Deutschland

Ifo: Stimmung bei den Unternehmen steigt, doch Erholung wird Jahre dauern

Zwar ist der Ifo-Index im Juni stark angestiegen und der erste Corona-Schock scheint überwunden. Doch die Ökonomen warnen vor zu viel Euphorie.
24.06.2020 14:16
Aktualisiert: 24.06.2020 14:16
Lesezeit: 2 min
Ifo: Stimmung bei den Unternehmen steigt, doch Erholung wird Jahre dauern
Ein Laser schneidet in ein Blech. (Foto: dpa) Foto: Marijan Murat

Nach dem historischen Tief hellt sich die Stimmung in den deutschen Chefetagen weiter auf. Der Ifo-Geschäftsklimaindex für Juni kletterte in Rekordtempo auf 86,2 Zähler von 79,7 Punkten im Mai, wie das Münchner Ifo-Institut am Mittwoch mitteilte. "Dies ist der stärkste jemals gemessene Anstieg", sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. "Die deutsche Wirtschaft sieht Licht am Ende des Tunnels". Die rund 9000 befragten Manager schätzten ihre Geschäftsaussichten und - erstmals seit Beginn der Corona-Krise - auch ihre Lage günstiger ein als zuletzt.

Im Verarbeitenden Gewerbe stieg die Stimmung erneut deutlich, vor allem weil die Erwartungen so stark zulegten wie nie. "Die Lage in der Industrie ist aber immer noch sehr schlecht – besonders in den Kernbereichen Maschinenbau, Auto, Chemie und Elektrotechnik", sagte Ifo-Konjunkturexperte Klaus Wohlrabe. Auch bei den Dienstleistern ging es im Zuge der Lockerungen der Corona-Eindämmungsmaßnahmen "steil" nach oben. "Insbesondere nahm der Pessimismus mit Blick auf das kommende halbe Jahr deutlich ab", erklärte das Ifo. Im Handel und am Bau stieg der Geschäftsklimaindex ebenfalls.

Ifo-Konjunkturexperte Klaus Wohlrabe sagte im Reuters-Interview, das Konjunkturtal sei durchschritten. "Den Tiefpunkt haben wir hinter uns, es geht wieder aufwärts." Allerdings warnen Fachleute vor zu viel Euphorie. "Überschwängliche Freude kommt aber nicht auf. Der Stachel sitzt tief", sagte Chefökonom Thomas Gitzel von der VP Bank. Der erste Schock sei zwar überwunden. "Doch das wirtschaftliche Schleudertrauma macht sich jetzt richtig bemerkbar." Die deutsche Wirtschaft werde an den Pandemie-Folgen noch lange leiden. "Bis sich die konjunkturellen Wunden schließen, können noch Jahre ins Land gehen."

Auch DekaBank-Experte Andreas Scheuerle gab sich skeptisch. "In weiten Teilen der Welt wütet das Coronavirus mit unverminderter Stärke weiter, und eine zweite Infektionswelle in Deutschland ist jederzeit möglich." Diese Sorgen teilen auch Europas Börsen. Dax und EuroStoxx50 lagen am Mittwochmittag je rund zwei Prozent im Minus. Trotz jüngster Hoffnungssignale wird die konjunkturelle Erholung der Euro-Zone laut EZB-Chefvolkswirt Philip Lane lange Zeit benötigen. Die Lockerungen machten zwar kurzfristig bedeutende Wachstumsfortschritte möglich, erklärte Lane in einer Online-Veranstaltung. Doch wegen der extremen Tiefe des Konjunktureinbruchs in der Pandemie werde es noch geraume Zeit dauern, bis das Vorkrisen-Niveau wieder erreicht werde.

Die Viruskrise trifft die Konjunktur mit voller Wucht. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) fiel bereits von Januar bis März um 2,2 Prozent und damit so stark wie seit der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/09 nicht mehr. Im laufenden zweiten Quartal dürfte das BIP nach Einschätzung der Wirtschaftsweisen sogar um zehn bis elf Prozent einbrechen. Ab dem dritten Quartal rechnen die meisten Experten dann mit einer spürbaren Belebung der Konjunktur und mit deutlichem Wachstum. "Im Sommerquartal könnte es zu einem Plus von um die sieben Prozent reichen", sagte Ifo-Ökonom Wohlrabe.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Der deutsche Markt konzentriert sich auf neue Optionen für XRP- und DOGE-Inhaber: Erzielen Sie stabile Renditen aus Krypto-Assets durch Quid Miner!

Für deutsche Anleger mit Ripple (XRP) oder Dogecoin (DOGE) hat die jüngste Volatilität am Kryptowährungsmarkt die Herausforderungen der...

DWN
Politik
Politik Rückkehr der Wehrplicht trotz Wirtschaftsflaute? Nato-Ziele nur mit Pflicht zum Wehrdienst möglich
05.07.2025

Die Nato drängt: „Um der Bedrohung durch Russland zu begegnen“, hat die Nato ein großes Aufrüstungsprogramm beschlossen. Doch wie...

DWN
Unternehmen
Unternehmen KI-Schäden: Wenn der Algorithmus Schaden anrichtet – wer zahlt dann?
05.07.2025

Künstliche Intelligenz entscheidet längst über Kreditvergaben, Bewerbungen oder Investitionen. Doch was passiert, wenn dabei Schäden...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Made in Germany: Duale Berufsausbildung - das deutsche Erfolgsmodell der Zukunft
05.07.2025

Die duale Berufsausbildung in Deutschland gilt als Erfolgsmodell: Dieses System ermöglicht jungen Menschen einen direkten Einstieg ins...

DWN
Panorama
Panorama Was Autofahrer über Lastwagen wissen sollten – und selten wissen
05.07.2025

Viele Autofahrer kennen das Gefühl: Lkw auf der Autobahn nerven, blockieren oder bremsen aus. Doch wie sieht die Verkehrswelt eigentlich...

DWN
Finanzen
Finanzen Steuererklärung 2024: Mit diesen 8 Steuertipps können Sie richtig viel Geld rausholen
05.07.2025

Viele Menschen drücken sich vor der Steuererklärung, weil diese manchmal etwas kompliziert ist. Doch es kann sich lohnen, die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wirtschaftskriminalität: Insider-Betrug kostet Millionen - Geschäftsführer haften privat
05.07.2025

Jede zweite Tat geschieht im eigenen Büro - jeder fünfte Schaden sprengt die fünf Millionen Euro Marke. Wer die Kontrollen schleifen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Microsoft kippt den Bluescreen, doch das wahre Problem bleibt
05.07.2025

Microsoft schafft den berühmten „Blauen Bildschirm“ ab – doch Experten warnen: Kosmetische Änderungen lösen keine...

DWN
Panorama
Panorama So bleiben Medikamente bei Sommerhitze wirksam
05.07.2025

Im Sommer leiden nicht nur wir unter der Hitze – auch Medikamente reagieren empfindlich auf hohe Temperaturen. Doch wie schützt man...