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Corona: Zu hohe offizielle Fallzahlen aufgrund mangelhafter Tests

Lesezeit: 11 min
27.03.2021 10:21
DWN-Analyst Michael Bernegger hat Fakten ausgegraben, die ein völlig neues Licht auf die Pandemie und die mit ihr einhergehenden Umstände werfen.
Corona: Zu hohe offizielle Fallzahlen aufgrund mangelhafter Tests
Aktionskünstler Thomas Peters trägt einen Schilderbaum zu Fuß von Halberstadt nach Quedlinburg. Mit der Aktion möchte der Künstler auf die Lage der Kunst- und Kulturszene aufmerksam machen. (Foto: dpa)

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In weiten Teilen Kontinentaleuropas steigen die Fallzahlen wieder, nachdem sie seit Januar 2021 stark rückläufig waren. Es ist die Rede von einer dritten Welle, die sich in großen Ländern wie Italien, Frankreich, der Türkei oder Polen bereits ausbreitet und in einigen Ländern sich erst anbahnt. Doch dieses Phänomen enthält zwei sich überlagernde Entwicklungen, die eine explosive Dynamik verdecken.

Die global registrierten Fallzahlen zeigen seit Ausbruch der Pandemie einen steilen, von kurzen Phasen der Stagnation unterbrochenen Anstieg bis Januar 2021. Dann folgt ein scharfer Absturz bis Mitte Februar. Seither steigen die Fallzahlen wieder deutlich an, scheinen aber noch weit vom Gipfel im Januar 2021 entfernt. Diese Entwicklung lässt verschiedene Interpretationen zu. Klar ist, dass der starke Rückgang der Fallzahlen vom Januar in den Februar 2021 ein Novum darstellt.

Doch dieser rapide Rückgang der Fallzahlen hat auch eine ganz andere Erklärung als das Abebben einer zweiten Welle, die rein mess- und erhebungstechnischer Natur ist. Die Welt-Gesundheitsorganisation WHO hat nämlich ohne großes Aufheben am 13. bzw. am 21. Januar 2021 neue Richtlinien für den PCR-Test für die Labors erlassen. Diese werden eindringlich auf den Umstand schwach positiver Testresultate aufmerksam gemacht. Solche schwach positiven Resultate sollten manuell mit Hilfe eines Maximalwerts für den CT-Wert eliminiert werden. Mit Hilfe des PCR-Test als Goldstandard wird bisher erfasst oder zu erfassen versucht, ob eine Person von SARS-COV2- Viren infiziert ist. Die täglich offiziell neu positiv getesteten und so registrierten Personen bilden die Dynamik der Pandemie ab. Doch bis Mitte Januar hatte ein zu hoher CT-Wert in der Praxis von Ländern und Laboren fälschlicherweise viele positive Testergebnisse bei PCR-Tests angezeigt, die ungerechtfertigt waren.

Der Wert des Zyklus-Schwellenwerts bezeichnet die Anzahl der Zyklen, die ein PCR-Test durchlaufen hat, bis der Nachweis von Virenlast gelingt. Bei einem hohen CT-Wert ist die Virenlast tendenziell gering, bei einem niedrigen CT-Wert ist sie hoch.

Hintergrund ist folgender: Der von deutschen Forschern im Januar 2020 erste entwickelte PCR-Test für SARS-COV19 war sehr rasch nach der Publikation des SARS-COV2 Genoms publiziert worden. Cornam, Drosten et al (Januar 2020) wählten in einem mehrstufigen Verfahren einen CT-Wert von 45, der auch von der WHO zunächst unverändert übernommen worden war. Diese Studie ist später von verschiedener Seite hart kritisiert worden.

