Finanzen

Finanz-Skandal zieht Kreise: Stadt Osnabrück hat Millionen bei Pleite-Bank Greensill

Die niedersächsische Stadt Osnabrück hat nach eigenen Angaben 14 Millionen Euro bei der behördlich geschlossenen Greensill Bank. Wie viele Kommunen um ihre Einlagen bei der Pleite-Bank bangen müssen, ist unbekannt.
05.03.2021 18:57
Aktualisiert: 05.03.2021 18:57
Lesezeit: 1 min

Die niedersächsische Stadt Osnabrück hat nach eigenen Angaben 14 Millionen Euro bei der behördlich geschlossenen Greensill Bank angelegt und fordert vom Bund die Übernahme möglicher Verluste. "Aufgrund des sehr guten Ratings dieser Bank mussten wir von einer sehr sicheren Anlageform ausgehen", sagte Kämmerer Thomas Fillep am Freitag. Er kritisierte die Finanzaufsicht: "Wenn die BaFin ihrer Prüfpflicht nachkäme und in diesem Fall sämtliche kommunalen Kunden der Bank über die Sonderprüfung" informiert hätte, hätte seine Stadt ihr Engagement zurückgefahren.

Nun müsse Osnabrück befürchten, dass die angelegten Gelder ganz oder teilweise verloren seien, erklärte die Stadt. "Ich fordere deshalb den Bund auf, diese Verluste der Kommunen zu übernehmen", sagte Kämmerer Fillep. Zuvor war bereits bekanntgeworden, dass das nordrhein-westfälische Monheim am Rhein 38 Millionen und das baden-württembergische Bad Dürrheim zwei Millionen Euro bei der Greensill Bank angelegt haben. Berichten zufolge haben insgesamt rund 50 deutsche Kommunen Geld bei der Bank angelegt. Eine mit der Situation vertraute Person sagte Reuters, insgesamt habe die Greensill Bank derartige unbesicherte Einlagen in Höhe von rund 500 Millionen Euro in der Bilanz.

Von der Greensill Bank war dazu kein Kommentar zu erhalten. Die BaFin hatte das Institut am Mittwoch wegen drohender Überschuldung geschlossen. Sollte sie den Entschädigungsfall ausrufen, springt der Einlagensicherungsfonds der privaten Banken ein - aber nur für Gelder von privaten Anlegern. Neue Spareinlagen von Banken, Wertpapierfirmen und Gebietskörperschaften sind seit dem 2017 nicht mehr geschützt.

Der Bürgermeister von Monheim am Rhein sagte der "Süddeutschen Zeitung", die Stadt habe Geld bei der Bremer Bank angelegt, um Strafzinsen zu vermeiden. Greensill habe Festgeldzinsen von null bis 0,6 Prozent geboten, während andere Geldhäuser ab einer gewissen Grenze Negativzinsen verlangten. "Nach derzeitigem Kenntnisstand war dies das alleinige Motiv", sagte Bürgermeister Daniel Zimmermann. Das städtische Rechnungsprüfungsamt und ein Wirtschaftsprüfer sollten nun untersuchen, wer die Anlageentscheidungen getroffen und dabei möglicherweise gegen Richtlinien verstoßen hat. "Da verliert sich gerade die Spur", sagte der Bürgermeister.

Mit den Turbulenzen um die Bremer Bank wird sich auch der Finanzausschuss des Bundestags beschäftigen. "Dass deutsche Privatbanken über die Einlagensicherung nun voraussichtlich für Verluste in Milliardenhöhe aufkommen müssen, bedeutet zusätzlichen Stress in einer ohnehin angespannten Situation. Alles Gründe, sich im nächsten Finanzausschuss intensiv über den Fall zu beugen", sagte die finanzpolitische Sprecherin der Grünen, Lisa Paus, am Freitag. "Wir haben deshalb das Thema auf die Tagesordnung setzen lassen." Der Finanzausschuss des Bundestages kommt am 24. März wieder zusammen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Immobilien
Immobilien Wohntraum wird Luxus: Preise schießen in Städten durch die Decke
13.05.2025

Die Preise für Häuser und Wohnungen in Deutschland ziehen wieder deutlich an – vor allem in den größten Städten. Im ersten Quartal...

DWN
Finanzen
Finanzen Wird die Grundsteuer erhöht? Zu viele Ausgaben, zu wenig Einnahmen: Deutsche Kommunen vorm finanziellen Kollaps
13.05.2025

Marode Straßen, Bäder und Schulen: Fast neun von zehn Städten und Gemeinden in Deutschland droht in absehbarer Zeit die Pleite. Bereits...

DWN
Politik
Politik EU im Abseits: Trump bevorzugt London und Peking – Brüssel droht der strategische Bedeutungsverlust
12.05.2025

Während Washington und London Handelsabkommen schließen und die USA gegenüber China überraschend Konzessionen zeigen, steht die EU ohne...

DWN
Panorama
Panorama Nach Corona nie wieder gesund? Die stille Epidemie der Erschöpfung
12.05.2025

Seit der Corona-Pandemie hat sich die Zahl der ME/CFS-Betroffenen in Deutschland nahezu verdoppelt. Rund 600.000 Menschen leiden inzwischen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Machtkampf der Tech-Eliten: Bill Gates attackiert Elon Musk – „Er tötet die ärmsten Kinder der Welt“
12.05.2025

Ein milliardenschwerer Konflikt zwischen zwei Symbolfiguren des globalen Technologiekapitalismus tritt offen zutage. Der frühere...

DWN
Politik
Politik Pflege am Limit? Ministerin fordert Reform für mehr Eigenverantwortung
12.05.2025

Pflegekräfte sollen mehr dürfen und besser arbeiten können – das fordert Gesundheitsministerin Nina Warken zum Tag der Pflegenden....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Milliarden ungenutzt: Irischer Top-Investor fordert Einsatz von Pensionsgeldern zur Stärkung europäischer Technologie
12.05.2025

Die europäische Technologiebranche droht im globalen Wettbewerb ins Hintertreffen zu geraten. Der Grund: Staatlich geförderte...

DWN
Politik
Politik Geheime Waffenlieferungen: Kritik an Intransparenz – Ukrainischer Botschafter lobt Merz’ Kurs
12.05.2025

Die neue Bundesregierung unter Friedrich Merz hat entschieden, Waffenlieferungen an die Ukraine künftig wieder geheim zu halten – ein...