Finanzen
Faktisch schon lange pleite

Droht der Staatsbankrott? Argentiniens Investoren geraten in Panik

Ein überraschender Wahlausgang in Argentinien hat dazu geführt, dass Investoren von einem nahenden Staatsbankrott sprechen. Faktisch ist das Land seit Jahren bankrott und wird nur mit massiven IWF-Krediten über Wasser gehalten.
13.08.2019 11:52
Lesezeit: 2 min

Eine überraschende Wahlschlappe für Argentiniens Präsidenten Mauricio Macri hat für Alarmstimmung bei Investoren und Spekulanten gesorgt und angeblich die Furcht vor einer weiteren Staatspleite des südamerikanischen Landes geschürt, berichtet die dpa. "Der Markt beginnt, den Zahlungsausfall einzupreisen", kommentierte Edwin Gutierrez, Experte für Schwellenländer beim Vermögensverwalter Aberdeen Asset Management, am Dienstag die jüngsten massiven Kurseinbrüche. Beobachter sprachen von Panikreaktionen an den argentinischen Märkten.

Aus den allgemeinen Vorwahlen in Argentinien ist der frühere Kabinettschef von Ex-Präsidentin Cristina Kirchner, Alberto Fernandez, als stärkster Präsidentschaftskandidat hervorgegangen. Die in eine Reihe von Korruptionsverfahren verwickelte Ex-Staatschefin Kirchner bewirbt sich an der Seite von Fernandez um das Amt der Vizepräsidentin.

Am Devisenmarkt kam es zu einem massiven Kurseinbruch beim argentinischen Peso. Die Landeswährung wurde zuletzt am Montagabend bei 53 Peso für einen US-Dollar gehandelt. In einer ersten Schockreaktion nach Bekanntgabe des Ergebnisses der Vorwahlen zur Präsidentschaftswahl im Oktober waren zeitweise bis zu 62 Peso für einen Dollar gezahlt worden, und damit so viel wie noch nie. In der vergangenen Woche hatte der Kurs nur bei etwa 45 Peso gestanden.

Heftige Reaktionen zeigten sich auch bei argentinischen Staatsanleihen. Die in US-Dollar notierten Papiere mit längeren Laufzeiten verzeichneten im Schnitt Verluste von etwa 25 Prozent. Bei kürzeren Laufzeiten zeigten sich Einbrüche von etwa 35 Prozent. Die Kursentwicklung der Kreditausfallversicherungen zeigt, dass der Markt die Wahrscheinlichkeit für einen Zahlungsausfall in den kommenden fünf Jahren auf mittlerweile 75 Prozent einschätzt.

Auch Argentiniens Aktienmarkt hat die Sorge vor einer kommenden Finanzkrise zum Wochenauftakt mit voller Wucht zu spüren bekommen. Der Leitindex S&P Merval brach in Buenos Aires am Montag um mehr als ein Drittel ein.

Mit den jüngsten Marktturbulenzen werden Erinnerungen an schwere Finanzkrisen in den vergangenen Jahren wach. Nach der Staatspleite von 2001 lag Argentinien mehrfach im Clinch mit Investoren, verweigerte Rückzahlungen und musste im Rechtsstreit mit US-Hedgefonds Zahlungsausfälle abwenden.

"Bei einem Wahlsieg des Linksperonisten Fernandez ist mit einer Abkehr vom wirtschaftsliberalen Kurs und einer Renaissance des 'Kirchnerismus' zu rechnen", sagte Analyst Manuel Andersch von der BayernLB. Denn dann würde Cristina Kirchner wieder an die Schalthebel der Markt zurückkehren. Eine Politikerin, die "das Land mit ihrer planwirtschaftlichen Wirtschaftspolitik in den Abgrund gezogen hat", sagte Andersch.

Argentinien hält sich seit Monaten nur mithilfe eines Kredits des Internationalen Währungsfonds im Gesamtumfang von 56 Milliarden Dollar über Wasser. Zudem hat die Regierung mehrere Staatsanleihen mit sehr langen Laufzeiten emittiert – darunter auch ein Papier mit einer Laufzeit von 100 Jahren.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Luxus im Wandel: Exklusive Erlebnisse lösen materiellen Besitz als Statussymbol ab
22.10.2025

Der Luxusmarkt steht vor einem Wandel. Trotz steigender Vermögen der Superreichen schrumpfen traditionelle Segmente, während sich...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Höhere Strompreise im Winter? Behörden legen Bericht für Deutschland vor
22.10.2025

Ende 2024 schnellten die Strompreise zeitweise auf mehr als 900 Euro pro Megawattstunde. Haben Anbieter die Lage ausgenutzt?...

DWN
Finanzen
Finanzen „Sorgenkind“ Vollkasko: Autoversicherung verteuert sich weiter
22.10.2025

Eine Verivox-Auswertung zeigt Steigerungen deutlich über der Inflation. Immerhin im Vergleich zu den Anstiegen des vergangenen Jahres...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ölpreis fällt auf Fünf-Monats-Tief: Droht ein Überangebot?
22.10.2025

Das Überangebot wächst, die Nachfrage bricht ein: Der Ölpreis fällt auf den tiefsten Stand seit Monaten. Doch hinter dem Preisrutsch...

DWN
Panorama
Panorama Umfrage: Mehrheit der Deutschen für Olympia-Bewerbung
22.10.2025

In einer repräsentativen Umfrage spricht sich fast jeder Zweite generell für eine deutsche Olympia-Bewerbung aus. Die Befragten äußern...

DWN
Finanzen
Finanzen EU nimmt hohe Investmentgebühren ins Visier: Ein EU-Land zahlt mehr als doppelt so viel wie US-Anleger
22.10.2025

Dänische Anleger zahlen fast doppelt so hohe Investmentgebühren wie andere Länder der EU. Und weit mehr als US-Investoren. EU-Chefin...

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wenn Maschinen Kunden besser verstehen als Verkäufer
21.10.2025

Künstliche Intelligenz verändert die Art, wie Unternehmen mit ihren Geschäftskunden kommunizieren – radikal und unumkehrbar. Wer...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Finanzmärkte aktuell: Wie KI das Wachstum treibt und Europa an Bedeutung gewinnt
21.10.2025

Die Finanzmärkte zeigen derzeit ein komplexes Bild aus Chancen und Unsicherheit. Technologische Innovationen dominieren weiter, während...