Bereits März / April 2020 wurden zunächst von einzelnen Autoren, im weiteren Jahresverlauf auch von wichtigen Institutionen wie dem amerikanischen „Zentrum für die Verhinderung von Krankheiten“ (CDC) und von Verantwortlichen für die Pandemie-Politik wie Antony Fauci, die Problematik zu hoher CT-Werte thematisiert. Die amerikanische Gesundheits-Behörde CDC veröffentlichte im September 2020 folgende Graphik, basierend auf empirischen Untersuchungen von englischen Daten in einer Eurosurveillance-Studie. Die Graphik zeigt an, welcher Anteil von positiv getesteten Personen bei welchem CT auch bei der Analyse von Zell-Kulturen bestätigt werden kann.

Die durch eine Untersuchung von Zellkulturen bestätigte Positivitätsrate liegt bei einem sehr niedrigen CT-Wert von unter 20 bei fast 100 Prozent. Bei einem CT-Wert von 30 ist dies nur noch rund 40 Prozent, bei 40 knapp noch 3 bis 5 Prozent. Um etwas Kontext zu geben: Die Differenz zwischen CT-Werten von 30 und 40 ist das Tausendfache, nämlich 2 hoch 30 gegenüber 2 hoch 40. Der CT-Wert enthält also sehr viel Information, wie stark die Viruslast der getesteten Person ausfällt. Bei hohen CT-Werten muss eine winzige Menge enorm amplifiziert werden.

Der beim PCR-Test zur Anwendung gelangende CT-Wert ist also mitentscheidend, ob eine Person als positiv oder negativ getestet wird. Anders ausgedrückt: Ein erheblicher Teil der in der Praxis als positiv gemessenen Fälle hatte wohl gar keine akute SARS-COV2-Viruslast, wenn sehr hohe CT-Werte zum Einsatz kamen. Ein PCR-Test kann bei sehr hohem CT-Wert nicht zwischen lebenden und abgestorbenen Viren unterscheiden, so dass auch eine andere oder frühere Infektion auf einmal als SARS-COV2-Indiz herhalten wird.

In der Praxis dürften die zur Anwendung gelangenden CT-Werte einerseits in spezifischen Ländern deutlich zu hoch gewesen sein, und darüber hinaus andrerseits noch eine erhebliche Dispersion aufgewiesen haben, letzteres zwischen Ländern, aber auch zwischen Labor-Unternehmen und innerhalb der Länder. Es gibt leider keine genauen Zahlen und nur Indikationen. In vielen Ländern spezifizierten die verantwortlichen Behörden offenbar die für die Analyse empfohlenen CT-Werte nicht, sondern überließen dies den Labors.

Eine am Universitätsspital Genf erstellte vergleichende Übersicht über die von internationalen Anbietern angebotenen Tests vom Juli 2020 zeigt ein weites Spektrum der durchschnittlichen zur Anwendung gelangenden CT-Werte zwischen 30 und 40, mit einem klaren Übergewicht von 35 bis 40. Wohlgemerkt, dies für die Durchschnittswerte. Auch der maximal zulässige Wert aller Anbieter ist spezifiziert, er liegt zwischen 38 und 42. Einzelne Anbieter empfahlen überhaupt keine Begrenzung nach oben.

Interessanterweise liegt der Durchschnittswert der realisierten Proben mit Abstand am niedrigsten bei einem chinesischen Unternehmen aus Shanghai, nämlich bei 30 bis 32. Umgekehrt liegt der Wert am höchsten, bei fast 40, bei einem großen amerikanischen Labor-Unternehmen, dessen Aktien im S&P500 enthalten sind. Ähnliche Vergleiche oder Übersichten habe ich für spätere Zeitpunkte nicht gefunden. Für Industrie-Insider wäre dies wohl kein Problem, genauere Angaben machen zu können. Es gibt lediglich aber einige Indizien, dass in Europa in der zweiten Jahreshälfte die Werte deutlich abgesenkt wurden. In den USA blieben die CT-Werte auch in der zweiten Jahreshälfte zu hoch.

Die CT-Werte der Fallzahlen werden in den allermeisten Ländern von den Gesundheitsbehörden nicht ausgewiesen. Als Ausnahme habe ich folgende Graphik gefunden, die das Vereinigte Königreich betrifft. Sie zeigt an, dass die durchschnittlichen CT-Werte vom September an immer deutlich unter 30 lagen, und nur wenige über 30 berücksichtigt wurden (10-Prozent Perzentil).

