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Solarpaket I: Rechtsanwalt kommentiert Änderungen für Immobilieneigentümer

Seit dem 16. Mai 2024 ist mit dem Solarpaket I eine wegweisende Änderung für Haus- und Wohnungseigentümer in Kraft getreten. Diese Reform bringt eine Vielzahl neuer Regelungen mit sich. Von der Befreiung kleiner Balkonkraftwerke von der Netzbetreiber-Anmeldung bis zur Erleichterung für Vermieter und Wohnungseigentümergemeinschaften durch das Modell der „Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung“ – die Neuerungen versprechen eine beschleunigte Entwicklung hin zu mehr erneuerbaren Energien bis 2030. Rechtsanwalt Dr. Michael Krieg kommentiert für DWN die Auswirkungen dieser Neuerungen.
01.07.2024 18:20
Aktualisiert: 25.06.2030 13:40
Lesezeit: 5 min
Solarpaket I: Rechtsanwalt kommentiert Änderungen für Immobilieneigentümer
Das Solarpaket I verändert die Regelungen zur Installation und zum Betrieb von Solaranlagen für Eigentümer von Häusern und Wohnungen. (Foto: istockphoto/ peterschreiber.media). Foto: peterschreiber.media

Das Solarpaket I, das seit dem 16.05.2024 in Kraft ist, verändert die Regelungen zur Installation und zum Betrieb von Solaranlagen für Eigentümer von Häusern und Wohnungen. Rechtsanwalt Dr. Michael Krieg kommentiert für Deutsche Wirtschaftsnachrichten die Änderungen in diesem Bereich.

Solarpaket I: Was genau geändert wurde

Ein wichtiger Punkt ist, dass Balkonkraftwerke bis 800 Watt jetzt nicht mehr beim Netzbetreiber angemeldet werden müssen. Es reicht aus, sie im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur zu registrieren (§ 8 Abs. 5a EEG).

Steckersolargeräte mit bis zu 2 Kilowatt Leistung und einer Wechselrichterleistung von bis zu 800 Voltampere benötigen vorübergehend keinen bestimmten Zählertyp (§ 9 EEG).

Für Vermieter und Wohnungseigentümergemeinschaften (WEGs) gibt es ebenfalls Verbesserungen. Mit dem Modell der „Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung“ wird die Nutzung von erzeugtem Strom vereinfacht. Der Strom kann direkt vom Letztverbraucher, also auch vom Mieter, genutzt werden (§ 42b Abs. 1 E-EnWG).

Öffentliche Grundstücke müssen die Installation und Wartung von elektrischen Leitungen und Anlagen für erneuerbare Energien dulden (§ 11a EEG).

Das Ziel dieser Änderungen ist es, die installierte Leistung von Solaranlagen bis 2030 auf 215 Gigawatt zu erhöhen. Dies soll nicht nur den Ausbau von Solaranlagen auf Gebäuden und Lärmschutzwänden fördern, sondern auch Freiflächenanlagen und Solaranlagen auf anderen baulichen Anlagen unterstützen.

Mängel bei der Errichtung von Solaranlagen

Ganz gleich, ob kleinere oder größere Solaranlagen errichtet werden. Zentral ist immer die Frage, was passiert, falls dies mangelhaft geschieht. Typische Mängel sind:

  • Beschädigte Ziegel
  • Löcher im Dach
  • Risse in den Solarmodulen

Oftmals sind solche Mängel auch nicht direkt erkennbar und stellen sich später vielmehr als Mangelfolgeschaden dar. Aber auch Wartungs- und Planungs- oder Installationsfehler können auftreten.

Nach dem Urteil vom 21.07.2016 des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht stellen bspw. Schneckenspuren und Mikrorisse keinen Mangel dar, wenn nur der Verdacht oder die Gefahr der Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit der Solaranlage besteht. Vielmehr muss der Mikroriss leistungsmindernd sein, dies hängt davon ab, an welcher Stelle der Zelle sich der Riss befindet (11 U 91/15).

