Deutschland

Hedgefonds treiben Aufspaltung von ThyssenKrupp voran

Lesezeit: 2 min
17.07.2018 16:50
Der Rücktritt von Aufsichtsratschef Ulrich Lehner nützt den Hedgefonds Cevian und Elliott bei ihrer Forderung, ThyssenKrupp aufzuspalten.
Hedgefonds treiben Aufspaltung von ThyssenKrupp voran

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Der Rücktritt des Aufsichtsratschefs von Thyssenkrupp hat Spekulationen über eine Zerschlagung des Traditionskonzerns angefacht. Eine Aufspaltung des Konzerns werde durch Ulrich Lehners Rückzug zunehmend wahrscheinlich, schrieben etwa Analysten der US-Investmentbank Jefferies am Dienstag. Aktionäre könnten das Machtvakuum im Aufsichtsrat nutzen, um eine aggressive Restrukturierung des Unternehmens voranzutreiben.

Lehner hatte genau vor so einem Schritt gewarnt. Der Aufsichtsratschef hatte den Vorstand am Montagabend informiert, dass er zum Ende des Monats sein Mandat niederlegt und aus dem Aufsichtsrat ausscheidet. Am Dienstag stieg der Aktienkurs von Thyssenkrupp daraufhin um mehr als neun Prozent.

Lehner begründete seinen Schritt damit, dass das Vertrauen großer Aktionäre und ein gemeinsames Verständnis im Aufsichtsrat nicht mehr gegeben seien. Sein Rücktritt erfolge deshalb "bewusst, um eine grundsätzliche Diskussion bei unseren Aktionären über die Zukunft von Thyssenkrupp zu ermöglichen", erklärte Lehner. Er wolle das notwendige Bewusstsein bei allen Beteiligten schaffen, "dass eine Zerschlagung des Unternehmens und der damit verbundene Verlust von vielen Arbeitsplätzen keine Option darstellt - weder im Sinne des Stifters noch im Sinne unseres Landes."

Die Jefferies-Analysten sehen darin Anzeichen, dass die Großinvestoren Cevian (18 Prozent Aktienanteil) und Elliott sich mit ihrer Forderung nach einer Zerschlagung des Traditionsunternehmens durchsetzen könnten. Hinter Cevian steht der Großspekulant Carl Icahn.

Der größte Aktionär, die Krupp-Stiftung (22 Prozent) habe sich in letzter Zeit dazu sehr leise verhalten. So könnte laut den Analysten etwa nach dem Zusammenschluss der Stahlsparte mit Tata Steel aus Indien auch die wichtige Aufzugsparte vor der Ausgliederung stehen.

Dagegen hatten sich bislang Lehner und auch der ehemalige Vorstandsvorsitzende Heinrich Hiesinger gestemmt. Dieser war aber bereits Anfang Juli mit sofortiger Wirkung zurückgetreten.

Die IG Metall in Nordrhein-Westfalen reagierte mit Bedauern auf den Rückzug von Aufsichtsratschef Lehner. Lehner habe für den Kurs gestanden, "den wir unterstützen", sagte NRW-Bezirksleiter Knut Giesler der "Rheinischen Post" vom Dienstag. Der Konzern komme nicht zur Ruhe, kritisierte Giesler. "Das muss jetzt der allerletzte Weckruf dafür sein, dass sich alle Beteiligten disziplinieren", sagte der NRW-Bezirksleiter der Zeitung. "Es geht immerhin um 39.000 Beschäftigte in NRW".

Auch der neue Unternehmenschef Guido Kerkhoff, der erst Ende vergangener Woche zum Nachfolger Hiesingers ernannt worden war, bedauerte Lehners Rückzug am Montag. Der Aufsichtsratschef habe mit "seiner ruhigen und verlässlichen" Führung immer den Ausgleich zwischen Aktionärs- und Arbeitnehmerinteressen gefunden, erklärte er.

Der BVMW forderte, ein Traditionsunternehmen wie Thyssenkrupp dürfe "nicht auf dem Altar kurzfristiger Renditeerwartungen von Hedgefonds geopfert" werden. "Eine Zerschlagung wäre nicht nur ein Imageschaden für unser Land, sondern hätte auch erhebliche negative Auswirkungen auf den Mittelstand", erklärte er. Der Konzern sei mit seinen 18.000 Zulieferern ein wichtiger Auftraggeber.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Finanzen
Finanzen Deutschland im Investitionstief: Rückgang setzt Wirtschaft unter Druck
02.05.2024

Deutschlands Attraktivität für ausländische Investitionen schwindet weiter: 2023 markiert den niedrigsten Stand seit 2013. Manche...

DWN
Politik
Politik 1.-Mai-Demonstrationen: Gewerkschaften fordern dringend Gerechtigkeit
02.05.2024

Am Tag der Arbeit kämpfen Gewerkschaften für bessere Arbeitsbedingungen. Ihre Spitzenvertreter betonten die Notwendigkeit von...

DWN
Politik
Politik Militärhistoriker Dr. Lothar Schröter im DWN-Interview: Die Folgen des Massenmords von Odessa 2014
02.05.2024

Der Militärhistoriker Dr. Lothar Schröter ordnet im DWN-Interview den Massenmord in Odessa vom 2. Mai 2014 ein. Dabei geht er auch auf...

DWN
Politik
Politik DWN-Interview: Ukraine-Krieg - Zehn Jahre nach dem Massenmord von Odessa
02.05.2024

Am 2. Mai 2014 ist es in der ukrainischen Stadt Odessa zu einem Massenmord gekommen, bei dem fast fünfzig Menschen qualvoll ums Leben...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin als Geldanlage: „Das ist gleichzusetzen mit einem Besuch im Casino“
02.05.2024

Bitcoin entzweit trotz neuer Kursrekorde die Anlegergemeinschaft. Die einen halten große Stücke auf den Coin, die anderen sind kritisch....

DWN
Politik
Politik Heimatschutz: Immer mehr Bürger dienen dem Land und leisten „Wehrdienst light"
01.05.2024

Ob Boris Pistorius (SPD) das große Ziel erreicht, die Truppe auf über 200.000 Soldaten aufzustocken bis 2031 ist noch nicht ausgemacht....

DWN
Immobilien
Immobilien Balkonkraftwerk mit Speicher: Solarpaket könnte Boom auslösen - lohnt sich der Einbau?
01.05.2024

Balkonkraftwerke aus Steckersolargeräten werden immer beliebter in Deutschland. Insgesamt gibt es aktuell über 400.000 dieser sogenannten...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Weltweite Aufrüstung verschärft Knappheit im Metallsektor
01.05.2024

Die geopolitischen Risiken sind derzeit so groß wie seit den Hochzeiten des Kalten Krieges nicht mehr. Gewaltige Investitionen fließen in...