Finanzen

Anleger reagieren verhalten auf neue US-Energie-Politik

Lesezeit: 4 min
30.06.2017 23:18
US-Präsident Trump will die USA zum dominanten Faktor auf den globalen Energiemärkten machen. Die Anleger glauben den Versprechungen jedoch noch nicht.
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Präsident Donald Trump hat sich ein neues Ziel gesetzt: Er plant die USA zum Exportweltmeister auf dem globalen Energiemarkt zu befördern. Das wird logischerweise nicht nur durch die wiedereröffneten Kohlekraftwerke geschehen, sondern in erster Linie auch durch andere Quellen.

Zum Hintergrund: Die USA produzieren laut dem Nuclear Energy Institute seit etwa zwölf Jahren relativ konstant 4 Milliarden MWh pro Jahr. Der Anteil an Nuklearenergie beträgt im Durchschnitt 19,5 Prozent. Rund 800 Millionen Megawattstunden werden demnach über Atomstrom produziert.

Laut Zahlen von 2016 nutzen die USA Erdgas für 33,8 Prozent der Stromgewinnung und Kohle in Höhe von 30,4 Prozent. Letztere Quote sollte für 2017 steigen, schließlich hat Trump speziell die stillgelegten Kohlekraftwerke ins Visier genommen, um neue Arbeitsplätze zu schaffen.

Die Ökobilanz sieht immerhin schon ganz ansprechend aus. 14,9 Prozent des Stroms kamen 2016 aus erneuerbaren Energiequellen. 6,5 Prozent aus Wasserkraft, 5,6 Prozent durch Windenergie, Biomasse lag bei 1,5 Prozent und Geothermie bei 0,4 Prozent. Solarenergie ist deutlich ausbaufähig. Gerade einmal 0,9 Prozent der gesamten US-Produktion stammen von der Sonne.

Trump will also das Ruder herumreißen und sich nicht mehr vom Mittleren Osten auf Energieebene erpressen lassen. Doch damit nicht genug – er will in erster Linie auch nach Europa exportieren und somit unter anderem Russland das Wasser abgraben.

Was sagt der Markt zu Trumps Rede gestern Abend? Er hat viel angekündigt. Insofern lohnt sich ein Blick auf die Eröffnungskurse der größten Energieunternehmen in den USA. Dabei werfen wir auch einen Blick auf die eher unbekannte Exelon Cooperation. Der Energieriese liefert die größte Menge an Atomenergie in den USA – zwei Drittel seines Stroms stammen aus Nuklearkraftwerken. Alleine der Atomstrom bringt 158 Millionen MWh. Der Rest stammt neben Gas und Öl aus erneuerbaren Energiequellen.

Deren Anleger war die Ansprache von Donald Trump sichtlich egal. Zumindest hat sich der Kurs nach der Markteröffnung um heute 15 Uhr 30 nicht sonderlich bewegt. Im 5-Minuten-Chart ist in Gelb die Tagesgrenze eingezeichnet. Die Kurse haben minimal höher eröffnet, aber das ist wirklich nicht der Rede wert. Lediglich im Laufe der ersten Stunde haben die Kurse allmählich angezogen. Allerdings auch nicht extrem stark, so dass hier gleich ein Trend erkennbar werden würde.

Deutlich anders sieht es dagegen bei Conoco Philips, Chevron und Exxon Mobil aus. Conoco ist der drittgrößte US-Ölkonzern und somit offensichtlich entscheidend von dem vermeintlichen Vorhaben Trumps betroffen. Hier notierten die Aktienkurse zu Beginn deutlich höher, wurden aber wie im 5-Minuten-Chart gut zu sehen ist, genauso schnell wieder abverkauft. Die Nachricht war offenbar interessant, aber die Anleger wollen erst Taten und vor allem Resultate sehen.

Bei Chevron zeigt sich ein sehr ähnliches Bild. Auch hier starten die Kurse mit einem Aufwärtsgap, das im Laufe der nächsten Viertelstunde wieder abverkauft wurde. Doch zumindest bleiben die Kurse auch hier vorerst über dem Schlusskurs des Vortags. Die Nachricht war für viele Investoren offenbar gut, aber kein Weltwunder. Trump hatte zumindest auch seit seiner Wahl die Kurse mit optimistischen Versprechen ansteigen lassen. Diese Vorschusslorbeeren sind anscheinend verbraucht, denn die Anleger sind vorsichtiger geworden. Sie stürmen nicht mehr nach jeder Aussage des Präsidenten vor Jubel an die Tradingsoftware.

