Finanzen

Euler Hermes: Europas Firmen stocken Lagerbestände drastisch auf

Einer Befragung des Kreditversicherers Euler Hermes zufolge sind die Lagerbestände in Europa so hoch wie zuletzt im Jahr 2012.
27.06.2019 14:42
Lesezeit: 1 min

Seit Mitte 2018 horten europäische Unternehmen – große Firmen ebenso wie Mittelständler – ungewöhnlich hohe Lagerbestände. Im März 2019 erreichte die Lagerbestandsquote in der Eurozone (basierend auf den Auftragseingängen der Industrie gemäß Einkaufsmanagerindex, EMI) einen neuen Rekordwert – den höchsten Stand seit 2012 und höher als irgendwo sonst auf der Welt. Zu diesem Schluss kommt die aktuelle Studie des weltweit führenden Kreditversicherers Euler Hermes und TRIB Rating.

„Am stärksten ‚aufgestockt‘ haben neben Spaniern und Italienern vor allem die deutschen Unternehmen“, sagt Ron van het Hof, CEO von Euler Hermes in Deutschland, Österreich und der Schweiz. „Die Gründe für die überquellenden Lager sind die steigenden globalen Unsicherheiten, insbesondere ab der zweiten Jahreshälfte 2018, der schwächelnde Welthandel sowie die Nachfrage, die sich in einigen Branchen noch schwächer entwickelt hat, als zunächst erwartet. Viele deutsche Unternehmen, gerade auch im Mittelstand, sind sehr exportstark. Sie sind von den Unsicherheiten entsprechend stärker betroffen als einige ihrer Pendants in anderen Ländern.“

Bei großen Unternehmen im verarbeitenden Gewerbe in der Eurozone stiegen 2018 die durchschnittlichen „Days Inventory Outstanding“ (DIO) – also die Zeitspanne, die ein Unternehmen benötigt, um seine Bestände in Umsatz umzuwandeln – um vier Tage auf 52 Tage (2017: 48 Tage). Den größten Lageraufbau wiesen dabei Unternehmen in Spanien (+11 Tage) und Deutschland (+6 Tage) auf.

Auch die kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) in Europa legten bei den Lagerbeständen deutlich zu. Die durchschnittlichen DIO stiegen um vier Tage auf 58 Tage. Die größten Zuwächse verzeichneten Mittelständler in Italien (+9 Tage) und Deutschland (+6 Tage).

„Die Rekordbestände erfordern entsprechende Gegenmaßnahmen, sagt Kai Gerdes, Direktor Analyse bei Euler Hermes Rating. „Das bedeutet, dass wir Anpassungen sowohl bei der Produktion als auch bei den Preisen sehen werden, um den Abverkauf zu beschleunigen. Schließlich kosten hohe Lagerbestände neben Platz vor allem viel Geld.“

Tatsächlich bewerteten die im Juni 2019 befragten europäischen Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes die aktuellen Lagerbestand selbst als "zu groß".

„Wir schätzen, dass der Lagerbestand in Europa derzeit zwischen 20% und 30% über dem liegt, was normal wäre“, sagt Gerdes. „Das ist erheblich und der Abbau hinterlässt voraussichtlich deutliche Spuren bei Inflation und Wirtschaftswachstum: Die Inflationsrate würde mit den Anpassungen sowohl 2019 als auch 2020 sinken. Zudem dürften die ‚Hamster-Lager‘ das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Euroraum 2019 negativ beeinflussen. Dies dürfte um 0,3 Prozentpunkte (pp) auf +1,2% sinken. 2020 ist dann wieder eine leichte Erholung in Sicht.“

 

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