Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, hat in dem gegen sie angestrengten Gerichtsverfahren wegen Nachlässigkeit im Amt keinen leichten Stand. In dem Prozess geht es um eine unrechtmäßige Zahlung von über 400 Millionen Euro an den Geschäftsmann Bernard Tapie während Lagardes Zeit als französische Finanzministerin unter Präsident Nicolas Sarkozy.
Lagardes Strategie besteht offenbar darin, Unwissenheit bezüglich der Vorgänge zu demonstrieren. „Sie portraitiert sich selbst als eine politische Novizin, welche zu viel Vertrauen in ihre Mannschaft hatte und welche die Vorgänge in der umfangreichen Verwaltung nicht überblickte, die sie kontrollieren sollte“, schreibt die Financial Times.
Sie habe die internen Memos nicht gelesen, welche sich gegen eine außergerichtliche Einigung mit Tapie ausgesprochen haben, behauptet Lagarde. Sie sie auch nicht darüber informiert gewesen, dass sich ihr Stabschef Stéphane Richard mit Tapie im Elysée-Palast getroffen habe. „Wurde ich getäuscht? Wurden viele von uns getäuscht? Vielleicht. War ich nachlässig? Nein“, wird Lagarde zitiert.
Lagarde steht vor einem Sondertribunal, dass Vergehen von (ehemaligen) Ministern untersucht und welches weitgehend aus Parlamentariern ohne Erfahrung in der Rechtsprechung besteht. Der Prozess gegen Lagarde ist erst der fünfte Prozess des Tribunals seit 1993.
Die Richter zeigen sich von Lagardes Argumentation bislang wenig beeindruckt, obwohl sie auch die politische Unterstützung von Präsident François Hollande genießt. „Sie sagten, dass sie die internen Memos nicht gelesen haben, dass Sie sie erst später entdeckten. Sie müssen sehr unglücklich gewesen sein, als sie sie gelesen haben“, fragte der Richter. „Eine Finanzministerin ist häufig unglücklich“, erwiderte Lagarde. Nachdem der Richter betonte, dass Berichte über die Warnungen vor einer außergerichtlichen Zahlung an Tapie in jener Zeit auch in der Presse und spezielle im Le Canard Enchainé berichtet wurden, sagte Lagarde: „Ich lese den Canard Enchainé nicht.“
Das Urteil wird wahrscheinlich am Montag verkündet. Lagarde drohen bis zu einem Jahr Haft und eine Geldstrafe von 15.000 Euro.