Exxon Mobil ist in dieser Hinsicht vom Verlauf her nicht anders. Ein starker Start in den Tag mit einer Kurslücke. Danach folgte der schnelle Abverkauf und seitdem pendeln sich die Kurse auf dem üblichen Niveau ein. Weder Exxon, noch Chevron oder Conoco werden also als heißer Favorit gehandelt, um von Trumps Plänen zu profitieren.

Gibt es denn keinen Energiekonzern, der von der gestrigen Rede besonders profitiert? Doch. Wir haben einen gefunden. NRG Energy – der Energieversorger mit Sitz in Houston versorgt 19 Bundesstaaten und liefert eine Leistung von 53,5 Gigawatt. Dessen Kurse sehen beachtlich aus, im Vergleich zur großen Konkurrenz. Hier gibt es scheinbar nur eine Richtung: nach oben.

Was ist bei NRG anders, als bei den anderen Konzernen? Der Geschäftsbericht 2016 erklärt: Gas bestimmt mit 51 Prozent deren Energiegewinnung. Danach folgen Kohle (26 Prozent), Öl (12 Prozent) und erneuerbare Energien (9 Prozent) auf den Plätzen. Nuklearenergie produziert NRG Energy so gut wie gar nicht. Nur zwei Prozent fallen darauf. Ist das der Schlüssel zum Erfolg? Werden einfach keine neuen Atomkraftwerke gebaut und verlassen sich die Anleger lieber auf Experten, die sich mit den bestehenden Energiequellen auskennen?

Nein, das wäre zu einfach und würde auch nicht erklären, warum Exxon, Chevron und Conoco nicht ähnlich steigen. Vielmehr hat das einen regionalen Hintergrund. NRG hat seit einem Jahr wieder Gespräche aufgenommen mit Beamten der Stadt Tonawanda. Dort befindet sich nämlich ein stillgelegtes Kohlekraftwerk. Vermutlich hoffen die Investoren lediglich darauf, dass dieses Kraftwerk wieder öffnet. Schließlich sorgte NRG Energie für die meisten Steuereinnahmen in der Stadt als das Werk noch in Betrieb war.

Letztlich hat die Rede von Trump die Märkte zwar ein bisschen bewegt, aber große Sprünge blieben aus. Dass die Aktien nach solch einer Rede zwischenzeitlich einen Prozentpunkt im Plus liegen ist so gesehen eher eine schwache Leistung.

Dies mag auch damit zusammenhängen, dass Russland von einem möglichen Krisen-Ende in der Weltwirtschaft profitieren könnte: Der russische Energiekonzern Gazprom will seine Produktion 2017 kräftig steigern und damit die vergangenen mageren Jahre hinter sich lassen. Bei der Hauptversammlung des Unternehmens am Freitag in Moskau sagte Vorstandschef Alexej Miller, bereits im vergangenen Jahr habe die Erdgas-Produktion wieder zugenommen, auf 419 Milliarden Kubikmeter. Nach einem ermutigenden ersten Halbjahr werde die Produktion in diesem Jahr über 450 Milliarden Kubikmeter liegen, sagte Miller.

Vor der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 hatte Gazprom jährlich noch rund 550 Milliarden Kubikmeter Gas gefördert. In den Jahren danach hatte vor allem die Nachfrage im Heimatmarkt Russland stark nachgelassen; die Ukraine als wichtiger Absatzmarkt im Ausland fiel wegen der Annektion der Krim-Halbinsel durch Russland und der Krise zwischen beiden Ländern weg.

Einen Tiefstand mit 418 Milliarden Kubikmeter Gas hatte das Jahr 2015 markiert. Die Exporte nach Europa dagegen zogen in den vergangenen Jahren immer weiter an, obwohl die Europäische Union ihre Energieabhängigkeit von Russland eigentlich verringern will.


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