkommen mit enormem Wert
19.05.2025

Die Türkei entdeckt im Schwarzen Meer neue Erdgasvorkommen von enormem Wert. Der Fund unterstreicht Ankaras anhaltenden Kurs in Richtung...