Finanzen

Studie: Hälfte der Amerikaner hat praktisch keine Ersparnisse

Große Teile der US-amerikanischen Bevölkerung sind von akuter Armut bedroht. Fast die Hälfte hätte Probleme, sofort 400 Dollar für ein unvorhergesehenes Ereignis aufzutreiben.
04.11.2016 02:01
Lesezeit: 2 min

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Die finanzielle Lage großer Teile der US-amerikanischen Bevölkerung ist offenbar sehr angespannt. Eine 2013 getätigte Umfrage der Zentralbank Federal Reserve ergab, dass fast die Hälfte der Befragten Probleme hätten, sofort 400 Dollar aufzutreiben. 47 Prozent der Befragten gaben demzufolge an, dass sie das Geld entweder leihen müssten, etwas dafür verkaufen müssten oder dass sie die 400 Dollar im Notfall überhaupt nicht aufbringen könnten, berichtet das Magazin The Atlantic in einem interessanten Artikel.

Die Erkenntnisse der Fed werden von anderen Studie bestätigt, deren Ergebnisse The Atlantic folgendermaßen zusammenfasst: „Eine Umfrage von Bankrate aus dem Jahr 2014 fand heraus, dass nur 38 Prozent der Amerikaner medizinische Notfallkosten von 1.000 Dollar oder 500 Dollar für eine Autoreparatur sofort aus ihren Ersparnissen begleichen könnten. Zwei Berichte des Pew Charitable Trusts stellten 2015 fest, das 55 Prozent der Haushalte nicht für das Ausbleiben eines Monatslohns aus ihren Ersparnissen aufkommen können und dass 71 Prozent der Befragten sich Sorgen machen, alltägliche Kosten begleichen zu können. Eine Studie der George Washington University und von Princton fragte Bürger, ob sie innerhalb von 30 Tagen 2.000 Dollar für unerwartete Rechnungen aufbringen könnten. Mehr als ein Viertel gab an, das nicht zu können und über 40 Prozent sagten, dies nur durch Verkaufen oder Verpfänden von eigenen Habseligkeiten zu schaffen. Fazit: Fast die Hälfte der Erwachsenen sind ‚finanziell fragil‘ und ‚leben nah am finanziellen Abgrund‘.“

Es gibt Hinweise darauf, dass das durchschnittliche Vermögen der US-Amerikaner – zu dem auch die unsicheren Pensionsansprüche gegenüber dem Staat und Unternehmen und der Immobilienbesitz gerechnet werden – in den vergangenen Jahren deutlich gesunken ist.

Der Ökonom Edward Wolff von der New York University hat die Vermögensentwicklung zwischen 1983 und 2013 untersucht. Danach ist das Median-Vermögen des ärmsten Fünftels der US-Amerikaner in diesem Zeitraum um rund 85 Prozent zurückgegangen – beim zweitärmsten Fünftel waren es über 60 Prozent und beim mittleren Fünftel über 25 Prozent.

„Berechnungen der Russell Sage Foundation zufolge betrug das inflationsbereinigte Netto-Vermögen des typischen amerikanischen Haushalts – am Medianpunkt der Vermögensverteilung – im Jahr 2003 fast 88.000 Dollar. Bis zum Jahr 2013 war es um 38 Prozent auf 54.500 Dollar gesunken. Und obwohl das Platzen der Immobilienblase im Jahr 2008 sicherlich zu diesem Absinken beigetragen hatte, begann der Abstieg bei den unteren Fünfteln der Gesellschaft schon weit vorher – Mitte der 1980er Jahre“, schreibt The Atlantic.

Äußerst bemerkenswert ist, dass die Vermögensminderung damit zu einer Zeit beginnt, in der die neoliberale Wirtschaftspolitik von Präsident Reagan zu greifen begann. The Atlantic stellt einen Zusammenhang zur massiven Ausweitung der Kreditkartenzahlungen in den USA fest. „Mitte der 1980er Jahre stiegen Kreditschulden in Amerika massiv an. Was folgte war die sogenannte ‚Große Mäßigkeit‘ – eine jahrzehntelange Periode in welcher Rezessionen aufgrund der stetigen Schuldenausweitung selten und mild waren und das Risiko dieser Schulden gering zu sein schien.“

Die Ausweitung und ständige Verfügbarkeit des Schuldenmachens hat viele Amerikaner offenbar zu dem Gedanken verleitet, nichts sparen zu müssen, was sich angesichts der inzwischen enorm hohen Gesamtverschuldung des Systems nun rächt.

Das diese Entwicklung so lange von der Wissenschaft unbemerkt geblieben war, wird mit dem sozialen Schamgefühl erklärt, welches relative oder absolute Armut in Gesellschaften spielt. „Sie hören von ihrem Freund wahrscheinlich eher, dass er Potenzprobleme hat, als dass er seine Kreditkarten-Rechnungen nicht bezahlen kann – viel eher“, wird ein Sozialpsychologe von The Atlantic zitiert. „Amerika ist ein Land der Gewinner und Verlierer, der Alphatiere und der Schwächlinge, wie Donald Trump sagt. Finanzielle Probleme zu haben ist deshalb eine Quelle der Scham, eine tagtägliche Erniedrigung. Schweigen ist der einzige Schutz.“

„In den 1950er und 1960er Jahren hat das Amerikanische Wirtschaftswachstum den Wohlstand demokratisiert. In den 2010er Jahren haben wir es geschafft, die finanzielle Unsicherheit zu demokratisieren“, schreibt The Atlantic.

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