Die unsichtbare Kontrolle: Elektronische Tattoos lesen das Gehirn
Körper und Geist rücken in den Fokus der Hightech-Konzerne. Von Gedankensteuerung bis Gesundheitsüberwachung – drei aktuelle Entwicklungen zeigen, wie weit die Technik bereits vorgedrungen ist.
Ein elektronisches Tattoo, entwickelt von Forschern der University of Texas um Nanshu Lu, könnte die Überwachung menschlicher Gehirnströme alltagstauglich machen. Der ultradünne Sensor wird direkt auf die Haut geklebt und misst in Echtzeit Hirnsignale sowie Augenbewegungen. Einsatzmöglichkeiten reichen von der Stressüberwachung bei Piloten und medizinischem Personal bis zur Diagnose neurologischer Krankheiten oder der Steuerung von Prothesen.
Zukunftsvisionen sehen vor, dass selbst Gebärdensprache durch solche Tattoos in Text übersetzt wird. Gleichzeitig warnen Experten vor einem Überwachungsstaat im Arbeitsumfeld. Die Frage nach Eigentum an den eigenen Gehirndaten bleibt brisant – insbesondere, wenn Sensoren am Arbeitsplatz zur Normalität werden.
USA schaffen Tierversuche in der Medikamentenentwicklung ab
Die US-Arzneimittelbehörde FDA kündigte einen radikalen Kurswechsel an: Tierversuche sollen künftig durch moderne Methoden ersetzt werden. Dazu gehören KI-gestützte Simulationen, Organ-on-a-Chip-Technologien sowie künstlich gezüchtete Mini-Organe, sogenannte Organoide.
Betroffen sind insbesondere innovative Arzneimittel wie monoklonale Antikörper und Eiweißstoffe gegen Krebs oder Autoimmunerkrankungen. Unternehmen können bereits jetzt Humanstudien beantragen, ohne vorher Tierversuche vorweisen zu müssen – ein entscheidender Schritt, um neue Therapien schneller und kosteneffizienter zu entwickeln. FDA-Kommissar Martin Makary spricht von einem „Paradigmenwechsel“, der nicht nur die Entwicklung beschleunigt, sondern auch das Leiden unzähliger Versuchstiere reduziert.
Gehirn-Computer-Schnittstellen: Die Gedanken werden zur Schnittstelle
Das US-Unternehmen Paradromics hat in dieser Woche den ersten Test seines Gehirnimplantats „Connexus“ am Menschen durchgeführt. Im Rahmen eines medizinischen Eingriffs an der University of Michigan wurden 420 Elektroden für zehn Minuten implantiert, um neuronale Signale aus dem Temporallappen in Sprache oder Text umzuwandeln. Ziel sind dauerhafte Implantate für Patienten mit Lähmungen oder neurologischen Erkrankungen. Die ersten klinischen Studien sollen noch dieses Jahr starten.
Auch Elon Musks Unternehmen Neuralink treibt die Entwicklung voran: Nach einer Finanzierungsrunde über 650 Millionen US-Dollar laufen inzwischen klinische Studien in den USA, Kanada und Großbritannien. Neuralink erhielt kürzlich von der FDA den „Breakthrough Device“-Status für Implantate, die Sprache und Sehvermögen wiederherstellen sollen.
Deutschland droht Anschluss zu verlieren
Während US-Konzerne mit Milliarden-Investitionen Gehirn-Interfaces entwickeln und Tierversuche durch KI-Methoden ersetzen, hinkt Europa hinterher. Weder bei Brain-Computer-Interfaces noch bei Bio-Sensoren wie elektronischen Tattoos ist die EU technologisch führend. Deutsche Unternehmen spielen bisher nur eine Nebenrolle, vor allem in der KI-basierten Medikamentenentwicklung.
Ein Rückstand, der gefährlich ist: Denn die Kombination aus KI, Medizintechnik und Neurotechnologie entscheidet zunehmend über wirtschaftliche Macht, Sicherheit und ethische Standards. Ohne eigene Initiativen droht Europa, zum bloßen Zulieferer für US-amerikanische Gesundheitskonzerne zu werden.