Die US-Wahlen stehen ganz im Zeichen der Präsidentschaftswahlen. In Deutschland fast gänzlich unbeobachtet: Die Senatswahlen. Um 35 der insgesamt 100 Plätze geht es in der kleineren, aber prestigeträchtigeren der beiden Parlamentskammern (prestigeträchtiger, weil das Repräsentantenhaus mit 435 weitaus mehr Mitglieder zählt).
Aber die Spannung in den USA ist groß: Denn sollten die Demokraten, die bereits die Mehrheit im Repräsentantenhaus haben, den Republikanern auch den Senat abnehmen, und sollte Joe Biden neuer Präsident werden, könnten die Demokraten ein jedes Gesetz, das nicht die Verfassung verletzt, durchsetzen. Und eine demokratische Übernahme ist nicht abwegig, im Gegenteil: Glaubt man den Umfragen, ist sie sogar wahrscheinlich: Zu 75 Prozent werden die Demokraten den Senat erobern.
Republikanischer Albtraum
Für die Republikaner ein Albtraum: Sie fürchten vor allem eine Erweiterung des Supreme Courts, des Obersten Gerichtshofs der USA. Er nennt neun Richter sein Eigen (von denen derzeit sechs als konservativ und damit den Republikanern zugeneigt, drei als links-liberal und damit den Demokraten nahestehend gelten). Die Verfassung schreibt die Anzahl der Richter allerdings nicht vor, sondern legt diese Aufgabe in die Hände des Kongresses.
Was Biden zu der Angelegenheit sagt? Er hält das derzeitige System der Ernennung der höchsten Richter – das immer wieder in eine politische Schlammschlacht zwischen Republikanern und Demokraten ausartet – für „verrückt“. Deshalb wolle er im Falle seines Wahlsiegs eine unabhängige Kommission zusammenstellen lassen, die ein halbes Jahr lang beraten und anschließend ihre Empfehlungen in Sachen möglicher Erneuerung des Supreme Courts darstellen soll.
Einfach das Gericht erweitern
Dass er dem Kongress per Gesetzesentwurf vorschlagen werde, die Zahl der Richter am Supreme Court zu erhöhen (was bei der derzeitigen Machtkonstellation dazu führen würde, dass es zu einer den Demokraten nahestehenden Mehrheit kommen würde), hat Biden nicht gesagt.
Er hat den Vorschlag aber auch nicht von sich gewiesen.
Mit anderen Worten: Die Demokraten könnten in naher Zukunft die gesamte amerikanische Bundespolitik dominieren. Ein demokratischer Präsident, eine demokratische Mehrheit im Senat und im Repräsentantenhaus sowie ein oberstes Gericht mit einer Mehrheit von Richtern, die den Demokraten nahestehen.
Die USA würden sich verändern. So viel steht fest.