In Sachen Unternehmensfortführung setzt der deutsche Mittelstand gern auf eine Weiterführung in der eigenen Familie. Doch gerade wenn es um den langfristigen Erfolg eines Familienunternehmens geht, sollte nicht nur die Verwandtschaft der ausschlaggebende Punkt für eine neue Führung sein. An oberster Stelle sollte die Eignung für die Führung des Unternehmens stehen – ganz gleich, ob es dabei um Geschäftsführertätigkeiten oder Aufgaben im Beirat bzw. Vorstand des Unternehmens geht.
Diese Erfahrung mussten auch die 140 Mitarbeiter der TIEFKUN GmbH & Co KG machen. Das Unternehmen, dessen Name nur ein Synonym darstellt, war in der Kunststoffumformung tätig. Inhaber des Unternehmens waren zwei Familien. Einer der Inhaber, dem das Unternehmen zur Hälfte gehörte, interessierte sich nicht detaillierter für die Fragen des Unternehmens und war mit einem eigenen Projekt gescheitert. Der Zweite, ein Cousin, war Ingenieur. Über Erfahrung hinsichtlich Führung und Betriebswirtschaft verfügte er nicht. Zusammen mit dem Steuerberater bildeten die beiden Cousins den Beirat des Unternehmens. Der Geschäftsführer des Familienunternehmens selbst gehörte nicht zur Familie.
Als sich der Kostendruck auf das Unternehmen erhöhte und die Kunden immer kürzere Lieferzeiten erwarteten, entschied sich der Geschäftsführer, das Unternehmen neu aufzustellen. Der Beirat war daran jedoch nicht interessiert. Nichtsdestotrotz hielt der Geschäftsführer an seinem Plan fest und bezog die Mitarbeiter in mögliche Anpassungsprozesse mit ein. Nach Rationalisierungen in den Produktionsprozessen wurde ein umfangreiches Konzept zur Erneuerung des Unternehmens vom Geschäftsführer in Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern erstellt.
Der Kostenpunkt lag bei zwei Millionen Euro. Die Mitarbeiter hatten sich bereit erklärt, auf die nächste Lohnrunde zu verzichten. Doch es kam anders als erwartet. Ein Inhaber hielt gar nichts von dem neuen Konzept, dem anderen gefiel es, doch die Kosten waren ihm zu hoch. Das dritte Mitglied im Beirat, den Steuerberater, hatte der Geschäftsführer schnell hinter seinem Konzept. Doch trotz wochenlanger Diskussion wurde das Konzept am Ende vom Beirat abgeschmettert.
Der Geschäftsführer verließ ein halbes Jahr später das Unternehmen, einige leitende Mitarbeiter gingen ebenfalls. Letztlich konnte das Unternehmen kurz vor der Insolvenz noch verkauft werden.
"Der andernorts geltende Grundsatz 'Das Werk steht über allem!' hatte hier keine Gültigkeit. Stattdessen standen hier die Geldinteressen der Gesellschafter im Mittelpunkt. Die Gesellschafter hatten sich zu den stärksten Gegnern ihres eigenen Unternehmens entwickelt", so Heiner Kübler und Carl A. Siebel.
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