Verjährungsfrist und die Frage, ob eine Photovoltaikanlage ein Bauwerk ist

In diesem Zusammenhang stellt sich gerade die Frage der Verjährungsfrist und mithin die umstrittene Frage, ob es sich bei der angebrachten Photovoltaikanlage um ein Bauwerk handelt.

Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 09.10.2013 verjähren Mängel bei Komponenten einer Photovoltaikanlage auf dem Dach nach § 438 Nr.3 BGB in zwei Jahren. Der Grund ist, dass eine Aufdach-Photovoltaikanlage kein Bauwerk ist (Az.: VIII ZR 318/12).

Auch das Urteil des Landgerichts (LG) Bayreuth vom 05.05.2017 bestätigt, dass eine auf einem bestehenden Dach montierte Photovoltaikanlage kein Bauwerk ist. Daher gilt auch hier eine Verjährungsfrist von zwei Jahren gemäß § 634 a Abs.1 Nr.1 BGB, wenn die Photovoltaikanlage geliefert und montiert wird (Az.: 23 O 500/16).

Die Verjährungsfrist beginnt bei einem Werkvertrag mit der Abnahme. Deshalb ist es wichtig, das Werk bei erkennbaren Mängeln nicht abzunehmen oder nur unter dessen Vorbehalt und den Hersteller direkt zur Nacherfüllung aufzufordern.

Probleme mit Nachbarn und der Gemeinde

Probleme können aber nicht nur im Verhältnis zu ihrem Installateur, Hersteller oder Verkäufer auftreten, sondern auch zu ihrem Nachbar und der Gemeinde. Ihre Nachbarn können gegebenenfalls aufgrund von nicht nur geringfügigen Blendungen durch ihre Photovoltaikanlage Ansprüche gemäß § 906 BGB und 1004 BGB geltend machen.

Ob solche Ansprüche durchsetzbar sind, hängt von vielerlei Kriterien ab, wie:

  • Bestand eine Duldungspflicht?
  • Handelt es sich um eine unwesentliche Beeinträchtigung?
  • Ist die Beeinträchtigung ortsüblich?
  • Sind die Kosten der baulichen Maßnahmen vertretbar? (vgl. OLG Karlsruhe, Urt.v.13.12.2013-9 U 184/11)

Das OLG Karlsruhe konkretisierte vor allem die Frage der ortsüblichen Benutzung und stellte fest, dass es vielmehr darum geht, dass die Beeinträchtigung an sich ortsüblich ist und nicht, ob der Bau von Photovoltaikanlagen ortsüblich ist (Urt.v.13.12.2013-9 U 184/11). Laut dem Urteil des OLG Stuttgart vom 30.04.2013 war der Einbau von neuen Anti-Reflektion-Modulen aufgrund einer verhältnismäßig geringen Beeinträchtigung und den aber damit verbundenen hohen Kosten nicht zumutbar im Sinne von § 906 Abs.2 BGB.

Denkmalgeschützte Gebäude und bauliche Änderungen

Im Hinblick auf denkmalgeschützte Gebäude bedürfen Sie oftmals einer vorherigen Genehmigung für die Anbringung ihrer Solaranlage. Auch die Änderung einer Dachform, damit Sie Solaranlagen anbringen können, ist nicht zweifelsfrei möglich. Vor dem Hintergrund der Erhaltung und Sicherung des Gemeindegebiets bedarf es Gründe des allgemeinen Wohls. Nach dem Urteil vom 11.05.2009 des Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg erfordern die Gründe des allgemeinen Wohls grundsätzlich nicht ein Walmdach zuzulassen, um Solarzellen anzubringen und deren Wirkungsgrad zu optimieren (3 S 1953/07).