In Deutschland hat das RKI meines Wissens die CT-Werte der offiziellen Fallzahlen nicht veröffentlicht. Das RKI erachtet aber die Qualität der Daten der positiv getesteten Personen als sehr hoch, spricht von 98 Prozent korrekten Daten. Gut wäre es, diese Einschätzung durch eine Publikation ähnlich wie im Vereinigten Königreich untermauern zu können.

In den Vereinigten Staaten lagen die CT-Wert in der zweiten Jahreshälfte immer noch weit über 30. Ein Artikel in der New York-Times von Ende August zeigt die Daten einer Yale-Studie mit schockierend hohen CT-Werten. So würden in den USA die meisten Tests bis zu 40 Zyklen laufen. In Massachusetts wären 85 bis 90 Prozent der Fälle, die bei einem CT von 40 als positiv getestet wurden, bei einem CT von 30 negativ. Die wichtigen Institutionen wie das CDC, empfahlen darauf standardisierte CT-Werte cut-offs bei 33 (CDC) respektive 35 (Fauci).

Je höher der im Durchschnitt zur Anwendung gelangende CT-Wert über die Werte von 30 hinaus bis in den Januar 2021 war, desto stärker der Rückgang auf die neue Zielgröße. Ergo desto stärker der Effekt auf die offiziell registrierten Fallzahlen.

Doch nicht nur die Messmethodik, auch die Testintensität und die dahinter liegende nationale Testpolitik sind wichtig für die Effekte auf die offiziellen Fallzahlen.

In den meisten europäischen Ländern wurde bis vor kurzem nur beziehungsweise fast nur getestet, wenn akute typische Symptome von COVID-19 wie Geschmacksverlust, Fieber, Husten und dergleichen mehr vorlagen. Diese Praxis hat den Vorteil, dass der Ausweis überhöhter positiver Zahlen aufgrund zu hoher CT-Werte vermutlich deutlich reduziert ist. Umgekehrt erlaubt sie keine Erfassung der noch nicht symptomatischen, aber infizierten Personen. Zudem mussten Tests von Personen ohne Symptome in nicht wenigen europäischen Ländern selbst bezahlt werden, teilweise zu abenteuerlich überhöhten Preisen. Dies schreckte natürlich Personen mit kleineren oder mittleren Einkommen ab.

Umgekehrt gibt es Länder, die ab einem frühen Zeitpunkt aufs Geratewohl hinaus testeten oder testen ließen, das heißt speziell auch Personen ohne Symptome. Dabei übernahm die Regierung die Kosten der Tests vollumfänglich oder großenteils. Das ist der Fall für die Vereinigten Staaten und in Europa für Portugal (seit Mai 2020), Frankreich (seit August 2020) und Österreich (seit November 2020).

Eine wichtige Rolle spielt in diesem Zusammenhang auch die Kontakt-Nachverfolgung. Israel und das Vereinigte Königreich hatten diesbezüglich eine weitreichende Politik, die ebenfalls zu sehr hohen Testzahlen führte, in Israel effektiv den dritthöchsten Wert der Welt, bezogen auf die Wohnbevölkerung. In Israel wurden auf einen registrierten Fall sehr viele mögliche Kontaktpersonen getestet.

Die Kombination eines viel zu hohen CT-Werts bei PCR-Tests und einer hohen Testintensität, auch an Personen ohne Symptome, im Ausgangspunkt bis Mitte Januar 2021, kann deshalb für einen überdurchschnittlich scharfen Rückgang der als positiv ausgewiesenen Fallzahlen der betreffenden Länder seither sorgen.

