Deutschland

Handel und Gastgewerbe wollen Anspruch auf Corona-Mietreduzierung

Das Geschäft im Einzelhandel, in Hotels und Gaststätten ist auch nach den Corona-Lockerungen noch nicht wieder in Schwung gekommen. Hohe Mieten und Pachten, vor allem in Großstädten, sind ein Problem.
13.07.2020 08:16
Lesezeit: 2 min
Handel und Gastgewerbe wollen Anspruch auf Corona-Mietreduzierung
18.05.2020, Baden-Württemberg, Münstertal: Eine Frau deckt in einem Restaurant einen Tisch ein und trägt Mundschutz. (Foto: dpa) Foto: Philipp von Ditfurth

Der Einzelhandel und das Gastgewerbe fordern angesichts coronabedingter Umsatzeinbrüche in vielen Innenstädten einen rechtlichen Anspruch auf Miet- und Pachtminderung für Betriebe. Unionsfraktionsvize Carsten Linnemann (CDU) sprach sich für schnelle Lösungen aus, um eine Pleitewelle zu verhindern.

Der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE), Stefan Genth, sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Nach wie vor liegen vor allem die Kernbranchen der Innenstädte wie beispielsweise der Bekleidungshandel weit unter ihren normalen Umsätzen. Viele Handelsunternehmen können deshalb ihre Mietzahlungen nicht in voller Höhe leisten.» Doch viele Vermieter seien nicht bereit, in der Krise entsprechende Anpassungen der Miethöhe zu vereinbaren.

Der Handel brauche mehr Rechtssicherheit für einen Anspruch auf Mietreduzierung. Hier sei eine Klarstellung der bestehenden Regelung im Paragrafen 313 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) im Sinne einer gemeinsamen Risikoteilung zwischen Vermieter und Mieter nötig. Andernfalls sei zu befürchten, dass die Zahl der Kündigungen durch die Vermieter ansteige. Denn viele Handelsunternehmen könnten aktuell ihre Mietzahlungen nicht in voller Höhe leisten.

Zu oft böten Vermieter lediglich eine Stundung der Mieten an, berichtete Genth. «Das hilft den Händlern aber auf Dauer nicht weiter, sondern verschiebt die Probleme nur in die Zukunft. Die gestundeten Beträge werden viele auf absehbare Zeit nicht abzahlen können», meinte er. Die Vermieter müssten das Gebot der Stunde erkennen und verstehen, dass der Handel nur bezahlen könne, was er einnimmt.

Der Paragraf 313 des BGB sieht vor, dass Vertragspartner bei schwerwiegender «Störung der Geschäftsgrundlage» eine Anpassung des unter anderen Umständen abgeschlossenen Vertrages verlangen können.

Der CDU-Politiker Linnemann, Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsunion der Union, sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Egal wie umfangreich unsere Hilfspakete sind, wir werden nicht jedes Unternehmen mit Krediten und Zuschüssen retten können. Deshalb brauchen wir jetzt schnell Lösungen, bei denen Gläubiger wie Vermieter oder Leasinggeber an einen Tisch geholt und beteiligt werden.» So könnten Insolvenzen abgewendet werden, die meist schädlicher für die Gläubiger wären. «Ohne solche Lösungen droht ab Oktober eine Pleitewelle, wie wir sie noch nie gesehen haben.»

Bis Ende September ist die Pflicht über einen Insolvenzantrag ausgesetzt - damit angeschlagene Firmen Luft bekommen, um staatliche Hilfen zu beantragen und Sanierungsbemühungen voranzutreiben.

Die Hauptgeschäftsführerin des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga, Ingrid Hartges, kritisiert das mangelnde Entgegenkommen vor allem großer Eigentümer bei in Pachtrückstand geratenen Unternehmern. «Es gibt Verpächter, die kommen ihren Gastronomen und Hoteliers entgegen - häufig gilt: je kleiner, umso vernünftiger und weitsichtiger», sagte sie der Deutschen Presse-Agentur.

«Aber gerade in den Innenstädten ist das die Ausnahme. Dort bestehen vor allem die großen Verpächter und Immobilienfonds auf 100 Prozent der Pachtzahlung», sagte Hartges. Dabei gehe es um das Überleben der Innenstädte, in denen es nach wie vor häufig gespenstisch aussehe. «Hier muss der Gesetzgeber eingreifen und einen grundsätzlichen Anspruch auf Pachtminderung aufgrund der Covid-19-Pandemie schaffen. Auf dieser Basis können die Parteien dann verhandeln.»

Es gehe um eine angemessene Risikoverteilung zwischen Verpächtern und Pächtern, so Hartges. «Es ist völlig inakzeptabel, wenn allein die Pächter für die Folgen der Krise aufkommen müssen.»

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Jetzt Tesla-Aktie kaufen? Welche Erwartungen Investoren an Elon Musk haben
21.12.2025

Visionäre Unternehmer haben an den Kapitalmärkten immer wieder ganze Branchen neu geordnet. Ob Tesla-Aktien weiterhin von technologischem...

DWN
Panorama
Panorama Gaudís Sagrada Família: Der höchste Kirchturm der Welt
21.12.2025

Barcelona feiert 2026 die Architektur – und ein Turm der Sagrada Família soll Geschichte schreiben. Doch hinter dem Rekord stecken Geld,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Leadership-Coach Lars Krimpenfort: „Klopp ist ein gutes Beispiel für klare Führung unter Druck“
21.12.2025

Im Mittelstand steigen die Belastungen gefühlt täglich. Wie gelingt es Führungskräften dennoch, unter Druck richtig zu entscheiden?...

DWN
Politik
Politik EU-Kapitalmarktunion: Warum kleine Staaten um ihre Finanzmacht kämpfen
21.12.2025

Die EU will ihren Kapitalmarkt neu ordnen und zentrale Aufsichtsrechte nach Paris verlagern, während kleinere Staaten den Verlust ihrer...

DWN
Panorama
Panorama DWN-Wochenrückblick KW 51: Die wichtigsten Analysen der Woche
21.12.2025

Im DWN Wochenrückblick KW 51 fassen wir die zentralen wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen der vergangenen Woche zusammen....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Mittelstand vor existenziellen Problemen: Keine Aufträge und schlechte Rahmenbedingungen
21.12.2025

Wie eine aktuelle Umfrage des ifo-Instituts ergab, sehen sich 8,1 Prozent der befragten Firmen direkt in ihrer wirtschaftlichen Existenz...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU-Zölle auf Kleinsendungen: Neue Abgabe trifft Online-Bestellungen aus Drittstaaten
21.12.2025

Der Online-Handel mit günstigen Waren aus Drittstaaten wächst rasant und stellt den europäischen Binnenmarkt vor strukturelle...

DWN
Finanzen
Finanzen Topanalyst enthüllt: Das sind die attraktivsten Rüstungsaktien
21.12.2025

Die globale Sicherheitslage wandelt sich rasant, und die Verteidigungsindustrie gewinnt an Bedeutung für Regierungen und Kapitalmärkte....