Janet Yellen ist der Auffassung, der US-Leitzins könnte "relativ bald" erhöht werden. Als Voraussetzung nannte Yellen am Donnerstag in Washington, dass die US-Wirtschaftsdaten weiterhin Fortschritte zeigten. Es war das erste öffentliche Statement Yellens seit dem Wahlsieg von Donald Trump. Der künftige US-Präsident hatte im Wahlkampf vor Zinserhöhungen gewarnt und den Kurs der Zentralbankchefin kritisiert.
Yellen hat allerdings die Möglichkeit, eine Zinserhöhung noch vor dem Amtsantritt Trumps am 20. Januar durchsetzen. Die nächste Sitzung des zuständigen Offenmarktausschusses der Notenbank Federal Reserve ist für den 13. und 14. Dezember angesetzt.
In vorab veröffentlichten Auszügen einer Rede vor dem Kongress führte Yellen aus, dass der nächste Zinserhöhungsschritt nicht mehr allzu lang hinausgezögert werden dürfe. Bleibe er aus, könnte dies zu übermäßig riskanten Manövern an den Finanzmärkten ermutigen und "letztlich die finanzielle Stabilität untergraben".
Trump hatte im Wahlkampf vor einer Erhöhung des US-Leitzinses gewarnt, weil dies den Dollar stärken und folglich den US-Handel in der Konkurrenz mit China und anderen Ländern schwächen könne. Der Republikaner äußerte sich damals auch generell kritisch über Yellen und stellte in Aussicht, dass er sie wahrscheinlich nach Ablauf ihrer derzeitigen Amtsperiode ablösen werde. Die Amtszeit der Notenbankchefin läuft bis zum Februar 2018.
Die Notenbankchefin machte jetzt aber auch deutlich, dass aus ihrer Sicht eine nur moderate und graduelle Zinserhöhung notwendig sein wird, um die Inflation unter Kontrolle zu halten. Die derzeitige Preissteigerungsrate ist der Fed allerdings noch zu niedrig. Sie peilt eine jährliche Rate von zwei Prozent an, in der sie den besten Wert für die Preisstabilität und eine gesunde Arbeitsmarktsituation sieht. Zugleich hat die Notenbank darüber zu wachen, dass die Rate nicht deutlich über diese Zielmarke hinausschießt.
Laut am Donnerstag veröffentlichten Zahlen zog die US-Inflation im Oktober deutlich an; die Verbraucherpreise stiegen um 1,6 Prozent. Der Anstieg war nach Angaben des Arbeitsministeriums vor allem auf die höheren Preise für Benzin und auf dem Wohnungsmarkt zurückzuführen.
Yellen führte aus, dass das voraussichtlich weiterhin "moderate" Wachstum der US-Wirtschaft voraussichtlich reichen werde, um die angepeilte Inflationsrate von zwei Prozent zu erreichen und die Lage auf dem Arbeitsmarkt weiter zu verbessern.
Die Arbeitslosenquote in den USA lag Ende Oktober bei 4,9 Prozent und damit in etwa auf dem gleichen Stand wie seit einem Jahr. Die Bilanz beim Stellenzuwachs ist derzeit solide: Allein im Oktober wurden 161.000 neue Jobs geschaffen.
Aktuelle Zahlen vom Donnerstag deuten auf eine Fortsetzung des positiven Trends am US-Arbeitsmarkt hin. Nach Angaben des Arbeitsministeriums sank die Zahl der Anträge auf Arbeitslosenhilfe in der Woche vom 6. bis 12. November auf 235.000 - dies ist der niedrigste Stand seit 43 Jahren.