Garantie und Verjährung bei Solaranlagen

Aufgrund der kurzen Verjährungsfrist sind Garantien besonders wichtig und im Bereich vom Verkauf von Solaranlagen sogar üblich. In der Regel bieten Hersteller Garantien von 2 oder 5 Jahren, aber auch längere Garantien bis zu 20 Jahren sind möglich. Dennoch ist zu beachten, dass lange Garantien nicht gleich alle Mängel abdecken. Vielmehr wird oftmals zwischen Materialfehlern und der Batteriekapazität sowie den einzelnen Modulen, der Unterkonstruktion und dem Wechselrichter unterschieden.

Vertragsverhandlungen und Garantieübertragung

Dr. Michael Krieg ratet Ihnen deshalb, den Vertrag so zu verhandeln, dass die Garantie auf die Geräte als auch die Installation übertragen wird. Zu beachten ist also vor allem das Kleingedruckte. Um sich abzusichern und Klauseln auf ihre Zulässigkeit zu prüfen, können Sie sich an einen spezialisierten Anwalt für Solaranlagen wenden.

Auch eine Zusatzversicherung über Ihre Wohngebäude- oder Elementarschadenversicherung ist in diesem Zusammenhang von Vorteil.

Spezialisierte Rechtsanwälte beraten zu Vertragsfragen und dem Erneuerbaren-Energie-Gesetz (EEG) für PV-Anlagenbetreiber.

Änderungen bei der Einspeisevergütung und neuen Förderungen für Photovoltaikanlagen ab 2024

Seit dem 1.Februar 2024 sinkt die Einspeisevergütung nur noch halbjährlich um 1 Prozent und nicht mehr monatlich. Das bedeutet, dass sie für Anlagen bis 10 kW im Zeitraum vom 01.02.2024 bis 31.Juli 2024 bei 8,11 ct/kWh für Teileinspeisungen liegt. Die nächste Absenkung erfolgt am 01.08.2024.

EEG-Förderungen umfassen Einspeisevergütungen, Marktprämien und Mietstromzuschläge. Betreiber, die diese Mittel in Anspruch nehmen, müssen sich bei der Bundesnetzagentur melden, wie im Urteil vom 05.07.2017 (Az. VIII ZR 147/16) festgelegt. Die Bundesnetzagentur hat dabei keine Aufklärungspflicht.

Das EEG fördert nun auch spezielle Anlagen wie Agri-Photovoltaikanlagen, Parkplatz-Photovoltaikanlagen und Moorphotovoltaikanlagen. Diese sind in § 37 Abs. 1 Nr. 3 EEG aufgeführt. Kleine Freiflächenanlagen, wie Garten-Photovoltaikanlagen, sind im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) regelmäßig genehmigungsfrei, sofern sie bestimmte Maße nicht überschreiten.

Im Außenbereich sind Solaranlagen gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 8 oder 9 BauGB zulässig, wenn sie der Nutzung solarer Strahlungsenergie dienen, z.B. auf Dächern und Außenwänden von Gebäuden oder entlang von Autobahnen und Schienenwegen. Besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 EEG sind ebenfalls zulässig, wenn sie in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit bestimmten Betrieben stehen, eine Grundfläche von 25.000 Quadratmetern nicht überschreiten und je Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben wird. Alle anderen Solaranlagen im Außenbereich sind in der Regel unzulässig.

Die Meldepflicht besteht auch weiterhin mit der Einführung des Solarpaket I. Allerdings sind Sie bei Inbetriebnahme von Steckersolargeräte bzw. Balkonsolaranlagen nur noch zur Anmeldung im Marktstammdatenregister bei der Bundesnetzagentur verpflichtet, der separate Anmeldung beim Netzbetreiber ist nur noch für die normale Photovoltaik-Anlage auf dem Dach erforderlich.

Informieren Sie sich bei einem spezialisierten Anwalt über mögliche Konsequenzen und Verpflichtungen, um solche Sanktionen zu vermeiden.

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