Die EU-Kommission lehnt Ungarns Forderung nach Übernahme von Kosten für den Bau des Grenzzauns zur Flüchtlingsabwehr ab, berichtet AFP. „Die Europäische Union finanziert nicht den Bau eines Zauns oder einer Sperre an den Außengrenzen“, sagte ein Kommissionssprecher am Freitag. Möglich seien aber Hilfen für „Maßnahmen zum Grenzmanagement“. Allerdings sei EU-Solidarität in der Flüchtlingskrise keine Einbahnstraße: Länder könnten nicht Unterstützung beim Grenzschutz verlangen und gleichzeitig die Aufnahme von Flüchtlingen ablehnen.
Ungarns Regierungschef Viktor Orban hatte am Donnerstag in einem Brief an EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker verlangt, dass Brüssel die Hälfte der Kosten für den Bau des wegen der Flüchtlingskrise errichteten Grenzzauns sowie für die Ausbildung und den Einsatz von 3000 Grenzschützern entlang der Sperre übernimmt. Er bezifferte die Gesamtkosten auf bisher 883,2 Millionen Euro.
Auch in Zukunft erwarte Budapest, dass die EU „die Hälfte der außerordentlichen Grenzschutzausgaben zurückzahlt“, forderte Orban in dem Schreiben. Es sei „keine Übertreibung zu sagen, dass die Sicherheit der europäischen Bürger durch ungarische Steuerzahler finanziert wurde.“ Ungarn schütze „ganz Europa vor der Flut illegaler Migranten“.
Im Jahr 2015 waren mehr als 400.000 Flüchtlinge auf ihrem Weg Richtung Westeuropa durch Ungarn gekommen. Das Land errichtete daraufhin einen mit Stacheldraht bewehrten Zaun an der Grenze zu Serbien. Ein weiterer Zaun wurde später an der Grenze zu Kroatien errichtet, welches zwar EU-Mitglied ist, aber nicht Teil des Schengenraums.
Der Kommissionssprecher verwies darauf, dass Ungarn schon Finanzhilfen mit Blick auf den Schutz der EU-Außengrenze erhalten habe. Es sei aber immer die Position Brüssels gewesen, keine Grenzzäune zu finanzieren. „Das wird sich nicht ändern.“ Wenn Budapest aber zusätzliche Hilfe für „Grenzmanagement“ oder Ausrüstung brauche, sei die Kommission bereit, diese „schnell“ zu prüfen und entsprechend europäischem Recht zu gewähren.
Solidarität beim Vorgehen der EU in der Flüchtlingskrise sei jedoch „kein A-la-carte-Menü“, sagte der Sprecher weiter. Ein Land könne nicht ein Gericht wie das Grenzmanagement auswählen und ein anderes wie die Einhaltung der EU-Beschlüsse zur Flüchtlingsaufnahme ablehnen.
Orbans Anfrage kommt kurz vor der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über Klagen Ungarns und der Slowakei gegen die Aufnahme von Flüchtlingen. Die EU-Innenminister hatten im September 2015 per Mehrheit beschlossen, 120.000 Flüchtlinge aus den Hauptankunftsländern Italien und Griechenland auf alle Mitgliedstaaten umzuverteilen. Der EuGH wird über die Klagen am Mittwoch kommender Woche entscheiden.