Finanzen

Die Federal Reserve wirft de facto bereits Helikopter-Geld ab

Im Rahmen ihrer neu gestarteten Wertpapierkäufe stellt die Federal Reserve der US-Regierung de facto Helikopergeld zur Verfügung, wie offizielle Dokumente zeigen. Die großen Profiteure neben dem Staat sind Großbanken.
Autor
03.01.2020 16:00
Lesezeit: 2 min

Von Helikoptergeld spricht man, wenn eine Zentralbank von ihr aus dem Nichts neu geschaffenes Geld direkt an den Staat oder an die Bürger auszahlt. Diese extreme Form lockerer Geldpolitik verfolgt das erklärte Ziel, die Wirtschaft oder die Inflation anzukurbeln. In den letzten Jahren haben Ökonomen verstärkt über die Einführung von Helikoptergeld diskutiert, aber bisher sind die Zentralbanken nicht dazu übergegangen, derartige Programme wirklich in der Praxis umzusetzen.

Wenn Zentralbanken mit neu geschaffenem Geld Staatsanleihen direkt von den Staaten kaufen würden, so käme dies nahe an eine Staatsfinanzierung mit der Notenpresse heran. Der einzige Unterschied bestünde darin, dass die Staaten das Helikoptergeld, das sie sich zu extrem niedrigen Zinsen von der Zentralbank borgen können, zumindest in der Theorie auch wieder zurückzahlen müssen. Bei einer echten Staatsfinanzierung mit der Notenpresse erzeugen die Regierungen Geld einfach nach Bedarf, ohne es zurückzahlen zu müssen.

Heute decken die Staaten ihre Defizite, indem sie Anleihen ausgeben und an institutionelle Investoren verkaufen. Wenn die Zentralbanken im Rahmen ihrer Wertpapierkäufe Staatsanleihen erwerben, dann kaufen sie diese heute nicht direkt von den Staaten (das wäre Helikoptergeld), sondern indirekt von den großen Banken. In der Praxis macht dies vor allem den Unterschied, dass die großen Banken bei diesem Procedere einen nicht unerheblichen Profit machen.

Auch der Federal Reserve ist es ihrer Satzung zufolge untersagt, Staatsanleihen direkt von der US-Regierung zu erwerben. Und mehrere Notenbankchefs haben gegenüber dem US-Kongress auch wiederholt unter Eid ausgesagt, dass die US-Notenbank keine Staatsanleihen direkt von der Regierung erwirbt. Doch bereits im Rahmen der Wertpapierkaufprogramme QE1, QE2 und QE3 konnte beobachtet werden, wie die US-Regierung Anleihen ausgab und die Fed nur wenige Tage später entsprechende Käufe im Anleihemarkt tätigte.

Nun findet eine solche Vergabe von Quasi-Helikoptergeld im Rahmen der neuesten Wertpapierkäufe der Fed erneut statt. So verkaufte das US-Finanzministerium nach eigenen Angaben am 16. Dezember Staatsanleihen mit einer Laufzeit von sechs Monaten im Umfang von 36 Milliarden Dollar (CUSIP-Wertpapierkennnummer 912796SV2). Davon erwarben große Banken, die sogenannte Primary Dealers, Anleihen im Umfang von knapp 23,7 Milliarden Dollar.

Auf der Webseite der Fed kann man einsehen, welche Staatsanleihen mit welcher Wertpapierkennnummer die Zentralbank an einem bestimmten Tag gekauft hat. Demnach hat die Fed am 19. Dezember und am 20. Dezember Staatsanleihen mit der CUSIP-Nummer 912796SV2 im Umfang von zusammen rund 5,6 Milliarden Dollar von den großen Banken erworben - also genau jene Papier, welche die Banken nur drei beziehungsweise vier Tage zuvor vom US-Finanzministerium gekauft hatten.

Der Finanzblog ZeroHedge fast die Vorgänge wie folgt zusammen: "Für all diejenigen, die sagen, dass die USA bald Helikoptergeld oder MMT [Modern Monetary Theory] einführen könnten, haben wir eine 'Neuigkeit': Das Helikoptergeld ist bereits hier, und die Fed ist jetzt aktiv dabei, Schulden zu monetarisieren, die das Finanzministerium nur wenige Tage zuvor verkauft hat, indem es die Händler als 'Conduit' nutzt... ein 'Conduit', das von der Fed mit deutlichen Preisaufschlägen großzügig belohnt wird."

Was die Federal Reserve am Anleihemarkt macht, ist de facto die Ausgabe von Helikoptergeld an die US-Regierung. Denn die Notenbank erzeugt neues Geld und kauft damit Staatsanleihen, die nur wenige Tage zuvor vom US-Finanzministerium ausgegeben worden sind. Zwar verbleiben die Papiere für diese wenigen Tage in der Obhut der großen Banken, die dafür Gebühren in Millionenhöhe kassieren. Doch dies geschieht offenbar nur der Form halber.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen SAP-Aktie: Positiver Analystenkommentar von JPMorgan und Silberstreifen am Cloud-Horizont
04.12.2025

SAP und Salesforce senden an den Börsen neue Signale: Während JPMorgan der SAP-Aktie frische Impulse zuschreibt, ringen Anleger bei...

DWN
Finanzen
Finanzen Schott Pharma-Aktie: Zähe Nachfrage nach Glasspritzen – Pharmazulieferer Schott Pharma schaut vorsichtig auf 2026
04.12.2025

Die Schott Pharma-Aktie ist am Donnerstag nachbörslich unter Druck geraten, Anleger beäugen den Ausblick des Mainzer Pharmazulieferers...

DWN
Politik
Politik Die EZB blockiert: Streit um EU-Pläne für eingefrorene russische Vermögenswerte
04.12.2025

Die EU ringt um einen Weg, die finanziellen Belastungen des Ukrainekriegs abzufedern, doch zentrale Institutionen setzen klare Grenzen. Wie...

DWN
Politik
Politik Friedensverhandlungen in Moskau: Trump-Gesandte führen Gespräche mit Putin
04.12.2025

Die Gespräche zwischen Washington und Moskau rücken die Suche nach einer realistischen Friedenslösung wieder in den Mittelpunkt der...

DWN
Politik
Politik EU Ermittlungen: Staatsanwaltschaft nimmt Büros von Kaja Kallas ins Visier
04.12.2025

Die Ermittlungen der Europäischen Staatsanwaltschaft rücken den Umgang mit sensiblen EU-Mitteln und institutionellen Abläufen in...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Trade Republic Probleme: Kundenfrust wächst trotz neuer Produkte
04.12.2025

Trade Republic wirbt mit Innovationen, doch viele Kunden erleben etwas anderes. Die Beschwerden zu Ausfällen, Support und Handelbarkeit...

DWN
Politik
Politik G7? Nein danke, sagt Putin
04.12.2025

Russlands Präsident Wladimir Putin sorgt vor seinem Indien-Besuch für Aufsehen. Er kritisiert die G7 als "nicht groß" und verweist auf...

DWN
Finanzen
Finanzen Deutschland im Club der Superreichen vorn dabei
04.12.2025

Fast 3.000 Menschen weltweit besitzen mehr als eine Milliarde Dollar – und Deutschland spielt eine führende Rolle. Während...