Politik

Liberale EU-Fraktion lehnt Kooperation mit Beppe Grillo ab

Die italienische Fünf Sterne Partei wollte sich im EU-Parlament der liberalen ALDE-Fraktion anschließen. Doch die Liberalen lehnten den zwischen den Parteichefs ausgehandelten Deal ab.
10.01.2017 00:24
Lesezeit: 3 min

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Der Chef der Liberalen im EU-Parlament, Guy Verhofstadt, und führende Abgeordnete lehnen eine Aufnahme der Euro-kritischen Fünf-Sterne-Bewegung aus Italien (MoVimento 5 Stelle - M5S) in ihre Fraktion ab. Es gebe keine ausreichende Grundlage für einen solchen Zusammenschluss, teilte Verhofstadt am Montagabend in einer Email mit, berichtet Reuters. „Es bleiben fundamentale Differenzen in bedeutenden europäischen Fragen.“ In Bereichen, in denen es gemeinsame Interessen gebe, wolle man aber weiter eng zusammenarbeiten. Verhofstadt nannte die Umweltpolitik, Transparenz und direkte Demokratie als Beispiele.

„Guy erklärte uns, dass die Fraktion in der Frage gespalten sei und dass für Entscheidungen einer solchen Tragweite eine große Mehrheit herrschen müsse“, wird ein Vorstand von Alde von Politico zitiert. Offenbar waren etwa 26 bis 30 Abgeordnete der insgesamt 69 Parlamentarier umfassenden Fraktion gegen eine Aufnahme der M5S – darunter die Delegationen aus Schweden, Finnland, Dänemark, Estland, Frankreich und Deutschland.

Die Absage der Liberalen bringt die Fünf Sterne Bewegung und ihren Chef Beppe Grillo in schwere Bedrängnis. Die Partei hatte zuvor mehrheitlich beschlossen, im Europaparlament einen Wechsel ihrer Fraktionszugehörigkeit zu vollziehen. Sie hatte sich am Montagmittag in einer Befragung für einen Austritt aus der Fraktion Europa der Freiheit und der direkten Demokratie (EFDD) und für einen Eintritt in der Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa (Alde) entschieden, berichtete Politico. Der Vorsitzdende der M5S, Beppe Grillo, hatte den Fraktionswechsel im Europäischen Parlament am Sonntag überraschend gefordert, berichtete zuvor euobserver.com.

Bisher wurde die EFDD neben der M5S maßgeblich von der britischen Anti-EU-Partei Ukip von Nigel Farage dominiert. Die Alde-Fraktion hingegen befürwortet entschieden die Europäische Union und den Euro. Grillo und seine Partei treten hingegen dafür ein, in Italien einen Volksentscheid über den Austritt aus dem Euro abzuhalten.

Wie aus einer Mitteilung Grillos auf seinem Internetblog hervorgeht, hatten etwa 40.000 Mitglieder seiner Partei an der Befragung zum Thema teilgenommen. Etwa 78,5 Prozent hätten sich für einen Wechsel der Fraktion ausgesprochen. In dem Blog schreibt Grillo, weiter Mitglied der EFDD-Fraktion zu bleiben, hieße, die kommenden zweieinhalb Jahre „ohne gemeinsames politisches Ziel“ anzugehen. Die Ukip habe ihr politisches Ziel mit dem Votum der Briten für einen EU-Austritt erreicht. In den vergangenen zweieinhalb Jahren hätten Ukip und die Abgeordneten der Fünf Sterne zudem in nur rund 20 Prozent der Fälle im EU-Parlament gleich abgestimmt, fügte Grillo hinzu.

In einer Stellungnahme bezeichnete Farage die Entscheidung der Fünf Sterne Partei als unlogisch: „In politischer Hinsicht wäre es für die M5S komplett unlogisch, der am fanatischsten für den Euro eintretenden Fraktion im Europaparlament beizutreten“. M5S werde es nicht lange bei den Liberalen aushalten, sagte Farage. „Beppe Grillo schließt sich nun dem Euro-fanatischen Establishment der Alde an, das (das geplante EU-Freihandelsabkommen mit den USA) TTIP, Masseneinwanderung und eine EU-Armee unterstützt, aber direkte Demokratie ablehnt.“

Grillo begründet den geplanten Seitenwechsel pragmatisch: „Farage hat die Führung seiner Partei bereits abgegeben und die britischen Abgeordneten werden das Europaparlament in der nächsten Legislaturperiode ohnehin verlassen. Bis dahin werden unsere britischen Kollegen damit beschäftigt sein, die politische Zukunft Großbritanniens zu formen“, schrieb Grillo.

Die Gründe für den angestrebten Fraktionswechsel dürften jedoch vornehmlich im Kampf der Parteien um Einfluss und finanzielle Zuwendungen im Europaparlament zu suchen sein. Denn die Konstituierung als Fraktion bietet den Parteien verschiedene Vorteile, insbesondere weitere finanzielle Zuwendungen und mehr parlamentarische Rechte.

Die EFDD verfügt derzeit über 44 Abgeordnete, wovon 20 Abgeordnete auf die Ukip entfallen. Da sich die britischen Abgeordneten aufgrund des Austritts Großbritanniens aus der EU in den kommenden zwei Jahren aus der EFDD verabschieden müssen, fällt die Anzahl der EFDD-Parlamentarier dann insgesamt unter die kritische Marke von 25 Personen, ab welcher die Neugründung einer Fraktion erst erlaubt ist. Die EFDD-Fraktion dürfte zwar aufgrund der EU-Regeln auch danach noch weiterbestehen, eine Fortführung erscheint nach der nächsten Europawahl im Jahr 2019 aufgrund des Fehlens der Ukip jedoch als fraglich.

Grillo selbst sagte, es sei für M5S wichtig, Teil einer Fraktion zu sein, weil dies der Partei eine „größere Sichtbarkeit und mehr Einfluss“ geben würde. Sich zu weigern, einer Fraktion beizutreten, würde bedeuten, nicht arbeiten zu können.

Alde-Fraktionschef Guy Verhofstadt kandidiert für das Amt des EU-Parlamentspräsidenten, das der SPD-Politiker Martin Schulz aufgibt. Von der erforderlichen Mehrheit im Plenum bei der Wahl am 17. Januar ist Verhofstadt aber auch bei Unterstützung durch die 17 Abgeordneten der Fünf Sterne deutlich entfernt, solange die weitaus größeren Fraktionen der EVP und der Sozialisten und Sozialdemokraten an ihren Kandidaten festhalten.

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