Durch den reduzierten, zur Anwendung gelangenden CT-Wert allein werden automatisch sehr viele bisher als positiv ausgewiesene Personen nunmehr als negativ gewertet. Diese Modifikation des CT-Werts kann je nach Ausgangspunkt ohne Weiteres 30 bis 80 Prozent der offiziell ausgewiesenen Fallzahlen ausmachen. Das sind nicht willkürliche Schätzungen ohne empirische Basis, sie entsprechen dem, was verschiedene Untersuchungen ergeben haben. Bei durchschnittlich gemessenen CT-Werten aus Testproben von über 35 und bis zu 40 ist dies durchaus plausibel. Die Anpassung an die veränderten Richtlinien der WHO erfolgte nicht schlagartig, an einem einzigen Tag. Die nationalen Behörden und die Labore und Testeinrichtungen vollzogen sie im Aggregat über die Zeit hinweg verteilt. Wo besonders viele asymptomatische Personen getestet wurden, dürfte der Rückgang überdurchschnittlich ausgefallen sein. Deshalb und keinesfalls nur impfbedingt dürften die offiziell registrierten Fallzahlen in den USA so massiv gefallen sein. Durch die Absenkung des CT-Wertes erfolgt gleichzeitig ein Rückgang der Positivitäts-Rate. Sie repräsentiert primär eine Messveränderung, aber nicht unbedingt einen effektiven Rückgang der Neu-Infektionen, zumindest nie und nimmer im ausgewiesenen Umfang.

Nicht nur die registrierten Fallzahlen, auch die Zahl der Hospitalisierungen und vor allem die Klassifizierung der Todesfälle dürften indirekt und zumindest teilweise betroffen sein. Denn bei hohen CT-Werten war der PCR-Test gar nicht in der Lage, zwischen lebendigen und abgestorbenen Virus-Material zu differenzieren. Auch war offenbar die Zuordnung zu SARS-COV19-Viren nicht mehr gegeben, es könnte sich auch um andere Viren, etwa den saisonalen Grippe-Virus gehandelt haben. Hinzu kommen unterschiedliche nationale Praktiken. Sie haben teilweise auch mit der monetären Incentivierung zu tun. In den USA erhielten Spitäler viel höhere Entschädigungen, um ein Mehrfaches höher, wenn die Patienten als an COVID-19 gestorben registriert wurden, denn an anderen Befunden.

Summa summarum: Zu hohe CT-Werte jenseits von 30, 35 und erst recht 40 haben das quantitative Ausmaß der Pandemie zunächst überhöht, dies auch in der zweiten Jahreshälfte 2020, besonders in einigen Ländern. Die in den Medien veröffentlichten Kurven der Fallzahlen sind wenig aussagekräftig, wenn nicht parallel dazu eine Kurve der durchschnittlichen CT-Werte wie für das Vereinigten Königreich gezeigt werden kann. Die beiden Wellen im Frühling 2020 und wieder im Spätherbst und Winter 2020 sind aber nicht Fiktion, sondern durch viele zusätzliche Beobachtungen erhärtete Realität. Die am 21. Januar 2021 von der WHO erlassenen neuen Bestimmungen zur Verwendung des PCR-Tests haben eine Schwachstelle beseitigt und die in der Statistik registrierten Fallzahlen manchenorts deutlich abgesenkt, besonders dort, wo zuvor viel zu hohe CT-Werte zur Anwendung gelangten, und wo die Testintensität sowie die Praxis mit vielen Tests von asymptomatischen Personen besonders hohe falsche Fallzahlen gezeitigt hatten.

Effektiv ist die Zahl der Infizierten natürlich um ein Vielfaches höher, weil sehr viele Personen zusätzlich infiziert wurden, aber überhaupt keine Symptome aufweisen. Das ist ein Mehrfaches, ein Vielfaches der offiziell registrierten Personenzahl. Aber diese Zahl liegt natürlich im Dunkeln. Zur guten natürlichen Immunität dieser Personen gesellt sich eine verbesserte Abwehr, weil diese Personen Antikörper gebildet haben.

In Bezug auf die Pandemie ist festzustellen, dass die zweite Welle vielleicht gar nicht so stark zurückgegangen ist wie bisher interpretiert, mindestens in einigen wichtigen Ländern nicht. Sicher ist, dass eine Konsistenz der Zeitreihe der Fallzahlen in manchen Ländern nicht gegeben ist, sondern dass es einen Strukturbruch gegeben hat.

