Gemischtes

Serie Mittelstand: Weniger ist mehr

Der deutsche Mittelstand treibt international die Innovation voran. In einer DWN-Serie stellen wir einige Strategien vor, warum die deutschen Unternehmen weltweit so erfolgreich sind.
27.04.2017 15:01
Lesezeit: 2 min

Es gibt Unternehmen, die gerade deshalb gut funktionieren, weil sie flache Hierarchien haben. Was die einen spöttisch als unorganisiert bezeichnen, kann am Ende erfolgsentscheidend sein. Der KFZ-Hersteller und KFZ-Zulieferer SCHRAMU (Name von der Red. geändert) musste mit seinen weltweit 1.600 Mitarbeitern genau diese Erfahrung machen.

Nach mehr als 20 Jahren am Markt musste sich das Familienunternehmen, das Schrauben und Muttern aus Metall fertigte, von seinem langjährigen Fremd-Geschäftsführer trennen. Als dieser im Jahr 2000 in Rente ging, wurde mittels eines Headhunters ein Nachfolger auserkoren. Dieser hatte wenig später – quasi als zweite neue Führungsebene – fünf Bereichsleiter direkt unter sich. Der vorherige Geschäftsführer hingegen hatte viele Führungsaufgaben selbst erledigt.

Trotz seiner fachlichen Kompetenzen wurde der neue Geschäftsführer aufgrund seiner ungewohnten Ausdrucksweise als Rheinländer in Franken und seiner Distanz mit den Mitarbeitern nicht warm. Das führte dazu, dass die Bereichsleiter immer weniger mit dem Geschäftsführer besprachen und sich nach und nach selbst gegeneinander auszuspielen versuchten. Lief etwas im Unternehmen nicht glatt, wurde die Schuld bei einem der anderen Bereichsleiter gesucht.

Diese neu entstandene Feindseligkeit in Verbindung mit einem distanzierten Geschäftsführer führte in den kommenden Monaten zu einer massiven Unzufriedenheit und Unruhe bei den 16 Abteilungsleitern in der dritten Führungsebene. Die Arbeit der 1.600 Mitarbeiter verschlechterte sich zusehends und auch Beschwerden durch Kunden über schlechte Produkte und mangelnden Service nahmen zu.

„Der schleichende Verfall der Unternehmenskultur spiegelte sich irgendwann in den Zahlen wider. Der Umsatz stagnierte, und der Ertrag sank auf 4 Prozent. Ein Ende dieses Trends war nicht zu erkennen“, schreiben Heiner Kübler und Carl A. Siebel in ihrem Buch „Mittelstand ist eine Haltung.

Glücklicherweise suchten die Gesellschafter nicht nur das Gespräch mit dem Geschäftsführer, sondern auch mit einzelnen Mitarbeitern. Das brachte sie auf die Spur, die Probleme des Konzerns vor allem in der Unternehmensführung zu suchen. Da der Geschäftsführer nur eine sehr geringe Bereitschaft zeigte, sein Führungsverhalten zu verändern, entschieden sich die Gesellschafter dafür, sich von ihm und den Bereichsleitern zu trennen. Die Idee war, die zweite Ebene der Bereichsleiter nicht neu zu besetzen. Vielmehr sollte wieder ein alleiniger Geschäftsführer direkt mit Abteilungsleitern verkehren.

„Denn dort, so hatte es die Analyse der Gesellschafter ergeben, steckte die eigentliche Führungskompetenz des Unternehmens, so Heiner Kübler und Carl A. Siebel. Und der neue Geschäftsführer kam zudem direkt aus der Reihe der Abteilungsleiter. Er war durchwegs akzeptiert und ihm wurde entsprechend vollstes Vertrauen auch von Seiten der Mitarbeiter entgegengebracht. 17 Abteilungsleiter unterstanden ihm – mehr, als es das Lehrbuch vorsieht, aber es funktionierte:

„Durch die neue Kultur der Beteiligung entwickelten die Abteilungsleiter ohne große Vorgaben nicht nur operative, sondern auch strategische Konzepte.“ Besonders das große Vertrauen der Gesellschafter in die Mitarbeiter trug zu dem Erfolg des neuen, alten Modells bei. Denn bei SCHRAMU war bezüglich der Führungsebene weniger tatsächlich mehr.

Das Buch Mittelstand ist eine Haltung: Die stillen Treiber der deutschen Wirtschaft“ ist im September im Econ-Verlag erschienen. Die beiden Autoren Heiner Kübler und Carl A. Siebel schauen dabei hinter die Kulissen des Deutschen Mittelstandes. Erfolg und Misserfolg ist hier gleichermaßen zu finden. Entscheidend jedoch ist, wie die Mittelständler mit den Misserfolgen umgehen.  Bestellen Sie das Buch bei Amazon.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Der deutsche Markt konzentriert sich auf neue Optionen für XRP- und DOGE-Inhaber: Erzielen Sie stabile Renditen aus Krypto-Assets durch Quid Miner!

Für deutsche Anleger mit Ripple (XRP) oder Dogecoin (DOGE) hat die jüngste Volatilität am Kryptowährungsmarkt die Herausforderungen der...

 

DWN
Unternehmen
Unternehmen Praktika und Probearbeiten: Rechte, Pflichten und Fallstricke für Berufseinsteiger
06.07.2025

Viele Praktikanten kennen ihre Rechte nicht – und riskieren, ausgenutzt zu werden. Was wirklich erlaubt ist, wann Praktika bezahlt werden...

DWN
Technologie
Technologie Lithium: Schlüssel zur technologischen Unabhängigkeit – doch der Rohstoff ist knapp
06.07.2025

Lithium ist der Treibstoff moderner Technologien – von E-Autos bis Energiewende. Doch was passiert, wenn die Nachfrage explodiert und das...

DWN
Politik
Politik Rückkehr der Wehrplicht trotz Wirtschaftsflaute? Nato-Ziele nur mit Pflicht zum Wehrdienst möglich
05.07.2025

Die Nato drängt: „Um der Bedrohung durch Russland zu begegnen“, hat die Nato ein großes Aufrüstungsprogramm beschlossen. Doch wie...

DWN
Unternehmen
Unternehmen KI-Schäden: Wenn der Algorithmus Schaden anrichtet – wer zahlt dann?
05.07.2025

Künstliche Intelligenz entscheidet längst über Kreditvergaben, Bewerbungen oder Investitionen. Doch was passiert, wenn dabei Schäden...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Made in Germany: Duale Berufsausbildung - das deutsche Erfolgsmodell der Zukunft
05.07.2025

Die duale Berufsausbildung in Deutschland gilt als Erfolgsmodell: Dieses System ermöglicht jungen Menschen einen direkten Einstieg ins...

DWN
Panorama
Panorama Was Autofahrer über Lastwagen wissen sollten – und selten wissen
05.07.2025

Viele Autofahrer kennen das Gefühl: Lkw auf der Autobahn nerven, blockieren oder bremsen aus. Doch wie sieht die Verkehrswelt eigentlich...

DWN
Finanzen
Finanzen Steuererklärung 2024: Mit diesen 8 Steuertipps können Sie richtig viel Geld rausholen
05.07.2025

Viele Menschen drücken sich vor der Steuererklärung, weil diese manchmal etwas kompliziert ist. Doch es kann sich lohnen, die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wirtschaftskriminalität: Insider-Betrug kostet Millionen - Geschäftsführer haften privat
05.07.2025

Jede zweite Tat geschieht im eigenen Büro - jeder fünfte Schaden sprengt die fünf Millionen Euro Marke. Wer die Kontrollen schleifen...