Deutschland

Liste: Diese Unternehmen spitzeln Internet-User für ihre Regierungen aus

Lesezeit: 1 min
12.03.2013 13:21
Neben Staaten wie China und Iran stehen nun auch deutsche Unternehmen auf der Liste der „Feinde des Internets“, die von den Reportern ohne Grenzen erstellt wird. Sie sollen die Staaten bei der Überwachung und Verfolgung der Bürger unterstützen.
Liste: Diese Unternehmen spitzeln Internet-User für ihre Regierungen aus

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) hat ihre Liste „Feinde des Internets“, die bisher nur Staaten enthielt, um Unternehmen erweitert. Auf der diesjährigen Liste stehen nun auch die IT-Sicherheitsfirmen Gamma International aus Großbritannien und Deutschland, Trovicor aus Deutschland, Hacking Team (Italien), Amesys (Frankreich) und Blue Coat (USA).

Mit Produkten dieser Firmen „spüren autoritäre Regime kritische Journalisten auf, nehmen sie fest und blockieren ihre Webseiten“, heißt es im Jahresbericht der Reporter ohne Grenzen. Die Anbieter verkaufen ihre Software entweder selbst an solche Regierungen und nehmen„ Übergriffe damit in Kauf, oder sie haben es versäumt, den Export ihrer Software so zu kontrollieren, dass Missbrauch ausgeschlossen ist“, sagen die ROG.

Viele Produkte seien zur flächendeckenden Überwachung des Internets geeignet. Nutzerprofile würden erstellt und der Zugang zu bestimmten Webseiten oder die Suche nach einzelnen Stichwörtern blockiert. Andere Programme zielten darauf ab, mit Hilfe von Trojanern einzelne Personen zu überwachen.

Immer wieder berichteten Journalisten, dass sie in Verhören mit Protokollen ihrer Skype-Telefonate, mit E-Mails oder mit SMS-Nachrichten konfrontiert würden. Auch in Ländern wie Syrien, Bahrain oder Libyen werde Überwachungstechnologie eingesetzt, die von westlichen Herstellern stammt.

„Der Einsatz solcher Technologien ist schon unter strenger rechtsstaatlicher Aufsicht umstritten“, zitiert Golem.de das ROG-Vorstandsmitglied Matthias Spielkamp. Doch in den Händen autoritärer Regime verwandeln sich die Technologien in digitale Waffen. „Reporter ohne Grenzen fordert die EU-Staaten auf, den Export von Zensur- und Überwachungstechnik generell zu kontrollieren“, sagt Spielkamp.

Der ROG-Bericht nennt fünf staatliche Feinde des Internets: Syrien, China, Iran, Bahrain und Vietnam. Die Regierungen dieser Länder überwachen mit Hilfe von Späh- und Zensurtechnologie gezielt Journalisten und Medien. Damit seien sie verantwortlich für schwere Verstöße gegen die Presse- und Informationsfreiheit und gegen andere Menschenrechte.

In China etwa würden Voice-over-IP-Verbindungen automatisch auf Schlüsselwörter gefiltert und unter Umständen blockiert oder mitgeschnitten, so der ROG-Bericht. 69 Blogger und Online-Aktivisten säßen dort zurzeit im Gefängnis. Auch die Telefone und der E-Mail-Verkehr ausländischer Korrespondenten würden überwacht. Der Iran plane die vollständige Überwachung des Internets. Der Golfstaat Bahrain habe offenbar die Computer von Oppositionellen mit Trojanern infiziert. Diese könnten E-Mails mitlesen, Internet-Telefonate abhören und auf die eingebaute Kamera zugreifen.

Eine Sprecherin des deutschen Unternehmens Trovicor sagte Golem.de: „Unsere Produkte sind Systemanlagen mit großen Datenbanken, die im Telekommunikationsumfeld installiert werden.“ Das Unternehmen produziere keine Trojaner und keine Hackersoftware. Zudem halte man sich an internationale Gesetze. „Insbesondere wird die deutsche Gesetzgebung beachtet, weil wir eine deutsche Firma sind“, so Trovicor.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Eine Welt ohne Europa?
04.05.2024

Der Krieg in der Ukraine und die Spannungen im Nahen Osten gefährden die Zukunftsfähigkeit der EU. Nun steht sie an einem Scheideweg:...

DWN
Politik
Politik Angriff auf SPD-Europapolitiker: Matthias Ecke in Dresden schwer verletzt
04.05.2024

Schockierende Gewalt: SPD-Europaspitzenkandidat Matthias Ecke wurde brutal angegriffen. Politiker verurteilen den Angriff als Attacke auf...

DWN
Finanzen
Finanzen Platzt die ETF-Blase – was dafür, was dagegen spricht
04.05.2024

Kaum eine Investmentform konnte in den zurückliegenden Jahren die Gunst der Anleger derart erlangen wie dies bei Exchange Traded Funds,...

DWN
Immobilien
Immobilien Streikwelle auf Baustellen droht: Gewerkschaft kündigt Massenstreiks an
04.05.2024

Die Bauindustrie steht vor Massenstreiks: Gewerkschaft kündigt flächendeckende Arbeitsniederlegungen mit rund 930.000 Beschäftigten an.

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Chinas Einfluss in Südostasien: Herausforderung für deutsche Firmen
04.05.2024

Deutsche Unternehmen suchen verstärkt nach Alternativen zum chinesischen Markt und richten ihr Augenmerk auf die aufstrebenden...

DWN
Technologie
Technologie CO2-Speicherung: Vom Nischenthema zum Wachstumsmarkt
04.05.2024

Anreize durch die Politik, eine neue Infrastruktur und sinkende Kosten: CO2-Speicherung entwickelt sich zusehends vom regionalen...

DWN
Politik
Politik Wahljahr-Turbulenzen: Biden im Kreuzfeuer der Gaza-Proteste
04.05.2024

Seit Monaten sind bei fast jedem öffentlichen Auftritt von Präsident Joe Biden propalästinensische Demonstrationen zu sehen, die sich im...

DWN
Politik
Politik Mindestlohn: Neues Streitthema köchelt seit dem Tag der Arbeit
04.05.2024

Im Oktober 2022 wurde das gesetzliche Lohn-Minimum auf zwölf Euro die Stunde erhöht. Seit Jahresanfang liegt es bei 12,41 Euro, die von...