Diese Feststellungen haben auch eine eminent politische Dimension, weshalb sie wohl weder von der WHO noch von nationalen Gesundheitsbehörden an die große Glocke gehängt worden sind. Denn sie weisen darauf hin, dass manche der Maßnahmen und Einschränkungen, die sich auf falsch beziehungsweise weit überhöht ausgewiesene positive Fallzahlen abstützten, wohl nicht notwendig gewesen sind oder sogar kontraproduktiv gewesen sein könnten.

Die nicht klammheimliche, aber doch auffällig unauffällig vollzogene Kehrtwende der WHO ist keine technische Kleinigkeit. Sie zeigt vielmehr an, dass die wissenschaftliche und vor allem auch die wirtschaftspolitische Diskussion unbedingt verbreitert werden muss und nicht Sache der WHO oder einiger Fach-Koryphäen allein sein kann. Denn es waren nicht diejenigen, welche den Standard als erste entwickelt und vor allem (als WHO) weltweit durchgesetzt und etabliert hatten, die zuerst zur Abkehr und Neudefinition aufriefen, sondern in der öffentlichen Diskussion häufig als Abweichler, Corona-Skeptiker oder sogar als Verschwörungstheoretiker abqualifizierte einzelne Fachspezialisten.

Einige wichtige Konsequenzen sollen hier noch aufgeführt werden:

