Politik

Bei Wahlen im Iran zeichnet sich klarer Sieg der Reformer ab

Im Iran zeichnet sich bei der Parlamentswahl ein klarer Sieg der Reformer von Präsident Hassan Ruhani ab. Vor allem in der Region Teheran war Ruhanis Bündnis erfolgreich. Allerdings waren zuvor zahlreiche Reform-Gruppen von der Wahl ausgeschlossen worden.
27.02.2016 22:23
Lesezeit: 2 min

Nach der Parlamentswahl im Iran hat sich zumindest in der Hauptstadtregion ein gutes Ergebnis für die Reformer und Gemäßigten um Präsident Hassan Ruhani abgezeichnet. In der Provinz Teheran konnten sie laut Teilergebnissen auf nahezu alle Sitze hoffen. In den übrigen Regionen der Islamischen Republik zeichnete sich am Samstagabend noch keine klare Tendenz ab. Bei der Wahl vom Freitag wurde auch der einflussreiche Expertenrat neu besetzt.

Nach Angaben des Innenministeriums gaben 33 von 55 Millionen Wahlberechtigten und damit rund 60 Prozent ihre Stimme ab. Wegen des großen Andrangs blieben die Wahllokale am Freitagabend einige Stunden länger geöffnet.

Unklar war zunächst, ob der zum moderaten Lager gehörende Präsident Ruhani gestärkt aus der Abstimmung hervorgehen würde. Am Samstagabend zeichnete sich zumindest in der wichtigen Hauptstadtregion ein Sieg für die Reformer ab: In der Provinz Teheran konnten sie laut Auszählung von 44 Prozent der Stimmen auf 29 der 30 zu vergebenden Sitze hoffen. Bei einem Sitz lag der konservative Kandidat in der Stimmenauszählung vorn.

Auf der Spitzenposition in der Region Teheran landete den Angaben zufolge der Reformkandidat Mohammed Resa Aref. Er war 2013 als Präsidentschaftskandidat angetreten, hatte sich aber dann zugunsten des heutigen Staatschef Ruhani zurückgezogen und ihm damit den Sieg bereits im ersten Wahlgang ermöglicht. Für den Anführer der konservativen Liste, Gholam-Ali Hadad Adel, zeichnete sich der siebte Platz ab.

Zuvor hatte die halbamtliche Nachrichtenagentur Isna berichtet, von den 56 Wahlkreisen außerhalb der Hauptstadtregion seien 19 an die Konservativen, neun an Ruhani-Anhänger und 14 an unabhängige Kandidaten gegangen. Bei den übrigen 14 zu vergebenden Sitzen war der Ausgang unklar, so dass eine Stichwahl im April oder Mai nötig werden dürfte.

4844 Kandidaten, darunter knapp 500 Frauen, waren zur Parlamentswahl zugelassen. Der konservative Wächterrat hatte von den ursprünglich mehr als 12.000 Kandidaten bei der Parlamentswahl rund 60 Prozent ausgeschlossen, darunter vor allem Reformkandidaten.

Die verbliebenen Kandidaten aus diesem Lager verbündeten sich mit den Moderaten und gründeten unter Arefs Führung die Liste "Hoffnung". Die Ex-Präsidenten Mohammed Chatami und Akbar Haschemi Rafsandschani riefen zur Wahl der Kandidaten aus dem Lager Ruhanis auf, um dem "Extremismus" entgegenzutreten.

Das Parlament, das seit 2004 von den Konservativen dominiert ist, hatte in den vergangenen Jahren immer wieder Reformen blockiert oder - wie im Fall der Atomverhandlungen - Ruhanis Politik zu hintertreiben versucht.

Gewählt wurde neben dem Parlament auch der Expertenrat, der im Falle des Todes des geistlichen Oberhaupts Ayatollah Ali Chamenei dessen Nachfolger wählen würde. Die Mandate im Parlament werden für vier Jahre vergeben, die Mandate im Expertenrat für acht Jahre. Womöglich werden die Mitglieder des Expertenrats in den kommenden acht Jahren einen Nachfolger des 76-jährigen Chamenei zu bestimmen haben.

Bei der Wahl des 88-köpfigen Expertenrates lagen Ruhani und Rafsandschani nach der Auszählung von einem Drittel der Stimmen in der Provinz Teheran vorn. Insgesamt schafften es demnach 13 Vertreter der Liste von Ruhani und Rafsandschani sowie drei Konservative unter die besten 16.

Das endgültige Wahlergebnis, das vom mächtigen Wächterrat abgesegnet werden muss, wird erst in einigen Tagen erwartet. Unklar war, in welchem Ausmaß die jüngste Einigung über das iranische Atomprogramm den Wahlausgang im Iran beeinflussen würde.

Nach jahrzehntelangem Streit war im Januar das historische Atomabkommen zwischen dem Iran und den UN-Vetomächten sowie Deutschland in Kraft getreten. Der Westen hob daraufhin seine Sanktionen gegen das Land auf. Am Freitag bescheinigte die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) Teheran die Einhaltung des Atomabkommens.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Großbritanniens leiser EU-Kurs: Rückkehr durch die Hintertür?
12.05.2025

Offiziell betont die britische Regierung unter Premierminister Keir Starmer weiterhin die Eigenständigkeit Großbritanniens nach dem...

DWN
Politik
Politik Frühere AfD-Chefin: Frauke Petry kündigt Gründung neuer Partei an - Alternative für die FDP?
11.05.2025

Die frühere Vorsitzende der AfD will vom kommenden Jahr an mit einer neuen Partei bei Wahlen antreten. Ziel der Partei soll sein, dass...

DWN
Immobilien
Immobilien Deutschlands Zukunft? Wohnquartiere als soziale Brennpunkte: Armut, Migration und Überalterung
11.05.2025

Armut, Migration, Wohnungsmangel, Überalterung und Einsamkeit: Immer mehr Wohnquartiere in Deutschland sind überfordert. Eine neue Studie...

DWN
Finanzen
Finanzen Ölpreis: OPEC-Konflikt eskaliert – Saudi-Arabien warnt vor Marktchaos
11.05.2025

Ein gefährlicher Riss geht durch die mächtige Allianz der OPEC-Plus-Staaten. Statt mit geschlossener Strategie die Preise zu...

DWN
Politik
Politik Kann Deutschland Europa retten? Der neue Koalitionsvertrag offenbart alte Schwächen
11.05.2025

Zum Europatag 2025 richtet sich der Blick erneut nach Berlin. Die Erwartungen an Deutschland sind hoch – nicht nur innerhalb der Union,...

DWN
Finanzen
Finanzen Börsenkrisen: Warum Volatilität kein Risiko ist
11.05.2025

Wenn die Börsen Achterbahn fahren, zittern viele Anleger. Doch Panik ist oft der schlechteste Berater – denn was aussieht wie ein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Strategien für Krisenzeiten: Wie Sie jetzt Ihre Unternehmensleistung steigern
11.05.2025

Steigende Kosten, Fachkräftemangel, Finanzierungsdruck – viele KMU kämpfen ums Überleben. Doch mit den richtigen Strategien lässt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft USA vor Energieumbruch: Strom wird zum neuen Öl – und zur nächsten geopolitischen Baustelle
11.05.2025

Ein fundamentaler Wandel zeichnet sich in der US-Wirtschaft ab: Elektrizität verdrängt Öl als Rückgrat der nationalen...