  • Dass bei einem neuen Instrument oder einer neuen Messtechnik - gerade in einer globalen Panik - anfänglich wissenschaftliche Fehler gemacht werden, erscheint nicht ungewöhnlich. Der Zeitdruck und die generelle Unsicherheit bei fundamentalen wissenschaftlichen Neuerungen unterscheiden sich vom beschaulichen, weniger zeitrestringierten wissenschaftlichen Alltag. Generell vollzieht sich wissenschaftlicher Fortschritt so, dass zunächst ein Modell oder ein Test entwickelt werden, die anfänglich Fehler und Schwächen enthalten und die korrigiert werden. Gut wäre es gewesen, wenn die Promotoren des PCR-Tests frühzeitig die Mängel in einer weiteren Publikation deutlich gemacht und Anpassungen vorgeschlagen hätten.
  • Die WHO spielt gerade in einer globalen Pandemie eine Schlüsselrolle. Ihre Empfehlungen und Vorschriften werden von Regierungen, teils mangels eigener Expertise, übernommen. Sie spielt also eine Schlüsselrolle beim teilweisen Versagen des wichtigsten Instruments, des PCR-Tests, im Jahr 2020. Der Fehler geschah nicht am Anfang, als die WHO den Test deutscher Virologen unverändert übernahm. Solche Fehler oder eine solche Praxis sind in einer Panik anfänglich möglich. Der Fehler war, dass die Spezialisten der WHO nicht viel früher und entschiedener, ganz sicher nach Ende der ersten Welle im Frühjahr, als die wissenschaftliche Evidenz klar war, eine unmissverständlich kommunizierte Korrektur vorlegten.
  • Präsident Trump kündigte Ende Mai 2020 den Rückzug der Vereinigten Staaten aus der WHO an, explizit wegen schweren Differenzen über die Pandemie-Politik. Vollzogen worden wäre der Austritt erst etwas mehr als ein Jahr später. Bei der zeitlichen Verzögerung wäre es aber vor allem um die Sicherung der Beitragszahlungen gegangen. Inhaltlich hätte der Präsident respektive seine Administration von diesem Zeitpunkt an freie Hand für eine eigenständige, von den Vorschriften respektive den Empfehlungen der WHO unabhängige oder abweichende Politik bezüglich Testens und explizit der Festlegung des CT-Wertes zu implementieren. Der damalige Präsident Trump hat immer wieder das Phänomen COVID-19 öffentlich angezweifelt, verneint, und für allerlei Verwirrung in der Öffentlichkeit gesorgt. Aber er hat den wichtigsten ihm zur Verfügung stehenden Hebel, die effektiv falschen positiven Tests zu korrigieren, nämlich die Festlegung des maximal zulässigen CT-Wertes, nicht oder nicht richtig eingesetzt. Dies obschon die Schlüssel-Mitarbeiter und zuständigen Institutionen schon sehr früh öffentlich die Problematik des CT-Wertes deutlich hervorgehoben hatten.
  • Wie wichtig korrekte Daten sind, lässt sich davon herleiten: Viele Gouverneure in demokratisch regierten US-Bundesstaaten haben langanhaltende Lockdowns oder sogar Shutdowns verhängt. Dies geschah, weil effektiv massive Wellen von COVID-19 Erkrankungen in ihren Bundesstaaten erfolgt waren. Doch das Ausmaß und die Zeitpunkte ihrer Maßnahmen waren teilweise suboptimal oder sogar zerstörerisch, weil sie sich zu sehr auf die offiziellen, weit überhöhten Fallzahlen verließen. Indirekt zahlen diese Bundesstaaten einen hohen Preis für das Versagen auch in diesem Punkt des damaligen Präsidenten Trump respektive seiner Administration. Nicht verschwiegen werden soll aber die Tatsache, dass gerade in Teilen dieser Bundesstaaten Kardinalfehler begangen wurden, nämlich dass Erkrankte mangels Kapazitäten in Spitälern ausgerechnet in Pflege- und Altersheime platziert wurden, wo sie dann wie Brandbeschleuniger wirkten.
  • Auch das Kontakt-Tracing war durch den Mangel der CT-Werte behindert. Viel zu viele Personen, die gar nicht ansteckend waren, wurden als Risiko für Dritte erachtet, und diese Dritten wurden mit Quarantänen und Reiseverboten belegt. Umgekehrt wurden eben die wirklich gefährlichen Personen zu wenig genau verfolgt, weil die schiere Menge der Fallzahlen vor allem in den beiden ersten Wellen für eine sofortige Überlastung der Kapazitäten im Kontakt-Tracing sorgte.
  • Generell ist, basierend auf einer zu wenig aussagekräftigen Statistik der Fallzahlen, viel zu wenig zwischen dem Risiko für Risikogruppen (Personen in Pflege- und Altersheimen, mit zum Teil verschiedenen Vorerkrankungen, Jüngere mit Vorerkrankungen, Übergewicht bzw. Fettleibigkeit) unterschieden worden. Für die große Mehrzahl der Bevölkerung war das Risiko sehr klein, außer dort, wo eben die Menschen mangels Fehlernährung und anderen sozialen Faktoren übergewichtig sind und eine geringe natürliche Immunabwehr haben.

Die Anwendung zu hoher CT-Werte in der Messung durch den PCR-Test hat umgekehrt zu teils abenteuerlichen Interpretationen Anlass gegeben. So etwa, Covid-19 existiere gar nicht, sondern sei schon von der Messmethodik her eine Fiktion. Effektiv seien 95 bis 97 Prozent der Fälle gar nicht positiv. Das vernachlässigt zunächst, dass in vielen Ländern nur oder primär getestet wurde, wenn klassische Symptome der Krankheit vorliegen. Dann unterschätzt diese Schlussfolgerung den Fakt, dass PCR-Tests auch falsche negative Resultate zeitigen können, vor allem in Phasen konzentriert hoher Erkrankungen. Klar ist aus Gewebsanalysen und aus Untersuchungen mit Hilfe der Computer-Tomographie, dass viele Covid-19 Erkrankte effektive, für COVID-19 charakteristische und teils schwere Schäden an Lungen und anderen Organen davontragen, und dass die Spitäler und Intensivstationen zweimal - bei erheblichen länderspezifischen und regionalen Differenzen - nahe an den Anschlag und an den Zusammenbruch des Gesundheitswesens gekommen sind.

Lesen Sie morgen:

  • Was es mit den drei neuen Mutations-Varianten auf sich hat
  • Was die Ursachen der Mutationen sind
  • Warum die neue Welle die bisher gefährlichste ist


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